ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


Startseite > Bandnavigation > Band: X, Stück: 2 (1793)

[<I>]

ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ

oder

Magazin
zur
Erfahrungsseelenkunde

als ein

Lesebuch
für
Gelehrte und Ungelehrte.

Mit
Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde
herausgegeben
von

Karl Philipp Moritz,
und
Salomon Maimon.

Zehnten Bandes zweites Stück.

Berlin
bei August Mylius 1793.

[<II>]

<Verlagsankündigungen.>

Neue Verlagsbücher der August Myliusischen Buchhandlung in Berlin.
Ostermesse 1793.

Bahrdts (D. C. F.) Ausführung des Plans und Zwecks Jesu, 12. und letztes Bändchen. 8. 12 Gr.

— — — — 5tes und 6tes, 2te Auflage. 8. 1 Rthlr.

Blühdorn, (J. E.) Beantwortung der Frage, ob es nöthig sei, auf Schulen die hebräische Sprache zu lehren, und warum sie hier so selten ihr Glück mache. Gr. 8. 4 Gr.

Bote, (F. H.) Probe einer Verdeutschung von Popens Versuch über den Menschen. Nebst einer Uebersetzung der Kriegslieder des Tyrtäus. Gr. 8. 4 Gr.

Hermbstädts, (S. F.) Bibliothek der neuesten physic. Chem. Litteratur. 4ten Bandes 2tes Stück. Gr. 8. 10 Gr.

Montague, (Mylady W.) Lettres écrites pendant les voyages en Europe, Asie & Afrique. 3me Edition corrigée & augmentée des Lettres de la 4me Partie de l’Original, par Villaume 8. 20 Gr.

Moritz (C. Ph.) Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik. 2te verbesserte Auflage. 8. 16 Gr.

Sammlung der besten und neuesten Reisebeschreibungen in einem ausführlichen Auszuge. 33ster Theil. Gr. 8. 1 Rthlr. 8 Gr.

[1]

Magazin zur Erfahrungsseelenkunde.
Zehnten Bandes zweites Stück.

<Revision.>

Fortsetzung der Revision der Erfahrungsseelenkunde.

von Salomon Maimon.

Maimon, Salomon

Der Verfasser bemüht sich zwar (99) zu zeigen, daß sich hier dieses es nicht auf den folgenden Satz, sondern auf eine unbekannte Ursache bezieht, indem er sagt: »dieser Gedanke (daß mein Freund wieder hergestellt wird) bringt die Empfindung der Freude nicht hervor, und ist nicht sowohl die Ursache, als vielmehr nur der Stoff zu derselben. Denn, fährt er fort, der Gedanke an irgend eine Sache, die mit unsern Wünschen übereinstimmt, und unsre Empfindung der Freude sind eins u.s.w.« a

Freilich müßte es so seyn, wenn der Gedanke an irgend eine Sache, die mit unsern Wünschen übereinstimmt (das Urtheil vom Verhältnisse der [2]Dinge zu einander) auch den Gedanken, daß diese Sache mit unsern Wünschen übereinstimmt (das Urtheil vom Verhältnisse dieses Gedankens zu unsrer Empfindung) einschlösse, alsdann wäre freilich der Gedanke, und die Freude darüber eins. Es verhält sich aber in der That nicht so; in dem Gedanken ist mein Freund das Subjekt, und seine Wiederherstellung das Prädikat. Zum Urtheile daß dieses mit meinen Wünschen übereinstimmt hingegen ist der vorige Gedanke Subjekt, und seine Uebereinstimmung mit meinen Wünschen das Prädikat, das in dem Gedanken nicht enthalten war. Die Harmonie, wovon der Verfasser spricht, ist selbst ein Gedanke, und kann blos als die Ursache der Empfindung der Freude, nicht aber als die Empfindung selbst angesehn werden.

Der Unterschied zwischen ich denke, und mich dünkt glaube ich besteht darin: im ersten Falle bin ich mir die Reihe der Vorstellungen die in mir den Gedanken hervorgebracht haben, bewußt, im letzten aber nicht, in jenem bin ich also völlig thätig, in diesem aber zum Theil leidend.

H. Spaldings sonderbaren Zufall erklärt H. Mendelssohn (Band 3. Stück 46.) sehr scharfsinnig. Was mich anbetrift, so glaube ich dieses ließe sich auf eine weit einfachre Art folgendermaßen erklären.

[3]

Der Mensch als ein vernünftiges Thier wird in seinen Handlungen durch zweierlei Arten der Naturgesetze bestimmt. Als bloßes Thier würkt er nach den Gesetzen der Ideenassociation der Einbildungskraft; als vernünftiges Thier aber, nach den Gesetzen der Zweckmäßigkeit.

Anfangs scheint es als wenn viererlei Associationsarten zu unterscheiden wären. 1) Die Associationsart der Identität. 2) Der Koexistenz und Succession in Zeit und Raum. 3) Der Dependenz von Ursache und Würkung. Man geräth gemeiniglich von einer Idee auf die ihr ähnliche, oder auf die auf ihr unmittelbar folgende (in Zeit und Raum) oder endlich auf die mit ihr in einer Kausalverbindung stehende, (von der Ursache auf die Würkung, oder umgekehrt) bei genauerer Ueberlegung aber ergiebt es sich, daß es in der That nur einerlei Associationsart giebt, nehmlich die der unmittelbaren Koexistenz und Succession in Zeit und Raum. Daß man von einer Idee auf eine ihr ähnliche geräth, ist nicht die Folge einer durch Wiederholung hervorgebrachten zufälligen Verknüpfung derselben die nur in Beziehung auf das Subjekt, bei dem diese Wiederholung vorgegangen ist, statt finden kann, sondern die Folge einer objektiven folglich allgemeingültigen Verknüpfung derselben. Die Würkung dieser objektiven Verknüpfung der Ideen aufs Subjekt wird an sich durch Wiederholung nicht ver-[4]stärkt. Nur alsdann ist die Wiederholung in der Folge ähnlicher Ideen auf einander nöthig, wenn die Folge weniger ähnlicher in Ansehung der mehr ähnlichen das Obergewicht behalten soll, d.h. die Wiederholung einer Folge von Ideen auf einander, ist nicht, insofern diese Ideen ähnlich sind nöthig, sondern insofern sie es nicht sind. Ferner, die Kausalverknüpfung der Ideen mag noch so sehr in der innern Verknüpfung der Dinge an sich gegründet seyn, so ist doch diese Verknüpfung in Ansehung unsrer Erkenntniß blos zufällig, und kann daher nur durch Wiederholung der Folge der Ideen auf einander ihre Würkung äussern. Mag z.B. die Folge der Idee des Rauches auf der des Feuers noch sehr in dem innern Verhältniß dieser Objekte zu einander gegründet seyn, so ist doch in Ansehung unsrer (da wir das innere Wesen des Feuers und des Rauches nicht kennen) diese Folge blos zufällig, und kann nur durch ihre Wiederholung auf uns eine Würkung haben (daß wir bei Wahrnehmung des Feuers die Wahrnehmung des Rauchs vorhersehn.) Also die Kausalverbindung worinn die Objekte an sich untereinander stehn, hat keinen Einfluß in der Bestimmung ihrer Ideenfolge, sondern diese bleibt, wie die der unmittelbaren Koexistenz und Succession zufällig, und kann nur durch Wiederholung in ihrer Würkung auf uns bestimmt werden.

[5]

Hieraus erhellet, daß wir in der That nur einerlei Associationsart haben, nehmlich die der unmittelbaren Koexistenz und Succession.

Der Mensch als ein vernünftiges Thier wird in seinen freiwilligen Handlungen durch die Vorstellung des Zweckes bestimmt.

Die Folge einer zweckmäßigen Reihe Vorstellungen wird mehrentheils nicht durch die objektive Verknüpfung (die Identität) auch nicht durch die subjektive Verknüpfung der Ideen (durch Wiederholung) bestimmt; ja sie ist sogar mehrentheils diesen entgegengesetzt.

Die Bestimmung einer zweckmäßigen Folge der Ideen erfordert daher in den mehresten Fällen, wo jene zwei Arten ihr entgegengesetzt sind, die größte Geistesanstrengung. Man muß alle mögliche Reihen von Vorstellungen durchgehn, aus denjenigen Reihen, die entweder wegen der objektiven, oder der aus Wiederholung entstandenen subjektiven Verknüpfung der Ideen, gleichsam sich von selbst darbieten, muß man die zum Zwecke untauglichen Glieder weglassen, wiederum andere die vorher nicht da waren, hinein schieben, und die Glieder in eine andre Ordnung als diejenige, worinn sie uns vorkommen, versetzen.

Zwar hat es mit der Verknüpfung der aus der Erfahrung schon bekannten Mittel und Zwecke [6]keine Schwierigkeit, weil in diesem Falle die Associationsart der Succession, der zweckmäßigen Verknüpfung zu Hülfe kömmt. Ist hingegen diese Verknüpfung erst neu herausgebracht, und noch in keiner Erfahrung vorgekommen, so erfordert es erstlich eine große Anstrengung um sie zu erfinden, und dann eine noch größere um sie in Ausübung zu bringen. Alle menschliche Handlungen sind mehr oder weniger vernunftmäßig, nachdem sie eine größere oder geringere Freiheit in den Ideenverknüpfungen voraussetzen, sogar fehlerhafte, dem vorgesetzten Zweck nicht angemessene freiwillige Handlungen sind vernunftmäßiger als dem Zweck angemessene mechanische (aus Gewohnheit entsprungene) Handlungen. Gesetzt jemand stellt sich etwas als ein Gut vor, welches in der That nicht gut ist. Nun bringt er durch eine Reihe von Schlüssen diejenigen Mittel heraus, die zur Erwegung dieses vorgestellten Guten erforderlich sind. Ein andrer ist frei von diesem Irrthum, und erlangt seinen aus der Erfahrung bekannten Zweck durch die mechanischen ihm aus Gewohnheit zur zweiten Natur gewordenen dazu als Mittel gehörigen Handlungen, da jener seinen Zweck nicht erreicht; und doch wird jeder eingestehn, daß die Handlungen des erstern in der Vernunft gegründet sind, des letztern aber nicht.

Eine noch größere Anstrengung des Geistes erfordert die Hervorbringung mehrerer Ideenreihen, [7]deren jede zwar durch die Vorstellung eines Zweckes bestimmt, dieser Zweck aber in jeder verschieden ist, ohne eine Zeit zwischen diesen Ideenreihen verfließen zu lassen. Jeder vernünftige Mensch ist im Stande eine durch einen Zweck bestimmte Ideenreihe zu verfolgen, und die während der Zeit sich ihm aufdringende mechanische Reihen (der Identität Koexistenz und Succession) von sich abzuwehren. Hingegen sind sehr wenige im Stande verschiedene Geschäfte zugleich zu verrichten.

Erläuterungen:

a: Vgl. MzE I,1,99.


[8]

Dem Leser dieser Aphorismen.

Grohmann, Johann Christian August

Ist Hypothese das Grab der Philosophie — oder ist sie Läuterung, die dem anbrechenden Schimmer der Wahrheit vorhergehet? Was ist in dem ganzen weiten Reiche des Naturforschens mehr, als hypothesenmäßiges Aufstellen und Schliessen, was anders, als auf trügliche Sinne gebaute, von vorübergehenden Sinnenerscheinungen abgezogene Resultatenreihe! — Dogmatismus ist das Ende des Weiterstrebens und Fortschreitens in dem Naturforschen, der gefährliche Markstein, wo die Vernunft unglücklich Halt machet, die Natur sorglos in ihren Geheimnissen ihr Wesen forttreiben und fortarbeiten zu lassen. Die Alten waren, glaub' ich immer, der Entdeckung der Naturgeheimnisse näher, näher der Aufhellung des geheimen Geschäfts der Zeugung, als wir; je mehr durch Hypothesen sie das wahrscheinlichste abwogen, und je mehr wir an dogmatischen Glauben der Zergliederungskunde gewöhnt nichts anders zu glauben und zu finden als was die Sinne sehen, für unphilosophisch und ungründlich halten. Die Erfahrung muß nur bestätigen, und die Vernunft finden: die Erfahrung aber nicht finden, und die Vernunft blos bestätigen.

Wittenberg.

Grohmann.

Aphorismen über Zeugung.

Grohmann, Johann Christian August

Ce n'est qu'un moule, dans le quel Dieu a jetté l'Univers.

Wir blicken nach den äussersten Enden unsers Daseins hin, und sie verschwinden — Jahrhunderte durchsuchen wir, forschen Anatomen, Denker, Beobachter, und nichts finden wir auf dem langen [9]Wege des Suchens, als immer blendenden und bald untergehenden leeren Hypothesenschein. — Räthsel — Leben aus todten in die innerste Lebensorgane hingestellten Massen hervorgehen; Menschen Menschen zeugen, Menschen als Schöpfer in bewußtlose Massen zurücksinken zu sehen — ! — Ist es Schicksal, daß wir aus dem finstern ins finstere gehen — oder ist es Standpunkt, der vor unser Auge den Flor ziehet? —

Die Sinnenwelt lieget da — und wir schreiben aus der irrdischen Hülle das unwandelbare auf die Ausdehnung hin: die Ausdehnung wird Abdruck — in Formen geistigen Empfindens kleidet sich die Materie in harmonische Darstellung der hingebildeten Seele. Die Sinnenwelt ist in der Seele, ehe diese noch mit einem Blick über die ausdehnende Oberfläche hinsehe: denn die Sinnenwelt ist sinnliche Anschauung der ewigen Denkformen, die alle unendlichen Geisterarten ausser Gott hin befassen. Was wollen wir, daß uns Erfahrung von den Gesetzen der Natur lehre — Anatomie von den ewigen stellenden Formen der Zeugung? — Finden Sinne etwas mehr als Werkzeuge, durch welche die Natur arbeitet? — Mag Anatomie, mögen Mikroscope die höchste mögliche Vollendung erreichen — nichts haben wir zu hoffen, als hundert Hypothesen noch zu den hunderten, die da sind — nichts als noch staunendern Anblick der ins unendlich fortge-[10]henden feinern Verarbeitung durch Werkzeuge. Neuton sahe den Fall des Apfels — und das Gesetz der Schwere war da, — oder vielmehr er dachte das Gesetz der Schwere — und die Natur bestätigte. Von allgemeinen Gesetzen müssen wir anfangen, wenn wir die Gesetze lernen wollen, nach denen die Natur in ihrer zeugenden Werkstäte arbeitet. —

Zwei Wege — und die unendlichen Hypothesen kamen zum Vorschein: — die Natur giebt unthätig her, was Jahrhunderte durch in ihrem Schooße geschlummert — oder sie arbeitet mit Schöpferkraft selbst an der vorhergehenden Schöpfungsreihe — wie ein schlafender Embrio lässet sie die träumenden Phantasien, von dem spielenden nächtlichen Glockenschlage, dem Stoß eines kreisenden Atomen geweckt, aus sich herausspinnen — oder mit fliegender Phantasie schaffet und wiederschaffet sie selbst die stolzen Geburten der schönen vergeistigten Formen der organischen Leiber. — Ists Evolution — oder epigenetische Schöpfung? — Alles ist Hervorgehen alter Zeugung in verjüngenden Formen, — Formen die ewig in der Natur da sind, ewig in der Natur dieselben bleiben — bestimmt von der Quantität der Bewegung und der Qualität der Formung, die beide selbst ausser den gegenseitigen und zurückwürkenden Ursachen noch in den alles herausbildenden Formen der Elemente sich bestimmt halten. Die Natur [11]beweget sich fort, wie sie angefangen — formet fort, wie sie angefangen, denn der Grund — die Elemente und das Würken — gehen fort, die Formung folget den Elementen, wie Würkung der Ursache — nichts rohes ungebildetes hat daher die Natur in dem ganzen Umfange ihrer Zeugung — *). 1 Alles lieget schon in dem Zeugungsstoff, sobald er da ist, beschlossen — bestimmt, gebildet: — Das Geschöpf erwartet nur den letzten Punkt der Zeit, daß es in die [12]Reihe der Dinge von den gröbern Sinnen mit größerer organischen Vollendung in sinnlicherer Wahrnehmung auftrete.

Misgestaltet tritt der Mensch in die Sinnenwelt ein, — keine Ordnung reget noch seine Glieder, kein Hauch eines göttlichen Ordens strömet auf seinen Körper: sinnliche Thierheit führet das Zepter, und nur der edlere Theil ist da, um bald hinreifend das Joch des Despoten von sich zu schütteln. Wie hingeworfene Thonmasse, welche die schaffende Hand des Künstlers zu einer Form umbildet, ist der ganze Umriß des Schädels — ohne Wölbung in plattgedruckter geradlinichter Fläche erstreckt sich die Stirn bis zum Scheitel, und der Nacken wieder in der unthätigen Gestalt eines liegenden Eins — weit hinausstehend zugespitzt — bis zur Stirne: der Vordertheil des Gesichts ist unbestimmter Zusammenfluß von Säften und weicher Masse, noch kein Theil auf demselben durch bestimmte Grenzen gemessen: die Sinne, ruhendes Auge ungeöfnet, — das Werkzeug des Geruchs vor den eindringenden Lufttheilchen verschlossen — [13]das Stirn und Nasenbein ohne alle Erhebung kraftlos: der untere Theil des Gesichts von dem obern hervorragend zur einzigen bis jetzt bestimmten Erfüllung des thierischen Daseins — des in sich nehmenden Verdauens und Wachsens.*) 2 Für die Sinnenwelt geboren, gehöret es der Sinnenwelt ihn zu entwickeln: die erste Periode ist vollendet, die zweite angefangen, die das glückliche Band zwischen Seele und Welt anknüpfet. Schon erhebet sich die Tafel des Gesichts zum Wiederstralen der Ausdehnung, — das Haupt, das der Menschheit die Krone aufsetzt, zum Throne zum Himmel — strömend gehet Mannigfaltigkeit aus über den ganzen Körper — das jugendliche Gewächs stehet da — das Gleichgewicht ist erreicht, das Wachsthum vollendet. — Die dritte Periode beginnet. Leben soll er geben, wie er Leben empfangen — Schöpfer werden, um als Schöpfer zu sterben. Glückliches — unglückliches Loos des menschlichen Lebens! — — er suchet und findet nicht, tönet in melancholischen Klagen — der Unglückliche! — er suchet — gefunden! — ach der Selige! — Götterfreuden genießet er im pflanzen der Unsterblichkeit.

Mann und Weib Eine Form — Eins. — Modifikation nur, wie glühendere Empfindung [14]dort — kühleres hier stilleres Wehen: — stärker dort am scharfen Felsen brechender Tonhall — leisere hier im niedern Thale fortgehende Tonstimme. Brennendes Blut im männlichen Körper, mit feurigem Aether gekränkter Nervenstern, gehaltvolle Knochensubstanz: weichere Aether im weiblichen, leichteres Blut hinfliessen, nachgebenderer Knochengehalt: — Ursache und Würkung — härtere dort auch umrissene — weichere hier abfliessendere Körperform. Müssen wir vorgebildete ineinander tausendfältig verschlungene Keime denken — daß die räthselhafte Erscheinung des Geschlechts hervorgehe? — Es ist ja Alles in der Natur Ein Gang! — Der Waldstrom bahnt sich das Bette von strauchichten Erdzungen, der wilden schroffe hin und zurück Windende kleine friedliche Bach den gleichen geraden blumichten Erdschooß: — härterer Stoff und es wird Mann — weicherer Grundstoff und es wird Weib: der erste Partikel bildet den ganzen sich erhebenden Erdhügel. —

Wie von einem Centro gehet die ganze Form aus — wo sich Mann und Weib scheidet. Eine Harmonie ist zwischen dem Körper — Eine gegenseitige Harmonie zwischen dem gegenseitigen Körper der Mannheit und Weibheit. Wäre es nicht Disharmonie, größern Unterschied zwischen diesen zeugenden Theilen zu denken als zwischen der senkrechten mit Protuberanzen sich wölbenden männlichen Kopfform, und dem weichern allmäh-[15]lichen Zurücksinken des weiblichen? — nicht Disharmonie — grössern Unterschied hier finden, als zwischen der wallenden Wellenform des weiblichen Halses und dem kurzen starken widerstehenden Nacken des Mannes? — Auffallender für die Sinne ist er nur — nicht größer: — auffallender, weil die ganze Modifikation des härtern und weichern hier endet, die ganze Modifikation des kühnern und allmählichern Umrisses hier anhebet. Der Mann hat festere Brust, breitere Schultern — von Muskeln und Sehnen erhobene Schenkel, und um seinen ganzen Körper die von sich selbst ausgehende in sich gegründete Form eines Dreiecks: Das Weib hingegen abfliessendere Schultern, weichern sanftern zur Liebe empfänglichern Busen — vollere Fülle des Fleisches: — und beide daher auch mit diesem modifizirenden Charakter harmonisch modifizirte zeugende Organe des Lebens. Von dem Grundstoff des zeugenden Lebens — dem weichern oder härtern, mildern oder feurigern Princip der Schöpfung gehet der Unterschied dieser männlichen und weiblichen Bildung aus — mit dem ersten Hinströmen der Säfte beginnet er sichtbarer — vor ihm in weiter und immer weiterer Entformung verschwindet er gänzlich in zweideutiger Unkenntlichkeit dieser Organe.*) 3 Mit dem grausamen Raube der zeugenden [16]Gefäße im Manne — als Quelle aller bildenden Formung — fliehet daher auch die mit diesen Theilen charakteristische Stimmung des Körpers — fliehet und wendet sich bei der Abwesenheit des feurigen Stoffes zu einer nach dem Raube der mittäglichen Sonne gedeihenden feuchtern Gewächsart.*) 4 [17]Alle Formen waren in dem unendlichen Reiche der Schöpfung befasset — alles sollte sich an einander anschliessen — alles sich von einander entfernen — Polypen- und Elephantenmassen, die weitesten Enden, in einer Kontinuität sich einander vereinigen: — alle Formen der Zeugung waren also zugleich da — wollte die Natur nicht mit ihren Werken Spiel treiben, Elephantengebürge wie Polypen, und Polypen wie Elephanten sich fortpflanzen lassen. Einfache Organisationen umfaßten einfache Mittel, vielfache auch vielfache — Polypen polypenartige Ergießungen — Elephantengebürge auch gebürgsmäßige Zeugungen. Auf der niedrigsten Stufe ergossen sich Ströme von Leben, in jedem momentmäßigen Anreiz — Leben schien hier wie in einer Werkstatt in tausendfältigen Funken unerschöpflich tausendfältig umherzusprühen: in der höhern Stufe wanden Geschöpfe sich, jedes in sich gegenseitig mehreren zum Leben zu helfen: auf noch höhern Stufen standen endlich einzelne — groß an Masse — größer noch in dem kunstreichen der [18]Organe — und sie standen und nur zwei konnten einem in dem einem das geben, was in den niedern das einzige leichteste Geschäft schien. So entstanden Geschlechter — es mußte eine Ordnung in der Natur seyn, eine harmonische Weisheit: der Mensch sollte nicht weniger leben als der hundertarmige Polype — der Mensch nicht weniger empfindungsreiche Momente in der Summe der Jahre zählen als das schwammartige Geschöpf in dem Momente seines Vegitirens — ein Verhältniß sollte seyn in allen Lebensarten zwischen der embrionischen Brütedauer und den deutlichen in der Sinnenwelt empfundenen Lebensmomenten. Der Mensch — weniger groß in seiner Organisation als derselben Gewebe bedurfte mehrere daher bis zu dem Ziel der völligen Vollendung zur Ausdauer ausser den organischen Lebensbehältnissen der Zeugung — das Elephantengebürge größer noch in seiner Organenstruktur bedurfte noch mehrere Jahre bis zu dem Zeitpunkte des erreichten Wachsthums: — wäre kein Geschöpf da gewesen, das gleichsam das innerste in seinem Schooße von seinem Leben zu dem einem mit hinschüttelt — kein Geschlecht da, das durch gegenseitige Vereinigung der embrionischen Keime in kürzerer Zeit in geschwindern Monaten durch seinen Beitrag dem kommenden Geschöpfe Wachsthum und Vollendung gab. War es Ohnmacht — wer wollte es behaupten! — die der Natur die Fesseln anlegte, höhere Organisa-[19]tionen nicht auch einseitig wie die einfachern in einem Geschöpfe sich fortorganisiren zu lassen? — Weisheit war es daß sie nicht wollte, was sie konnte — nicht that: höhere Organisationen und edlere hätten sonst im ganzen Bezug ihrer Entwicklungszeit in Verhältniß der Existenz ausser der Mutter mit der Existenz innerhalb derselben weniger gelebet, als die einfachern, die weniger Brütezeit in ihrem embrionischen Zustande verschlafen. Lasset den Menschen zwei Jahre innerhalb den Zeugungsbehältnissen verweilen, — zwei Jahre, welche analogisch zu schliessen nöthig gewesen wären, um ihm die Vollendung erreichen zu lassen, die er jezt durch den doppelten Beitrag der Geschlechter in halb so langer Zeitdauer erreichet: — ein Jahr wäre an seinem Leben abgegangen — ein Jahrhundert an hundert Menschenaltern - welche Summe von Empfindungen — welche Summe von Jahren weiter gezahlet auf Welt auf Menschengeschlechtsalter! — oder er hätte nach dem allgemeinen Gesetze des Verhältnisses der Zeitdauer innerhalb und ausserhalb der zeugenden Werkstatt, — der embrionischen Entwicklung und dem vollen bewußten Menschenleben, welches die Natur durch alle Geschöpfarten beobachtet, — noch einmal so langes Leben zählen müssen als er jetzt zählet — — und welche Störung dann wieder in dem allgemeinen Plan der Welt, deren kein anderer besserer — denn sonst wäre er da — denkbar und möglich war [20]als dieser. So Einstimmung in eine Ordnung — und Geschöpfe traten hervor auf der Stufe der umfassendern Organe — Geschöpfe, die einartig — doch verschieden, einartige in Rücksicht der zeugenden Organe aber Modifikationen waren. Mystisches Räthsel — glücklicher Zauber der nach immer stäten Genuß hindrängenden Leben! — Labyrinthe brachtest du hervor — Tiefen — undurchdringliche Dunkel in dem Tempel deines Naturforschens — und errichtet warest du, daß kein Geschöpf mit der Natur rechte.

So vereinigen sich also auf der Stufe höherer organischen Wesen zwei Geschöpfe, um ein drittes aus der Mitte ihrer organischen Lebenswärme hervorgehen zu lassen — mit gleichem Beitrag beider an dem Leben, gleichem Beitrag beider an der keimenden bald hervorsprossenden Knospe der Schöpfung. Warum soll der männliche Saame blos befruchten?*) 5 warum bald im weiblichen bald im männlichen Zeugungsstoff der Keim des künftigen Menschen enthalten seyn? — Der Zweck der Trennung der Geschlechter war, — in kürzerer Zeit möchte das Geschöpf organische [21]Vollendung erhalten, in kürzerer Zeit die Summe seiner Empfindungen zu zählen anfangen. Das Weib mußte also gleichen Beitrag wie der Mann und dieser wie jene — beide gleiche Anlagen entgegenbringen — gleiche Grundformen des künftigen Menschen. Warum sollte auch in dem Weibe nicht das nehmliche vorgehen, wie in dem Manne? — beide begründen ja gleiche Ursachen: hier sondern sich Zeugungssäfte ab — dort müssen sich also auch absondern; denn gleiche Körper — gleiche absondernde Elemente: — in diesen lieget nach den Gesetzen des formens das Geschöpf gebildet — warum also nicht auch in jenen? — gleiche würkende Ursachen — gleiche Effekte. — Die Natur spielet nicht mit leerer Mannigfaltigkeit, daß sie ihren Geschöpfen, wie das Kind seinen einherführenden Puppen nur immer andere und andere Gewänder, andere farbichte Flecke mit andern Schnitten umhänge: ihre Mannigfaltigkeit ist Absicht zur endlichen Erreichung höherer vielfacherer Zwecke der Schöpfung. Mann und Weib bringen also zwei Embrione, zwei Anlagen zu Einem entgegen — und es ist kein mordender Gedanke: — der eine gehet unter indem er sich mit dem andern verbindet: es ist nur höhere Spannung beider physischen Leben beider Empfindungsvermögen zu und in einem konzentrischen Punkte.*) 6

[22]

War die Organisation beider Geschlechter auch nicht verschiedenartig — nur Modifikation — hervorgegangen aus den innern Lebenskräften nach dem Zwecke der zeugenden Bestimmung: so konnte doch nicht jedes, ob schon im Besitz der lebendigen Grundform des künftigen Geschöpfs, allein zeugen — Die Bestimmung der Vereinigung verlangte auch Organisation, Umordnung der zeugenden Lebenstheile, welche der einzelnen Ausbildung ohne Ausnahme widerspräche. In dem männlichen Körper ordneten sich die Behältnisse des zeugenden Prinzips ausser den Körper, und kein Uterus ist da, der das embrionische des Lebensprinzips aufnehme und zum Wachsthum vollendete: in dem weiblichen Körper ist dieser Uterus da, aber der Lebensstoff ist ausser demselben hingestellt, und nur männlicher Anreiz kann ihn in der Regel durch Mechanism der Fallopischen Röhren in die größer entwickelnde Werkstäte hinführen.*) 7

[23]

Wir sehen täglich Erscheinungen vor unserm Auge aufziehen — aufglühen und wieder verschwinden: und die Ursachen, die diese Phänomene in der Menschheit so aufführen, liegen vor unsern Augen verborgen. Ewig kommen sie unter den nehmlichen Bedingungen hervor — wir bilden Register, ziehen Summen Differenzen auf Jahrhunderte Jahrtausende ganze Menschenalter hinaus — und doch wachet nur ein Deus ex machina über diese Proportionen die sich nach den Aufknicken der Natur — wie die Menschenhandlungen auf dem kindischen Affengehirn — ohne ver-[24]bindende Reihe von Ursache und Folge in unserm Gehirn nachdrucken. Das Verhältniß der einen zeugenden Mithälfte in den Geschlechtsgeschöpfen wird nie größer als das andere — nie verhältnißmäßig geringer als das andere — immer das nehmliche — und doch ist nur dieses Verhältniß in unsern zeichnenden Chroniken, — nicht in unserm Verstande. Worinnen wüßten wir uns aber nicht zu helfen! — »Die Gottheit stellte präformirte Keime hin und bildete in denselben das gleiche männliche und weibliche Hervorgehen.« — Du bist's — ruft das Kind aus — es kann die Erscheinung nicht in dem Dinge begreifen: — große Kinder wie wir sind! — kindischer Kindesgedanke noch als der ist, der das äffende Vogelsgeschrei nicht in der kleinen leichten Federmaschine der Luftpressung glaubet! — — Können [25]wir stolz seyn auf unsere Erzogenheit, wenn wir solche Kinder sind? — Die Natur — Alles von allen was sie ist, hat alles in sich, wodurch sie hervorbringet — Die Gesetze liegen in ihr, die sie ewig zur Behaltung gleicher Ordnung der Geschlechter bestimmen. —

Die Geschlechtsfortpflanzung beruhet in dem elementarischen Stoffe der Zeugung, dessen Modifikation — feuriger oder kühler, härterer oder weicher — wieder in dem Temperamente des Mannes und Weibes bestimmt lieget. Der Mann sowohl als das Weib — beide können Prinzip bald zum männlichen bald weiblichen Foetus absondern, je nachdem ihr Temperament zu dieser oder jener Form sich mehr hinwieget. Die Erklärung lieget in folgenden Sätzen. —

Ob schon die Temperamente wie die Race des Menschengeschlechts ins unendliche unmerkbar hinspielen: so ziehen sich doch gewisse Linien fest, die gewisse Hauptpunkte zwischen ihnen — Haupttemperamente wie Hauptracen — abzeichnen lassen. Die Natur gründete auf den dreifachen Unterschied — auf dem sie ihre organische Maschine des Menschen baute — auf dem alles unterstützenden Knochengebäude — dem Lebensstrom des Blutes — und dem geistigen empfindenden Aether des Nerven selbst die Haupttemperamente und auf den einzelnen Bedingungen jener auch die [26]Bedingungen und abmodifizirenden Erscheinungen dieser.*) 8

Das knochenreiche Temperament.

a) Gedrängter Knochen — mit scharfen eckigten Umrissen: — das Römischfeurige. —

b) Gedrängt — stark — mit runden gewölbten Umrisse: — das Römischmännliche. —

c) Aufgedunsen — locker — mit scharfen hervorspringenden Umrisse: — das grobe Pralende.

d) Aufgedunsen — locker — mit runden abgeschliffenen Umrisse: — das Bäotische.

Das blutreiche Temperament.

a) Blut mit feurigen elementarischen Theilchen angefüllt — in heftigen starken Umlauf: — das Koleurische.

b) — — — mit weniger feurigen, abgekühltern Theilchen angefüllt, in leichten geschwindem Umlauf: — das Sanguinische.

c) — — — mit wässerichten Theilchen angefüllt im langsamen stillen Umlauf — das leichte Pflegmatische.

[27]

d) — — — mit groben dicken Erdtheilen angefüllt — im schwerfälligen Umlauf: — das grobe Pflegmatische.

Das ätherische Temperament.

a) Der Nervensaft leicht, ätherisch mit ungehinderter freier Thätigkeit: — das Melancholische.

b) — — — — — leicht, ätherisch, mit periodisch lebhafter unruhiger Thätigkeit: — das Aetherische.

c) — — — — — leicht, weniger ätherisch — mit starker gichtischer zuckender Bewegung in das Hecktische.

d) — — — — — leicht, wenig ätherisch, mit schwacher unmerklich verschwindender Thätigkeit: das Schwindsüchtige. —

In dem weiblichen Geschlechte bedingen sich diese Temperamente zu andern Erscheinungen: — sanfteres Klima bringet hier sanftere Ineinanderschmelzungen — der Erdboden leichtere freiere Gewächsarten hervor. Der Aether des männlichen Körpers modifizirt sich hier gefälliger, leidend, mehr empfänglich — der Knochen mehr ineinander verschmolzen — nachgiebig — Das Blut weniger stürmend — leichter hinfliessend: — die härtern Temperamente des männlichen Körpers [28]verlöschen also hier, oder verschwinden in andere leichtere.*) 9

Das knochenreiche Temperament.

a) Das Römischmännliche.

b) Das Bäotische.

Das blutreiche Temperament.

a) Das Koleurische. (selten)

b) Das Sanguinische.

c) Das leichte Pflegmatische.

d) Das leichte Weibliche.

Das ätherische Temperament.

a) Das trockne unruhige.

b) Das leichte trockne ruhige.

c) Das trockne schwindsüchtige.

Was ist nun bei dem gegenseitigen Verhältniß des männlichen und weiblichen Körpers die Ursache der jedesmaligen männlichen oder weiblichen Geschlechtsfortpflanzung? — Der Mann sowohl als [29]das Weib enthält den Embrio des künftigen Menschen — Das Geschlecht dieser Embrione liegt bestimmt in den Temperamenten des Mannes und des Weibes, in so fern nehmlich durch die Elemente des verschieden temperirten Zeugungsstoffes die weibliche oder männliche Körperform produzirt wird — bei der Vereinigung dieser Embrione in den Zeugungsbehältnissen des Weibes bleibet diejenige Körperform, die mittelst ihrer Elemente die meiste Konsistenz — das größte Aus- und Einwürken, den meisten Lebensgehalt hat — Das gleiche Verhältniß des männlichen und weiblichen Geschlechts beruhet auf diesem gleich abgemessenen Verhältniß der gegenseitigen Temperamente: — die Erscheinung, daß mehr männliche als weibliche Kinder geboren werden, auf der stärker bestimmenden Bildungsform der Elemente des Mannes. —

Bestimmungen der Geschlechtsfortpflanzung.

1) Bestehet der Zeugungsstoff des Mannes aus harten knochenreichen, fest zusammenverbundenen Elementen: der des Weibes aus weichen flüssigen Bluttheilchen von weniger Thätigkeit: so werden, obschon der weibliche Zeugungsstoff zu der Form und dem Temperamente des weiblichen Körpers sich hinneiget, männliche Kinder — Er muß bei der Vereinigung mit dem männlichen Zeugungsprinzip mittelst dessen größerer Einwürkung und stärkerer Konsistenz auch in dessen gleich harmonische härtere Bildungsform des männlichen Kör-[30]pers hingehen, a)

2) Bestehen die Zeugungssäfte des Mannes und Weibes aus harten knochenreichen Elementen: so ist nicht anders möglich, als daß männliche Kinder gezeugt werden, b)

3) Auch dann werden männliche Kinder gezeuget, wenn der Zeugungsstoff der Mutter aus knochenreichen Elementen zusammengesetzt ist: obschon das männliche Zeugungsprinzip aus weichen flüssigen Säften des Blutes bestehet. c)

4) Bestehet der männliche Saamen aus dem Prinzip der Knochen: — der weibliche hingegen aus weichen Theilchen des Bluts von großer Thätigkeit: — so entstehen bei der gegenseitigen Vereinigung dieser thätigen Temperamente bald Mädchen bald Knaben — nach Bedingungen vielleicht einer größern periodischen Thätigkeit eines dieser Temperamente, d)

5) Bestehet der männliche Zeugungsstoff aus weichen fetten Theilchen des Bluts — der weibliche aus trocknen unruhigen Nervenäther: so werden fast jederzeit männliche Kinder, e)

6) Ist der männliche Saamen aus rohen schweren fetten Bluttheilen — der weibliche aus [31]unruhigen Nervenäther zusammengesetzt: so entstehen Kinder männlichen Geschlechts, wenigstens dessen mehr als des weiblichen. f)

7) Bestehet der männliche Saame aus feurigen Elementen des Blutes — der weibliche aus weichen wässerichten: so werden männliche Kinder. g)

8) Bestehet der männliche Zeugungsstoff aus weichen Bluttheilen und ruhigen leichten Nervenäther — der weibliche aus unruhigen lebhaften thätigen Nervenäther: so entstehen Kinder weiblichen Geschlechts, h)

a) Der Mann von Römischfeurigen — männlichen oder Bäotischen Temperamente — das Weib von leichten Pflegmatischen: — — männliche Kinder.

b) Mann und Weib von den Temperamenten, die aus den Knochen entspringen: — männliche Kinder.

c) Das Weib von einem der knochenreichen Temperamente — der Mann den leicht Pflegmatischen: — männliche Kinder.

d) Der Vater vom Römischfeurigen oder männlichen Temperamente — das Weib dem leichten weiblichen: — bald männliche bald weibliche Kinder.

e) Der Vater von dem leicht Pflegmatischen oder Sanguinischen — die Mutter dem trocknen unruhigen: — weibliche Kinder.

[32]

f) Der Vater von dem Bäotischen oder groben Pflegmatischen — die Mutter von dem trocknen unruhigen: — männliche Kinder, wenigstens deren mehr als weibliche.

g) Der Vater von dem koleurischen Temperamente — die Mutter dem leicht Pflegmatischen: — mehr männliche Kinder.

h) Der Vater von dem Melancholischen — die Mutter dem leichten trocknen ruhigen Temperamente: — mehr weibliche Kinder.

Anerkannt als höchstes Gesetz der Natur nach dem Endzweck der Anordnung des Geschlechts — die Vereinigung — Entwicklung zweier Embrione zu Einem: — drängen sich doch Geburten zum Vorschein, die — als Ausnahmen dieses Einheitsgesetzes der Zeugung, in der hervorkommenden Reihe der Einheiten selbst Regeln ihrer Ausnahmen zu beobachten scheinen, in weiteren oder engeren Verhältniß unter diesem oder jenen Völkerstamme bestimmt vermuthlich nach Ursachen des verschiedenen physischnationalcharakteristischen.*) 10 Lassen sich von Würkungen Rückschlüsse auf Ursachen [33]machen: so glaube ich wohl mich auf meine Beobachtungen nicht ganz hypothetisch zu gründen, und von dergleichen Erscheinungen der Aehnlichkeit der Zwillinge — dem gleichen Geschlechte derselben*) 11auch gleiche Temperamente und gleiche klimatische Konstitution der Zeugungssäfte des Mannes und Weibes — als Ursachen derselben — der Zwillingsgeburten schliessen zu können. Die gleichen Temperamente destruiren sich weder, noch zwingen einander zur Vereinigung in Einheitsgeburt: — — jede Anlag bildet sich — obschon vereiniget in einem zeugenden Behältniß — abgesondert durch selbsteigne Tendenz zum einzeln Wachsthum und einzelner organischen Vollendung.

Nur selten überschreitet die Natur in der Summe ihr Einheitsgesetz durch noch vielfachere Zeugung — in drei Geburten. Entstehen sie, wenn mehr als eins der weiblichen Anlagen aus dem ovario in die entwickelnde Werkstäte hinübergehen? — In den niedern Geschöpfarten ist es Regel — die Kontinuität der Natur wollte es, daß hier das Geschlecht anfieng — wenig zusammen-[34]gesetzt aber noch wenig verschlungen gleichsam in dem Gewebe der Organisation verband sie zugleich in ihnen das Gesetz — als Kontinuitant der Zeugung, daß mehrere Organisationen als eine auf einmal aus ihrem Schooße hervorgiengen. So steiget die Zeugung mit der Organisation — von Einem zu mehreren — von mehreren zu Tausenden zu Millionen hinab!—

Bringet gleiche in dem männlichen und weiblichen Zeugungsstoff herrschende Temperatur Doppeltgeburten zum Vorschein: — ist es widersprechend, daß Discrepanz unvollendete Organisation oder gänzliches Versagen der Entwicklung des embrionischen Geschöpfes verursache? — Destruiret werden die Anlagen, die jetzt in dem Augenblick der Vereinigung zusammentreffen: Ungleichheit ist zwischen ihnen — weder Tendenz zur eigenen einzelnen Vollendung noch harmonische Vereinigung zu einem einzigen empfindenden Lebenspunkte ist in ihnen verstattet. Was sind die Fälle der Beobachtung, die ich für diese — wenn man will, hypothetische Ursache zähle? — Ich habe immer unter den Ehen, die unfruchtbar waren, oder unvollkommene Organisationen hervorbrachten, den Mann und das Weib von ganz entgegengesetzten kontrastierenden Temperamenten gefunden — Der Mann z.B. von dem leichten oder groben Pflegmatischen Temperamente und das Weib von dem trocknen ruhigen. — Die Natur [35]scheinet nicht gewollt zu haben, daß der unbehülfliche dicke Pflegmatismus unter den verschiedenen Erscheinungen und Darstellungen des Menschen mit auftrete. Der Mann war immer vom groben pflegmatischen Temperamente, wenn Kinder unvollkommene Organisationen — unvollkommene Sprachwerkzeuge hatten.

So das Geschlecht in der Liebe in dem sympathetischen Hindrange gegen einander gemessen — ist beständiges Hinwogen von Mutter und Vater zum Sohne — vom Sohne zum Vater: — Ebbe und Fluth in Formen und Gestalten — Geistererscheinung, daß Todte aus Gräbern wandeln — über Generationen wie Luftbilder hinschweben — Todte mit dem ersten Ersterben verschwinden und keine Spur eines Gebildes zurücklassen.*) 12 Zusammenschmelzen in Eins — Hinbilden des Vaters in die Gestalt der Mutter in dem höchsten empfun-[36]denen Lebensmomente oder der Mutter in die Gestalt des Vaters: — und die Gestalt — will Lavater, schwimmt über ins Leben, das sich in ihrer Mitte jetzt bildet. Was ist die Phantasie, daß sie ihre luftigen Gebilde hineindrucke in die schwerere gröbere Materie — diese nachforme das schwebende Stalten des Einbildens? — Die Natur ist nicht erkläret, wenn übernatürliche Kräfte herzueilen, ihre Produktionen zu bilden — Phantasie Einbildungskraft in der zeugenden Werkstäte mit arbeitet. Die Physiognomik — die für manchen mehr — für viele weniger gesaget hat, als sie wollte, — gründet sich auf die innern herausbildenden Elemente der Säfte — die Physiognomie des Kindes auf die Temperatur des abgesonderten elementarischen Zeugungsstoffes — die Aehnlichkeit oder Unähnlichkeit der Kinder also mit ihren Eltern auf die Konstitution und das Verhältniß des gegenseitig hergegebenen Stoffes zur Zeugung.

Es wäre ein einziges unverletzliches Gesetz der Materie, immer in der nehmlichen staltenden Formung zu bleiben: — wäre durch alle Geschöpfarten einem einzigen Individuo das Werk der Fortpflanzung überlassen worden. In allen Fällen wäre dafür zu stehen gewesen— »diese nehmliche Form, diese nehmliche Gestalt tritt wieder auf —« da es nun — bei der Theilnahme zweier Individuen an einem Zwecke — in Millionen Fällen — in [37]allen Fällen — kein einzigesmal möglich ist, daß irgend ein Produkt in dem hervorgehenden Naturreiche mit den nehmlichen Zügen, der nehmlichen Stattung wieder hervorgehe. Die grössere mindere — oder endlich getheilte Aehnlichkeit der Kinder mit einem Theile ihrer Eltern beruhet auf den drei möglichen Fällen: — auf der grössereren innren Kraft und dem Zusammenhang des männlichen Saamens die grössere Aehnlichkeit der Kinder mit dem Vater: — auf der stärkern Thätigkeit des weiblichen Prinzips die grössere Aehnlichkeit derselben mit der Mutter: — und auf dergleichen verhältnißmäßigen Einwirkung und Thätigkeit des männlichen und weiblichen Zeugungsstoffes der vermischte gleiche Antheil der Eltern an der Aehnlichkeit der Kinder.*) 13

[38]

Keine Ausnahme machet die Natur von diesen stätigen Regeln der bildenden Fortpflanzung: — selbst in Misgeburten und Bastarden*) 14 traget sie [39]diese organisirende Aehnlichkeit, selbst die physischen Fehler des Vaters oder der Mutter auf die jenem oder diesem Theile mehr ähnlichen Kinder hinüber, so daß das Kind, das dem Vater ähnlich siehet, auch seine physischen Gebrechen an sich habe, — das Kind, das der gesunden Mutter ähnlich siehet, von ihnen frei sey. Wohl können also Kinder derselben Eltern — einige gesund und gerade, andere ausgewachsen und unvollkommen seyn — wohl wie das Beispiel der kallogischen Familie zeiget, welches den Physiologen so viel Erklärungsarten abgezwungen hat,*) 15 einige mit der ordentlichen Anzahl der Finger, andere mit einer Ueberzahl geboren werden, je nachdem diese dem Theile der Eltern ähnlich sind, welcher diesen Fehler an seinem Körper träget — jene dem, der davon frei ist, ähnlich sehen. So können auch Nationalformen Nationalzüge entstehen — die nicht in der Formart der Na-[40]tur lagen, die nur durch Eigensinn Unwissenheit oder andere Zufälle in ihr erpreßt wurden.*) 16

Bestimmungen der Fortpflanzung der Temperamente.

1) Hat der Vater das kouleurische Temperament — die Mutter das leichte weibliche (weiche Umkleidung des Fleisches, lebhafte Empfindung und Reizbarkeit): so neigen sich die Kinder zu dem Sanguinischen Temperamente hin.

2) Der Vater vom kouleurischen Temperamente — die Mutter vom trocknen unruhigen (langen schwachen Körperbau, grosser Reizbarkeit der Nerven:) so sind die Kinder gemeiniglich mehr von dem ätherischen als [41]dem sanguinischen Temperament (grosser Empfindlichkeit des Nervenäthers und feiner geistigen Empfindung).

3) Der Vater vom sanguinischen Temperamente — die Mutter vom trocknen unruhigen: — Die Kinder von dem Temperament der Mutter.

4) Der Vater von einer gewissen Mischung des kouleurischen und sanguinischen Temperaments — die Mutter von dem trocknen schwindsüchtigen (kleinem schwachen Körperbau, schüchterner furchtsamer Empfindung:) — so bekommen die Kinder gemeiniglich das sanguinische, theils das melancholische Temperament.

5) Der Vater von dem Sanguischen — die Mutter dem trocknen Schwindsüchtigen; — in den Kindern eine gewisse Modifikation eines leichten sanguinischen Temperaments.

6) Der Vater von dem bäotischen — die Mutter dem trocknen unruhigen Temperamente:—so haben die Kinder entweder das Temperament des Vaters das bäotische, oder das ätherische nach dem Temperament der Mutter.

7) Der Vater vom groben Pflegmatischen — die Mutter dem Römischmännlichen (starken Körperbau's, unerschrockenen Gemüths:) — so sind die Kinder gewiß auch von dem Pfleg-[42]matischen oder einer Modifikation desselben.

8) Der Vater vom leicht Pflegmatischen — (nicht starken Körperumfang, weicher Umkleidung des Fleisches) — die Mutter dem trocknen unruhigen: — so sind die Kinder von dem Temperament der Mutter.

9) Vater und Mutter von dem pflegmatischen Temperamente : — die Kinder von dem Bäotischen.

10) Die Mutter von dem pflegmatischen Temperamente : so werden die Kinder nach dem mehr oder weniger hitzigen Blute des Vaters mehr oder weniger von dem Temperament der Mutter.

11) Der Vater von einer Mischung des sanguinischen und bäotischen Temperaments — die Mutter von dem Römischmännlichen: — so folgen die Kinder gemeiniglich dem Temperament der Mutter.

12) Der Vater von dem römischfeurigen: die Kinder von dem römischmännlichen Temperamente.

13) Der Vater von dem Melancholischen — die Mutter dem trocknen Ruhigen: so haben die Kinder (gemeiniglich weiblichen Geschlechts) das Temperament der Mutter.

Fußnoten:

1: *) Was ist der Bildungstrieb? — »Es ist ein besonderer lebenslang thätiger Trieb in allen organisirten Körpern rege erst Anfangs in dem rohen ungebildeten Zeugungsstoff, nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ihre bestimmte Gestalt anzunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt werden, wo möglich wieder herzustellen« s. Hofr. Blumenbach über den Bildungstrieb. a — »Erkläret dieser Trieb das Geheime, Verborgene, Räthselhafte in dem Geschäfte der Zeugung? — wann soll er entstehen? — warum erst dann entstehen, wenn der Zeugungsstoff zu seiner Reife zu dem Ort seiner Bestimmung gelangt ist? — welche Kraft soll ihn erwecken? — was soll er endlich bilden? — die Bildung folget gleich selbst der Materie, sobald diese da ist, denn in der Würkung ihrer Elemente lieget die Formung; keines Anreizes bedarf sie zu diesem Geschäfte — keinen Zeitpunkt bedarf sie zu erwarten, da die Bildung zugleich mit der Absonderung der Materie anhebet. — Sinne wenden hier nicht ein, daß erst nach einigen Tagen oder Wochen der Empfängniß Bildung sichtbar werde: — sie sind zu unempfängliche unsichere Zeugen, als daß sie bei Gesetzen, wo Deduktion von a priori gegebenen gemacht wird — etwas bestätigen oder ungewiß lassen könnten. —«

2: *) s. m. Ideen zu einer physiognomischen Anthropologie. Leipz. 1791. — Absch. 1. Kap. 2. b

3: *) s. Blumenbach Institutiones Physiol. c §. 492. »Et in genere quidem cucivis sexui proprius uus est et ab altero discrepans habitus: in homine nato lucculenter abservabilis; in foetibus vero tenerioribus primo saltem intuitu vix dignoscendus, uto'opte quibus ipsa genitalia externa, si obiter saltem inspecta fuerint, differre videntur, cum femino embreoni clitoris proportione vaegrandis, masculo autem prominens scrotum ad huc vix vllum sit. (§. 520.) Quibusdam tamen in partibus vtriusque generis organa perquam simiclem monstrant fabricationem. lta sub pube in commissura labiorum superiore latens clitoris non una in re cum virili membro conuenit, nisi quod ab urethra seiuncta, ideoque imperforata et in rite formatis perexigua sit. — — Similiter ceterum ea particula cauernosis constat corporibus et erectioni apta est et praeputio tegitus et smegma praebet Littriano haud absimile.« —
Buffon histoira natur. Paris MDCCXLIX. Tom. III. d wo Kupfer von Embrionen die Aehnlichkeit der gegenseitigen Zeugungstheile zeigen.«

4: *) Ich glaube, wenn das Werk der Kastration noch früher an dem männlichen Körper könnte vorgenommen werden, wo die Säfte — der ganze Bau des Körpers noch weniger bestimmt, noch flüssger weicher ist, — wenn das Messer selbst in den Leib der Mutter und des Kindes könnte dringen, daß die Natur dann den künftigen Menschen noch zweideutiger bilden, und ihn selbst in seinem Geschlechte dem weiblichen Zeugungstheilen ähnlicher umformen würde. —

5: *) Befruchten ist ein Wort, das unter so vielen andern mystischen Worten in dieser Materie uns etwas hat erkläret geben wollen: das aber nur leider durch die Dargabe eines sinnlichen Begriffs uns für weitere Zergliederung beruhiget hat.

6: *) Sömmering v. Baue des menschl. Körpers. Th. 5. §. 117. e »Ein späterer Ursprung der Seele als im Augenblicke der Empfängniß oder der Erzeugung des belebten Hirnkeimes ist undenkbar; ob sie aber früher in der Mutter oder in dem Vater, oder zum Theile in beiden virtualiter sich befinde, kann man wohl nicht entscheiden.«

7: *) Die ovula Graafiana im weiblichen Körper sind gewiß nichts anders als die Testes und vesiculae seminales im männlichen — Behältnisse nehmlich des vor unsern Augen verschwindenden embrionischen Geschöpfes — anders nur nach dem Endzweck der gegenseitigen Geschlechtsvereinigung, geordnet und organisch gebildet. Daß corpora latea auch ohne vorhergehende wirkliche Vereinigung in dem ovario entstehen, beweisen Versuche Beobachtungen, (s. Blumenbach medizin. Bibl. 3. B. 3. St.) f Daß also auch der Mechanism, der die Fallopischen Röhren dem ovario zur Aufnahme des weiblichen Zeugungsstoffes näher bringet, ausser der Geschlechtsvereinigung durch andere widernatürliche Ursachen erfolge, erhellet eben auch aus diesen Beobachtungen. Ob nun schon bei solchem widernatürlich erregten Mechanism in den Zeugungstheilen des Weibes auch der Zeugungsstoff als das ovulum aus dem ovario in den Uterum hinübergehen muß: so kann doch — keine Rücksicht genommen auf die Beispiele, die durch glaubwürdige Zeugen von bald im weiblichen bald im männlichen Körper vor aller Vereinigung — entwickelten Embrione erzählet werden, (s. Blumenbach über den Bildungstrieb) g — glaube ich, nicht einmal im weiblichen Körper, in welchem alle zur vollendenden Entwicklung bestimmten Behältnisse da sind, dieser hinübergegangene Zeugungsstoff des Weibes zur wirklichen Vollendung der Ausbildung kommen, weil nehmlich der männliche Zeugungsstoff fehlet, der durch seinen Beitrag die Ausbildung des Geschöpfes befördert. Denn in Ermangelung dessen müßte nach analogischem Schlusse das weibliche Zeugungsprinzip längere Zeit — doppelt so lange — zum völligen Wachsthum in den Zeugungsbehältnissen verbleiben, in welcher längerer Zeit aber — wider die Anordnung der Natur — wahrscheinlich es untergehet und als Abart stirbet. —

8: *) Es ist hier der Ort nicht, die bestimmenden Ursachen dieser Temperamente auseinanderzusetzen, und für ihre Entwicklung Gründe zu führen: s. m. Ideen zu einer physiog. Anthropologie. h

9: *) Ich habe diese Temperamente, die ich im weiblichen Körper modifizirt und unter andern Erscheinungen beobachtet habe, auch anders benennet. Das grobe Pflegmatische findet hier wegen der leichtern und flüssigern Säfte des weiblichen Körpers nicht statt, desto häufiger aber und fast allgemein das leichte weibliche.

10: *) Blumenbach Institutiones Physiol. §. 576. Proportio inter gemellos et solitarios partus sub nostro quidem coelo vt 1 ad 70 observatur: apud Hibernos a contrario illi ad singulorum partus fere vt 1 ad 53 se habent: a pud Grönlandos deneque gemellorum expresse notat raritatem. (Essede in descr. du Grönland.)

11: *) Ich wünschte allgemeinere Bestätigung, ob die Zwillinge öfters oder ohne Ausnahme von einerlei Geschlecht sind — beide männlich entweder oder weiblich.

12: *) Lavater in s. physiog. Werke i (über die Aehnlichkeit und Unähnlichkeit der Kinder mit ihren Eltern). »Es ist eben so gewiß und eben so erklärlich, daß gewisse frappante Physiognomien von den fruchtbarsten Personen durchaus ohne ähnliche Nachkommenschaft untergehen; so gewiß und unerklärlich es ist, daß gewisse andere niemals aussterben: nicht weniger merkwürdig ist, daß eine väterlich oder mütterlich stark gezeichnete Physiognomie sich bisweilen in den unmittelbaren Kindern verlieret, in den Kindeskindern gänzlich wieder zum Vorschein kommt.«

13: *) Es ist leicht, nach diesen drei Bestimmungen der Aehnlichkeitsfortpflanzung gleichsam auf künftige Geschlechter die Ähnlichkeit vorauszusagen. Die Temperamente, die aus den Knochen entspringen, pflanzen sich am ähnlichsten fort: ich habe immer, wenn der Vater das Römischfeurige, männliche oder bäotische Temperament hatte, die Kinder mehr ihm als der Mutter ähnlich gesehen. Die knochenreiche Form des Vaters gehet aber doch in den Kindern — durch den weiblichen Zeugungsstoff erweichet, zu einer gleichsam verjüngten, gedehntern Form über. Das Temperament, das aus dem Blute entspringet, gehet in den Kindern bald zu dieser bald zu jener Unterabtheilung dieses Temperaments über. Alle Unterabtheilungen aber desselben bilden sich in der Form einander ähnlich — daher werden die Kinder, wenn der Vater das kouleurische Temperament hat, immer mehr ihm als der Mutter ähnlich sehen. Dieses ist auch der Grund der Selbstständigkeit der jüdischen Gesichts form: — das blutreiche Temperament ist überhaupt der jüdischen Nation eigen, dieses gehet schwer zu einem andern Temperamente über, und ist auch in seiner Formung unter allen Bedingungen ähnlich.

14: *) Hieher rechne ich z.B. den Maulesel: vergleichende Zergliederung desselben würde gewiß nach den drei Bestimmungen den drei möglichen Fällen der Aehnlichkeitsfortpflanzung, die Nothwendigkeit seiner abweichenden von beiden Theilen des Pferdes und des Esels zusammengesetzten Organisation zeigen. Hieher gehöret auch das Beispiel, das Blumenbach (Institutiones Physiol. j §. 596 de nisu formativo) aus Kölreuters vorläufigen Nachrichten. (3. Forts. pag. 51) k anführet. »Retero huc v.e. ex hybridorum historie memorebile experimentum, quo in hybridis prolificis per plures generationes saepices iterata corum foccundatione ope viriter ejusdem specici seminis adco sensim a primaccea materna forma deflexit nova ea pronepotum hybridorum facies, ut potuis magis magisque in paternam alterices specici formam abiret, et sic denique ista in hanc (arbitraria quesi meta morphosi) tota quenta transmutata plane videretur.«

15: *) Haller Elem. Physiol. 1. 29. S. II. §. 8. l auch Maupretuis Venus Physique m — wo dergleichen Beispiele von Fortpflanzungen erzählet werden.

16: *) Hippokrates erzählet in dem Buche de aëre aquis et locis, n daß man geglaubt habe, die ehemalige Gewohnheit der Kalchier, den Kopf der neugebornen Kinder zu pressen, sey die Ursache gewesen, daß ihre Nachkommen mit dieser Form des Schädels wären geboren worden. Man vergleiche ferner Blumenbach (Institutiones Physiol. o § 598) »Tum et quod non solum connatae monstrositater, sed et aduentitae mutitationer aliaeue deformatio hes, aut casu aut studio corpori illatae, hae redilariae subirele fiunt, ita vt quod primoartis opur erat, sensim in alteram quesi naturam deflectere dicenatum sit.«

Erläuterungen:

a: Blumenbach 1781.

b: Grohmann 1791.

c: Blumenbach 1786.

d: Buffon 1749-1804.

e: Sömmering 1791-1796, Theil 5 (1791).

f: Blumenbach 1783-1795, Bd. 3, 3. St. (1791).

g: Blumenbach 1781.

h: Grohmann 1791.

i: Lavater 1772.

j: Blumenbach 1786.

k: Kölreuter 1761-1766, 3. Fortsetzung (1766).

l: Haller 1757-1766, Bd. 8 (1766), Lib. XXIX 'Fetus'. Section II, §. 8 'Difficulates. Similitudo Parentum', S. 96-99.

m: Maupertuis 1745.

n: 'Abhandlung von der Luft, den Wässern und den Gegenden' im Corpus Hippocraticum.

o: Blumenbach 1786.

[43]

Zur höhern Erfahrungsseelenkunde.

1.

Ueber die Schwärmerei.

Maimon, Salomon

Die Eintheilung einer Wissenschaft in einem gemeinen und höheren Theil z.B. die gemeine und höhere Geometrie, Chemie u.d.g. ist entweder in der Art den Gegenstand dieser Wissenschaft zu betrachten gegründet. In dem gemeinen Theil wird er so betrachtet, wie er am leichtesten in die Augen fällt. Der auf dieser Art bestimmter Begriff desselben wird in diesem Theil den daraus zuziehenden Folgen zum Grunde gelegt, ohne sich darum zu bekümmern, ob nicht dieser Begriff allgemeiner gefaßt, und also die daraus zuziehenden Folgen nicht blos für ihn, sondern für alles was unter ihm begriffen ist, gelten können?

In dem höheren Theil hingegen wird der Begriff des Gegenstandes in seiner höchsten Allgemeinheit genommen. Der Gegenstand wird nicht blos so betrachtet, wie er in die Augen fällt, sondern seiner Entstehungsart nach, und so wie ihn der Verstand denken muß, wenn die größte systemati [44] sche Einheit dieser Wissenschaft erhalten werden sollte.

So wird z.B. ein Zirkel der gemeinen Geometrie als eine Linie erklärt, die in allen ihren Theilen von einem gewissen Punkt (dem Mittelpunkt) gleich weit ist. Die aus diesem Begriff zuziehenden Folgen gelten blos für den Zirkel, nicht aber für eine andere krumme Linie. In der höheren Geometrie aber wird der Zirkel als eine krumme Linie der zweiten Ordnung durch eine allgemeine Gleichung bestimmt. Die aus dieser Gleichung zuziehenden Folgen gelten daher nicht blos für den Zirkel, sondern für alle Linien dieser Ordnung; u.d.g. mehr.

Oder diese Eintheilung hat in der Verschiedenheit der Gegenstände selbst (die aber doch in einem Gattungsbegriff übereinstimmen, wodurch sie zu einer einzigen Wissenschaft gehören) ihren Grund so wie z.B. die Rechnung des Endlichen und des Unendlichen in der Mathematik.

In diesen beiden Rücksichten denke ich, kann auch die Erfahrungsseelenkunde in der gemeinen und höheren Erfahrungsseelenkunde eingetheilt werden. Der Gegenstand jener sind die aus der Erfahrung bekannten so genannten niedern Seelenkräfte (Sinne u.s.w.). Der Gegenstand dieses aber, die höheren Seelenkräfte (Verstand, Vernunft), ihre Krankheiten und Wiederherstellungsmethoden. Zwar bin ich überzeugt, [45]daß die höheren Seelenkräfte an sich, unmittelbar keinen Krankheiten unterworfen seyn können. Doch kann dieses durch die Krankheiten der niedern Seelenkräfte allerdings statt finden.

So äussern sich auch die Krankheiten der niedern Seelenkräfte in derjenigen Würkungsart unsers Erkenntnißvermögens die sich auf bestimmte Objekte beziehet (Vorstellungen, Begriffe und Urtheile.) Die Krankheiten der höheren Seelenkräfte aber äussern sich, wie ich nachher zeigen werde, hauptsächlich in dem Trieb unsers Erkenntnißvermögens das, seiner Natur nach Unbestimmbare zu bestimmen (Ideen als reelle Objekte darzustellen). Von dieser Art ist z.B. die Schwärmerei.

Die Schwärmerei ist ein Trieb der produktiven Einbildungskraft (das Dichtungsvermögen,) Gegenstände die der Verstand, nach Erfahrungsgesetzen, für unbestimmt erklärt, zu bestimmen.*) 1

[46]

So lang als man die Ideen dieser Art für nichts anders ausgiebt, als was sie sind, für Ideen, die blos zum regulativen Gebrauch unserer Erkenntniß bestimmt sind, ist man kein Schwärmer. Man wird es nur alsdann wenn man die Natur dieser Ideen verkennt, und reelle Objekte da-[47]durch zu bestimmen sucht. Hier ist die Grenzscheidung zwischen Philosophie und Schwärmerei und der Uebergang von jener zu diese. Die Methaphysik überschreitet diese Grenze. Da sie aber ihre Objekte nur durch diese Ideen bestimmt, und keine diesen widersprechenden Bestimmungen hinzudichtet, so ist sie gleichsam blos der Anfangspunkt der Schwärmerei, aber noch keine Schwärmerei. Aus der subjektiven Einheit des Bewußtseyns eine objektive Einfachheit der Seele, aus der Persönlichkeit in der Erkenntniß, Unsterblichkeit zu demonstriren, ist freilich ein Fehler im Denken. Aber so lange man der Seele (um sie näher zu bestimmen) keine diesen widersprechenden Bestimmungen hinzudichtet (das Flügen zum Himmel, das Essen und Trinken im Paradies u.d.g.) ist man noch kein Schwärmer, und so auch in andern Fällen.

Ich werde hier so wenig von diesem hohen Ursprung der Schwärmerei, als von der groben Schwärmerei, die nicht in diesen absoluten hohen Trieb des Erkenntnißvermögens, sondern in einem komperativ überspannten Trieb desselben gegründet ist (wenn der Trieb zur Erkenntniß die vorgelegten Data und ihre völlige Entwicklung übertrifft) sprechen. Sondern blos von der höheren Schwärmerei, die aus der Natur der Ideen ihren Ursprung nimmt, und die nicht blos bei der reinen Methaphysik stehen bleibt, sondern sich [48]die Gegenstände derselben durch allerhand Bilder faßlicher zu machen sucht, und dadurch eine unvermeidliche Verwirrung nach sich ziehet. Dieses alles läßt sich aber besser durch Beispiele als durch allgemeine Beschreibungen begreiflich machen.

Ich werde daher zu diesem Behuf ein paar Abschnitte aus einem Buche von einem Italiener Jordan Bruno von Nola a (nach Hrn. Jakobi Uebersetzung) b analysiren, das Gründliche vom Schwärmerischen darin gleichsam durch eine chemische Operation absondern, und überlasse es meinem Freunde und Mitherausgeber dieses Magazins, das zurückgebliebene caput mortuum nach seiner vortreflichen Manier in psychologischen Darstellungen zu beugen.

Fußnoten:

1: *) Ich stimme mit Hr. Kant in der Lehre der Ideen und den daraus zuziehenden Folgen vollkommen überein. Nur behaupte ich wider diesen großen Philosophen, daß die Ideen nicht in der Vernunft, sondern in der Einbildungskraft ihren Grund haben. Ich erkläre die Vernunft nicht als das Vermögen der Prinzipien, sondern als das Vermögen das Mannigfaltige der Erkenntniß nach Prinzipien zu verbinden. Welche Erklärung mit dem übereinstimmt, was alle Philosophen bis auf Kant von der Vernunft behauptet haben, daß sie das Vermögen mittelbar zu urtheilen, oder zu schließen ist. Die Vernunft dringt keinesweges auf Totalität unserer Verstandserkenntniß. Sie verbindet nur so viel als ihr gegeben wird. Daß wir immer die Vordersätze eines Schlusses wiederum durch Prosyllogismen zu beweisen suchen, ist allerdings wahr. Dieses ist in der Natur unseres Erkenntnißvermögens überhaupt und in dem allgemeinen Trieb nach der höchsten Vollkommenheit gegründet, nicht aber eben in der Natur der Vernunft, sondern, wie ich schon bemerkt habe, der transzendenten Einbildungskraft.
Die Lehren von Gott, Unsterblichkeit, und Moral werden auch durch diese Behauptung keinen Abbruch leiden. Nur daß diesen allen nicht (wie nach der Kantischen Philosophie) die Form der Vernunft, sondern (wie nach der Wolfisch- Leibnizischen) der Trieb nach der höchsten Vollkommenheit, zum Grunde liegen wird.
Doch erwarte ich hier über das Urtheil unpartheiischer Denker.

Erläuterungen:

a: Bruno 1584.

b: Die Übersetzung erschien als Beilage zur 2. Ausgabe von Jacobi 1789, S. 261-306.


[49]

2.

Auszug aus Jordan Bruno von Nola.
Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einem. a

Maimon, Salomon


I. Von der Ursache, in wie fern sie von dem Prinzip verschieden und mit demselben einerley ist.
Identität der würkenden, formellen und idealen Ursache.

»Alles was nicht erstes Prinzip und erste Ursache ist, hat ein Prinzip und eine Ursache.«

Ein Philosoph in Forma, wird hier gleich den Schwärmer zu finden glauben, indem der Verfasser diesen Satz als Grundsatz aufstellt, daß nehmlich alles was nicht erstes Prinzip und erste Ursache ist, ein Prinzip und eine Ursache hat, ohne vorher die darin vorkommenden Begriffe von Prinzip, Ursache, erstes Prinzip, erste Ursache, zu erklären. Aber nach genauer Ueberlegung findet es sich daß der Verfasser hierin ganz recht hat, daß er diese Begriffe und den sich darauf beziehenden Grundsatz so wie sie der gemeine Menschenverstand unentwickelt denkt, voranschickt, und hinterher sie zu entwickeln sucht. Die mathematische Methode schickt sich für die Philosophie nicht. Die Mathematik konstruirt ihre Begriffe a priori, wodurch [50]sie von der einen Seite Realität (Beziehung auf ein reelles Objekt) von der andern Seite aber durchgängige Bestimmtheit (in Ansehung der daraus zuziehenden Folgen) erhalten. Die Philosophie hingegen legt Begriffe des gemeinen Menschenverstands zum Grund; nachher erst untersucht sie, ob diese Begriffe Realität (Beziehung auf ein reelles Objekt) haben, oder nicht? Weil der gemeine Menschenverstand nicht selten das blos Subjektive mit dem Objektiven, das Relative mit dem Absoluten, seine eigene Würkungsart im Denken eines Objekts mit den Merkmalen dieses Objekts selbst zu verwechseln pflegt. Wird die Realität dieser Begriffe dargethan, muß sie wiederum untersuchen, ob sie auch in Ansehung der daraus herzuleitenden Folgen, durchgängig bestimmt sind, so daß sie nicht mehr oder weniger Merkmale enthalten, als zur Herleitung dieser Folgen erforderlich ist, welches von dem gemeinen Menschenverstand nicht zu erwarten seyn möchte. Findet sie diese durchgängige Bestimmtheit nicht, so muß sie selbst dieselbe vornehmen. Das Definiren ist also das letzte Geschäft der Philosophie.

»So unläugbar dieser Satz, und so groß die Aussicht auf Erkenntniß von Ursachen und Prinzipien ist, welche wir durch ihn erhalten: so gewiß ist es dennoch, daß wir kaum die nächste Ursache und das nächste Prinzip der Würkungen, welche wir wahrnehmen, zu ergründen fähig sind, und in [51]ihnen von der Ersten Ursache, und dem Ersten Prinzip nur mit äusserster Mühe Etwas, das man eine zurückgelassene Spur nennen könnte, entdecken.«

Eine zurückgelassene Spur. Dieser Ausdruck ist zwar bildlich, aber dennoch zur Begreiflichmachung der Sache sehr passend. Eine zurückgelassene Spur in eigentlicher Bedeutung ist das zurückgelassene Merkmal von den Fußstapfen eines sich bewegenden lebendigen Wesens, Woran wir erkennen daß es da war, und den von ihm genommenen Weg verfolgen können. Erste Ursache und erstes Prinzip bedeutet kein bestimmtes Objekt das wir an sich durch Merkmale erkennen, sondern blos die Forderung der Vernunft bei keiner nächsten Ursache stehen zu bleiben, und nach eben dem Gesetz wie wir zur nächsten Ursache gelangt sind, von Ursache zu Ursache bis ins Unendliche fortzuschreiten. Ob schon wir auf diese Art zur ersten Ursache niemals gelangen, so verfolgen wir gleichsam den Weg den sie genommen hat, durch dieses Gesetz, als der von ihr zurückgelassenen Spur, mit der größten Sicherheit. —

»Wissen wir nur, was wir unter einer ersten Ursache, einem ersten Prinzip verstehen? — Was wollen wir überhaupt mit diesen zwey Benennungen? Haben sie im Grunde nur einerley, oder verschiedene Bedeutung? Und ist das letzte; wo liegt der Unterschied?

[52]

Daß wirklich ein Unterschied vorhanden sey, entdeckt sich bald, obgleich die Verwechselung beyder Ausdrücke häufig geschieht. Prinzip ist der innerliche Grund eines Dinges, die Quelle seines möglichen Daseyns; Ursache, der äusserliche Grund desselben, die Quelle seines wirklichen gegenwärtigen Daseyns. Das Prinzip bleibt in der Würkung, und erhält die Sache in ihrem Wesen. In diesem Verstande sagt man, daß Materie und Form sich mit einander vereinigen, und sich gegenseitig unterstützen. Die Ursache hingegen ist ausser der Würkung, und bestimmt das äusserliche Daseyn der Dinge, zu welchem sie sich verhält, wie das Werkzeug zu dem Werke, das Mittel zu dem Zweck.«

Die Erklärung von Prinzip und Ursache und ihre Unterscheidung von einander, wie sie hier vom Verfasser aufgestellt wird, hat mehr das Gepräge der Schwärmerei und einer Ahndung als einer gründlichen Einsicht der Wahrheit. So viel ist gewiß, daß Prinzip und Ursache keine leere Worte ohne alle Bedeutung sind, und daß sie in etwas beiden gemeinschaftliches übereinstimmen, aber auch durch besondere Bestimmungen dieses Gemeinschaftlichen unterschieden seyn müßten.

Ich will daher diese Begriffe die in der That, in Ansehung ihres Gebrauchs von großer Wichtigkeit sind, zu erörtern suchen.

Ein Objekt überhaupt ist ein jeder Gegenstand des Bewußtseyns, überhaupt (Anschauung, Be-[53]griff, Idee u.s.w. ja selbst das nichts in so fern es Subjekt eines Urtheils seyn kann, z.E. das nichts ist mit sich selbst einerlei u.d.g.) Dieses ist entweder ein Objekt der Wahrnehmung oder ein Objekt des Denkens, und dieses wiederum entweder ein Objekt des blos logischen oder des reellen Denkens. Jenes wiederum entweder ein solches das einem Urtheil zum Grund gelegt wird, oder ein solches das durch ein Urtheil entstehet. Dieses entweder ein Objekt des reellen Denkens a priori oder a posteriori. Ich erkläre mich hierüber.

Die Wahrnehmung der rothen Farbe an sich, ohne sie als Prädikat irgend eines sinnlichen Subjekts zu betrachten, ist ein Objekt der Wahrnehmung. Ding überhaupt ist ein logisches Objekt von der ersten Art. Dieser Begriff wird nicht durch ein Urtheil gedacht, sondern als etwas denkbares an sich, einem Urtheil zum Grunde gelegt (daß es nehmlich nicht zugleich seyn und nichtseyn kann.) Eine süße Linie ist ein logisches Objekt der zweiten Art. Linie und süß an sich sind zwar reelle Objekte. Das aus ihrer Verknüpfung entstehende Objekt (süße Linie) aber ist blos ein logisches Objekt, das durch das Urtheil: Eine Linie kann süß seyn (das als Prädikat gedachte Merkmal der Süße widerspricht dem Subjekte, Linie, nicht) entstehet. Ein Dreieck oder der Begriff von Raum in drei Linien eingeschlossen ist ein Objekt des reellen Denkens a priori. Das Prädikat (drei Linien) [54]wird mit dem Subjekte nicht blos deswegen zusammengedacht, weil es demselben nicht widerspricht, sondern weil es ohne dasselbe nicht gedacht werden kann, indem Linien ohne Raum undenkbar sind. Die Vorstellung des unbestimmten Raumes überhaupt sowohl, als des bestimmten (Linie) wie auch ihre Verknüpfung zu einem Objekt hat nicht blos einen logischen sondern einen transzendentalen Grund a priori. Ein Objekt der Natur (ein Mensch, ein Thier, eine Pflanze u.d.g.) ist ein reelles Objekt a posteriori. Seine Merkmale werden uns auf eine bestimmte Art a posteriori gegeben. Sie werden nicht darum zu einem einzigen Objekt verknüpft, weil sie ohne einander nicht vorstellbar sind, sondern weil sie ohne einander nicht wirklich sind; da nun dieses einen Grund haben muß, so müssen sie ohne einander in einem unendlichen Vorstellungsvermögen nicht vorstellbar, und daher nicht wirklich seyn können. Ein unendliches Vorstellungsvermögen denkt z.B. einen Menschen nicht wie ein Endliches, noch, von der einen Seite unvollständigen, von der andern Seite aber unwesentlichen Merkmalen, sondern so wie wir z.B. ein Dreieck denken.

Diejenige Merkmale eines Objekts der Natur, die, weil sie von keinem Vorstellungsvermögen überhaupt ohne einander vorstellbar sind, von einem unendlichen Vorstellungsvermögen zu einem einzigen [55]Objekt verknüpft werden, machen das Prinzip dieses Objekts aus.

Eben so wie das wirkliche Koexistiren mehrerer Merkmale eines Objekts in ihrem idealischen Koexistiren im unendlichen Vorstellungsvermögen seinen Grund hat, so muß auch die regelmäßige Sukzession verschiedener Objekte aufeinander darin seinen Grund haben, daß diese Objekte von dem unendlichen Vorstellungsvermögen im Verhältniß von Grund und Folge gedacht werden, welches der Grund von der zwischen ihnen bemerkte Kausalität, d.h. der Folge in der Zeit nach einer Regel ist.

Das Beispiel wodurch der V. den Begriff von Prinzip zu erläutern sucht, ist vielleicht das Einzige in seiner Art. Denn da wir von den Merkmalen eines Objekts der Natur selbst, eine sehr unvollständige Erkenntniß haben, so können wir auch die Nothwendigkeit ihrer Verknüpfung durch kein einziges Beispiel von irgend einem bestimmten Objekt darthun (z. B. die nothwendige Verknüpfung zwischen Vernunft und dem auf einer gewissen Art organisirten menschlichen Körper.) Dahingegen wir die nothwendige Verknüpfung zwischen Materie und Form in einem Objekt der Natur überhaupt wohl einsehen können.

»Nachdem wir den Unterschied zwischen Ursache und Prinzip festgesetzt haben, müssen wir in Absicht dieser Begriffe selbst das Nähere zu bestimmen suchen.«

[56]

Nachdem der V. die Erklärung von Ursache und Prinzip und ihre Unterscheidung von einander vorausgeschickt hat, will er nun die Eintheilung derselben in verschiedenen Arten, nach verschiedenen Rücksichten, vornehmen.

»Was verstehen wir unter einer ersten würkenden Ursache; was unter der mit ihr unzertrennlich verknüpften Formalen; was endlich unter der Endursache, welche die würkende in Bewegung setzt?«

Diese viererlei Ursachen sind in einem jeden künstlichen durch Handlung eines mit Erkenntnißvermögen begabten Wesens offenbar. Ein Haus z.B. setzt erstlich eine materielle Ursache, nehmlich das Daseyn der Materie, woraus das Haus gebaut ist (Holz, Steine u.d.g.) Zweitens eine würkende Ursache, die physische Kraft, wodurch es hervorgebracht wird. Drittens eine formelle Ursache, ein Erkenntnißvermögen, das sich unter andern die Form des Hauses vorstellt, und letztlich die Endursache, eben dasselbe Erkenntnißvermögen das sich den Zweck der durch das Haus erlangt werden soll (darin zu wohnen) vorstellt, voraus. In den Produkten der Natur treffen wir gleichfals Materie, Form und Zweckmäßigkeit an. Was sich daraus in Ansehung dieser vier Ursachen schließen läßt, soll im Folgenden erörtert werden.

»Was die würkende Ursache betrifft, so weiß ich von keinem andern allgemein und wirklich thätigen, das ist physisch würksamen Wesen, als jenem [57]allgemeinen Verstand, der ersten und vornehmsten Kraft, der Weltseele, welche sich als die allgemeine Form des Weltalls zu erkennen giebt. Alles ist von dieser Kraft erfüllt; sie erleuchtet das Universum; weiset die Natur an, wie sie ihre Werke verrichten soll; und verhält sich zu der Hervorbringung der natürlichen Dinge, wie die denkende Kraft des Menschen sich zu der Hervorbringung der Begriffe verhält. Die Pythagoräer nannten diesen allgemeinen Verstand den Reger und Beweger des Alls; die Platoniker, in einem ganz ähnlichen Sinne, den Werkmeister der Welt; die Magier, den Saamen aller Saamen, weil er die Materie mit der Unendlichkeit ihrer Formen beschwängert. Orpheus nannte ihn das Auge der Welt, weil er alles durchschaut, um den Dingen von innen und von außen Ebenmaaß und Haltung zu ertheilen; Empedokles, den Unterscheider, weil er nie ermüdet die verworrenen Gestalten im Schooße der Materie zu sondern, und aus dem Tode neues Leben zu erwecken. Vater und Erzeuger war er dem Plotin, weil er die Saamen auf den Acker der Natur ausstreut, und aus seiner Hand alle Formen zuletzt unmittelbar hervorgehen. Mir erscheint er als ein innerlicher Künstler, weil er von innen die Materie bildet und gestaltet. Aus dem Innern der Wurzel oder des Saamkorns sendet er die Sprosse hervor; aus der Sprosse treibt er die Aeste, aus den Aesten die Zweige, aus den Innern der [58]Zweige die Knospen. Das zarte Gewebe der Blätter, der Blumen, der Früchte, alles wird innerlich angelegt, zubereitet und vollendet. Und von innen ruft er auch wieder zurück seine Säfte aus den Früchten und Blättern zu den Zweigen; aus den Zweigen zu den Aesten; aus den Aesten zu dem Stamm; aus dem Stamme zur Wurzel. — Wie hier in der Pflanze, so im Thiere, so in Allem.«

Die Vorstellung von einer Weltseele als ein intelligibiles Wesen das die höchste würkende Formelle und Endursache aller Objekte der Natur ist, kann in verschiedener Rücksicht als wahr und als falsch erklärt werden. Die Objekte der Natur haben ausser der ihnen gemeinschaftlichen absoluten Materie (materia prima) noch besondere Formen die besondern Zwecken gemäß sind, und sich einander wechselseitig bestimmen. Die Form muß schon vor ihrer Verknüpfung mit der Materie an sich möglich seyn (nach dem bekannten ontologischen Satze: was an sich unmöglich ist, ist auch in Verbindung unmöglich) d.h. ihre Merkmale müssen sich einander nicht widersprechen. Sie setzt also ein denkendes Wesen, das den Grund oder die Vorstellung dieser Möglichkeit enthält, als Ursache, voraus. Sie muß auch in Verbindung mit der Materie möglich seyn, sonst ist ihre Möglichkeit an sich blos logisch aber nicht reel, d.h. in einem Objekt darstellbar. Sie setzt also nicht blos ein denkendes sondern auch ein erkennendes Wesen als Ursache vor-[59]aus. Da aber mehrere Formen zugleich von diesen Wesen als möglich erkannt werden, so setzt die wirkliche Verknüpfung einer bestimmten Form mit der Materie, (die an sich auch eine andere Form hätte annehmen können) dieses Wesen auch als würkende Ursache voraus. Nun aber ist diese Verknüpfung nicht nach bloßer Willkühr (die vom Zufalle nicht unterschieden ist) sondern gewissen Zwecken gemäß. Dieses setzt dieses Wesen als ein vernünftiges nach Zwecken handelndes Wesen d.h. als Endursache voraus. Wir werden also nach dem bekannten Grundsatz: alles hat seine Ursache, auf die Vorstellung einer absoluten ersten Ursache geleitet.

Da aber die erste Ursache von uns blos durch ihr Verhältniß zu den Objekten der Natur vorgestellt, nicht aber durch innere Merkmale an sich als Objekt dargestellt werden kann, so ist diese Vorstellung nur in so fern wahr, und zur grenzlosen Erweiterung unserer Naturerkenntniß brauchbar, als man sie blos durch ihr Verhältniß zu den Objekten der Natur bestimmt. Bestimmt man sie hingegen mit andern Objekten, worin dieses Verhältniß statt findet, analogisch, durch die, diesen Objekten zukommenden Merkmale, so wird sie antropomorphistisch und folglich falsch.

Hier ist die größte Klippe, woran die Schwärmer, die den Unterschied dieser Vorstellungsarten nicht einsehen, scheitern müssen, und wofür sich [60]Philosophen nicht genug in Acht nehmen können. — Jene begnügen sich nicht blos damit die Welt d.h. alle Objekte der Natur als ein verbundenes Ganzes auf eine Ursache überhaupt zu beziehen, sondern sie suchen diese Ursache nach Analogie der menschlichen Seele, als Objekt zu bestimmen. Die verschiedenen Arten die menschliche Seele vorzustellen, darbieten ihnen eben so viele Arten diese Weltseele vorzustellen.

Die Materialisten welche die Existenz der Seele, als Objekt an sich leugnen, und sie blos für eine Harmonie in der körperlichen Organisation ausgeben, leugnen auch die Existenz dieser Weltseele als Objekt an sich, sie lassen alles auf eine zufällige Art, aus Materie und Bewegung entstehen. Die Form ist nach ihnen nichts anders als eine besondere zufällige körperliche Zusammensetzung. Die beobachtete Zweckmäßigkeit gleichfals blos scheinbar, und eine Würkung des Zufalls. Der Zufall ist also nach ihnen die würkende, formelle, und Endursache.

Die Idealisten welche die Existenz ihres Körpers leugnen, und ihn blos für eine Modifikation ihres Vorstellungsvermögens ausgeben, sind in Absicht des Weltalls Monadisten. Sie leugnen die Existenz der Materie als Objekt an sich, und halten die scheinbare Existenz desselben für eine Folge von der Einschränkung unserer Erkenntniß. Die würkende, formelle, und Endursache ist nach ihnen eine unendliche Monade.

[61]

Die Dualisten welche sowohl die Existenz des Körpers als der Seele an sich annehmen, nehmen auch in Absicht des Weltalls ein unendliches intelligibiles Wesen als würkende, formelle, und Endursache an. Wie aber dieses intelligibiles Wesen zugleich materielle Ursache (Ursache der Materie) seyn kann? ist freilich schwer durch Analogie begreiflich zu machen. Doch kann uns selbst unser Erkenntnißvermögen in Absicht auf die Objekte der Mathematik einigermaßen die Möglichkeit davon begreiflich machen. Raum als die Materie dieser Objekte, wird so gut als alle Verhältnisse im Raume in den Objekten der Mathematik, vom Erkenntnißvermögen selbst hervorgebracht. — Wir können also problematisch ein intelligibiles Wesen annehmen, das sich zu allen Objekten der Natur überhaupt, wie unser Erkenntnißvermögen zu den Objekten der Mathematik verhält. —

»Diese lebendigen Werke: sollten sie hervorgebracht seyn ohne Verstand und Geist, da unsere leblosen Nachahmungen auf der Oberfläche der Materie beides schon erfordern? — Wie unendlich muß nicht dieser Künstler der inwendige Allgegenwärtige, über uns erhaben seyn; Er der nie ausschließend Stoff oder Gegenstände wählt, sondern unaufhörlich, und in Allem alles würket.«

Dieses kann nach Leibnizens Monadenlehre und der Harmonie praestabilita auf folgender Art erklärt werden.

[62]

Das unendliche Vorstellungsvermögen stellt sich alle mögliche Dinge aufs deutlichste vor. Da wir nun diesem System zufolge, von keiner andern Substanz eine Vorstellung haben, als von unserm Ich oder Vorstellungsvermögen selbst (denn die körperlichen Substanzen sind diesem Systeme zufolge nur Scheinsubstanzen) so sind alle mögliche Dinge als Substanzen nichts anders als alle mögliche Vorstellungsvermögen. Diese sind wiederum nichts anders als das unendliche Vorstellungsvermögen auf unendliche Arten eingeschränkt. Dieses unendliche Vorstellungsvermögen stellt also sich selbst auf alle mögliche Arten eingeschränkt vor. Die Vorstellungen eines unendlichen Vorstellungsvermögens sind zugleich Darstellungen, d.h. sie erhalten dadurch daß sie Vorstellungen sind Objektive Realität ausser demselben. Ein jedes Objekt der Natur, d. h. ein jedes als Substanz existirendes Vorstellungsvermögen ist also wie Leibniz sich ausdrückt ein Spiegel des Universums, weil es, ob zwar in Ansehung der Intension, auf eine eingeschränkte Art, das ganze Universum vorstellt. Der Künstler des Universums würkt also alles in Allem. —

»Wir haben aber dreierlei Verstand zu unterscheiden. Den Göttlichen, welcher alles ist; — den Verstand des Weltalls, welcher alles hervorbringt; — den Verstand der einzelnen Dinge, in welchem alles hervorgebracht wird. Zwey Extreme; und in der Mitte die wahre würkende, so-[63]wohl äusserliche als innerliche Ursache. Aeusserliche, weil sie als efficiente Ursache nicht zu den zusammengesetzten und hervorgebrachten Dingen als ein Theil derselben gerechnet werden kann, folglich als ausser ihnen betrachtet werden muß. Innerliche, weil sie weder an noch ausser der Materie geschäftig, sondern durchaus nur von innen thätig ist.«

Diese Unterscheidung der dreierlei Arten von Verstand oder Vorstellungsvermögen überhaupt, ist ungeachtet der Dunkelheit worin der V. sie einhüllet, von großer Wichtigkeit. Es verlohnt also die Mühe wenn ich mich hiebei ein wenig aufhalte.

Die menschliche Seele wird mit Recht, in höhern und niedrigern Seelenvermögen eingetheilt. Jene sind die intelligibilen Seelenvermögen, Verstand und Vernunft, die blos die Formen der Erkenntniß, oder die verschiedene Arten das gegebene Mannigfaltige in eine Einheit des Bewußtseyns zu bringen, liefern; Diese sind die Vermögen der Sinnlichkeit; Empfindung, Einbildungskraft. Diese liefern den Stoff, das gegebene Mannigfaltige. Jene verbinden und trennen dieses Mannigfaltige nach Gesetzen der Sinnlichkeit. Die höhern Seelenvermögen sind im höchsten Grade thätig, indem die Verbindung und Trennung der Vorstellungen durch dieselbe ohne Zeit, d.h. in einem beliebigen Zeitpunkt geschieht. Die Vorstellungen selbst folgen aufeinander in der Zeit, das Urtheil über ihr Verhältniß zu einander hingegen muß in [64]einem untheilbaren Moment geschehen. Aber sie sind blos in sich thätig, und man kann nicht von ihnen sagen: sie sind auf die Vorstellungen würkend. Denn würken heißt, Veränderungen in der Zeit hervorbringen. Die höhere Seelenkräfte aber würken nicht in der Zeit; sie bringen die Formen der Erkenntniß nicht hervor, sondern diese inhäriren in ihrem Wesen auf eine nothwendige Art. Die Sinne und die Einbildungskraft müssen die Vorstellungen worauf diese Formen angewendet werden sollen, in einer Zeitfolge herschaffen. Die Anwendung der Formen auf dieselbe aber geschieht auf eine nothwendige Art, ohne Zeit.

Die Empfindung verhält sich blos leidend, indem sie das gegebene Mannigfaltige blos aufnimmt.

Also nur die Einbildungskraft ist in gewisser Rücksicht würkend, indem sie das gegebene Mannigfaltige (die Vorstellungen) nach ihren eigenen Gesetzen verbindet und trennet.

Auf eben der Art kann von dem unendlichen Vorstellungsvermögen nicht gesagt werden, es würkt (bringt hervor) alles d.h. seine Vorstellungen, weil diese seinem Wesen nothwendig sind; sondern es ist alles. — Das menschliche eingeschränkte Vorstellungsvermögen ist nicht alles was es seyn kann auf einmal, sondern dieses wird in ihm nach und nach hervorgebracht. Die Weltseele als ein Vorstellungsvermögen das zwar alle mögliche Vor-[65]stellungen wirklich macht. Aber nicht auf einmal, sondern in einer Zeitfolge ist also die wahre würkende Ursache. —

»Ich gehe zu der mit der würkenden oder efficienten Ursache verknüpften formalen über, welche von dem idealen Grund, oder der Endursache nicht wohl getrennet werden kann. Denn eine jede Handlung, welche mit und durch Verstand geschehen soll, setzt ein Vorhaben zum voraus, dem eine Hinsicht auf Etwas zum Grunde liegt. Dieses Etwas ist aber nichts anders, als die Form derjenigen Sache welche zu Stande kommen soll. In jenem Verstande also, welcher die Kraft hat, alle Arten der Dinge hervorzubringen, und mit der herrlichsten Kunst das Vermögen der Materie im Wirklichen darzustellen, müssen nothwendig alle jene Dinge, nach einem gewissen formalen Grunde, früher schon vorhanden seyn. Eine zwiefache Form muß daher durchaus angenommen werden; einmal diejenige, welche Ursache, aber noch nicht zu Wirklichkeit bestimmende Ursache ist; alsdenn die andere, welche den Gegenstand aus der Materie wirklich jetzt entstehen läßt. Der Zweck der würkenden Ursache, oder die Endursache überhaupt, ist die Vollkommenheit des Universums, welche darin besteht, daß in den verschiedenen Theilen der Materie alle Formen zum wirklichen Daseyn gelangen: und in diesem Zwecke gefällt und ergötzt sich der Verstand so sehr, daß er nie müde wird, neue [66]Gattungen der Form aus der Materie zu erwecken; welches auch die Meinung des Empedokles gewesen zu seyn scheint. Ich füge noch hinzu, daß wie die würkende Ursache im Universum allgemein; in jedem Einzelnen aber und seinen Theilen auch besonders gegenwärtig ist: dasselbige in Absicht ihrer Form und ihres Zweckes statt finde.«

Wer mit dem Unterschied zwischen beiderlei Arten, nehmlich der transzendentalen und empyrischen Konstruktion der Objekte der Mathematik nicht unbekannt ist, der wird auch den Unterschied zwischen den beiderlei Arten von Formen, wovon der V. spricht, leicht begreifen.

»Da ich von dem Verstande, als einer Eigenschaft der Weltseele, gezeigt habe, er sey der nächste und letzte Hervorbringer aller natürlichen Dinge; so ist damit zugleich bewiesen, daß Form und würkende Ursache nicht zwei von einander eigentlich verschiedene Dinge, sondern gewissermaßen dieselbige sind: eine Einsicht, welche uns der Erkenntniß der Prinzipien, als des innersten Grundes der Dinge, schon um vieles näher führt.

Hier müssen wir nun gleich eine Frage, welche aus der behaupteten Identität der würkenden und formellen Ursache entsteht, zu beantworten suchen; diese nehmlich: wie ist es möglich, daß ein und dasselbe Wesen, nehmlich die Weltseele, zugleich innerlicher und äusserlicher Grund, Prinzip und Ursache seyn könne?

[67]

Eine Vergleichung wird uns zu der Auflösung verhelfen. Wie ein Bootsmann in seinem Schiffe, so befindet die Seele sich in ihrem Körper. Der Bootsmann, in so fern er mit seinem Schiffe einerlei Bewegung hat, macht einen Theil der ganzen bewegten Masse aus. Betrachten wir ihn aber in so fern er diese Bewegung verändert, so erscheint er als ein Unterschiedenes, für sich würkendes Wesen. Desgleichen die Weltseele. In so fern sie das Universum durchströmt, nur Ein Leben, nur Eine allgemeine Form ist, kann man sie als einen innerlichen, nehmlich, den formellen Theil des Weltalls betrachten. In so fern sie aber alle andere Formen bestimmt, einrichtet, und ihre wechselnden Verhältnisse gebiert, kann sie nicht als ein Theil, nicht als Prinzip betrachtet werden, sondern sie ist Ursache.«

Siehe Anmerkung a).

»Wenn alles belebt, und die Seele eines jeden Dinges seine Form ist, so braucht man das Ganze nur nach der Analogie der Theile zu denken, um bei der Identität der würkenden, formellen und idealen Ursache keine Schwierigkeit zu finden. Aber wir haben, ich weiß nicht was für eine Abneigung, die Welt als ein durch und durch lebendiges Wesen anzusehen; da wir uns doch eine Form, die nicht Würkung, nicht unmittelbarer oder mittelbarer Ausdruck einer Seele wäre, eben so wenig, als etwas überhaupt ohne Form gedenken können. [68]Bilden kann allein der Geist. Dinge der Kunst die nur mittelbare Würkungen des Geistes sind, für lebendige Formen auszugeben, wäre freilich abgeschmackt und lächerlich. Mein Tisch ist als Tisch, meine Kleidung als Kleidung nicht belebt; Da sie aber ihren Stoff aus der Natur haben, so bestehen sie aus lebendigen Theilen. Kein Ding ist so gering und klein, daß nicht Geist in ihm wohnte; und diese geistige Substanz bedarf nur eines schicklichen Verhältnisses, um sich als Pflanze auszubreiten, oder als Thier zu den Gliedern irgend eines regen Leibes zu gelangen. Daraus aber daß in der Natur alles bis zum kleinsten Theile aus Materie und Form besteht, und nichts unbelebt ist, folget noch keinesweges, daß alles was ist, eine thierische Natur oder ein lebendiges Wesen sey. Nicht alle Dinge, welche Seele haben, sind darum, was wir beseelte Wesen nennen. Aber alle besitzen der Substanz nach Seele und Leben; nur sind nicht alle im wirklichen Genuß des Lebens und der Anwendung der Seele.«

Dieses stimmt mit Leibnizens Monadologie aufs genaueste überein.

»Ich werde auf diese Materie zurückkommen, und dann ausführlicher von dem Verstande, dem Geiste, der Seele, dem Leben reden; dem Leben, welches alles durchdringt, in allem ist, alle Materie bewegt, ihren Schooß erfüllt, und sich dieselbe unterwirft. Denn die geistige Substanz kann nicht [69]von der materiellen überwunden werden; sondern diese wird vielmehr von jener beherrscht.

Principio caelum ae terras camposque liquentes Lucentemque globum lunae, Titaniaque astra Spiritus intus alit, totamque infusa per artus Mens agitat molem, magno se corpore miscet.«

Auch dieses stimmt mit Leibnizens Meinung aufs genaueste überein. Ich will mich daher dabei nicht aufhalten.

»Wenn also Geist, Seele, Leben sich in allen Dingen wieder findet, und, nach Graden, was Wesen hat, davon erfüllt ist: so muß dieser Geist auch die wahrhafte Form aller Dinge und ihre Kraft seyn. Dem Wandel und dem Untergange sind allein die äusserlichen Formen unterworfen, welche nicht Dinge, sondern von dem Dinge sind; nicht Substanzen sondern Beschaffenheiten und Umstände derselben.

Morte carent animae, domibus habitantque receptae

Omnia mutantur nihil interit.«

Auch nach Leibnitz sind nur die peripathetischen Formen oder Kräfte wahre Substanzen. Die äussern Formen hingegen sind blos ihre Phänomene.

[70]
II. Von dem maternellen Prinzip überhaupt: hernach insbesondere. Von dem materiellen Prinzip als Potenz betrachtet.

»Demokritus und die Epikuräer, welche behaupten, was nicht Körper sey, sey nichts, nehmen die Materie als den einzigen Grund der Dinge an und sagen: sie selbst sey die göttliche Natur. Auch die Cyrenaiker, Cyniker und Stoiker, halten die Formen für nichts anders als gewisse zufällige Beschaffenheiten der Materie. Ich selbst habe dieser Meinung lange angehangen, weil ihre Gründe sich weit besser aus der Natur, als die Aristotelischen herleiten und beweisen lassen. Nachdem aber mein Gesichtskreis sich erweitert hatte, und ich nun anfieng, der Sache reiflicher nachzudenken; schien es mir dennoch nothwendig, zwey Arten der Substanz anzunehmen, wovon die eine Form, die andre Materie wäre. Denn eben so wie eine höchste Kraft angenommen werden muß, woraus das würksame Vermögen aller andern Kräfte fließt; so muß auch ein entsprechendes Subjekt, welches eben so viel leiden, wie jenes würken kann, schlechterdings angenommen werden. Das Vermögen des Einen ist, zu bestimmen; das Vermögen des Andern, sich bestimmen zu lassen.«

Hier gerathen die Methaphysiker die (aus Gallanterie) der Theologie den Hof machen wollen, ziemlich ins Gedränge. Die Frage ist: wie ist [71]die Materie entstanden? Das allervollkommenste Wesen das sie als die höchste Intelligenz bestimmen, kann blos als würkende, formelle und Endursache, keinesweges aber als materielle Ursache betrachtet werden. Die Allmacht sagen sie, hat die Materie aus nichts hervorgebracht. Aber der Begriff dieser Allmacht selbst, ist blos problematisch und kann von uns auf keinerlei Weise dargestellt werden. Er hat also keine objektive Realität. Es ist uns hier nicht blos um die Grösse der Würkung, sondern um die Würkungsart gelegen. Ich kann mir allerdings eine Kraft von bestimmter Würkung vorstellen, die größer als jede gegebene Kraft ist, aber nicht eine Kraft als Objekt bestimmen, von deren Würkung ich nicht (ausser den transzendentalen Begriff von Ursache und Substanz) den mindesten Begriff habe. Leibniz erklärt sich nicht darüber geradezu, aber aus seinem System läßt sich seine Meinung hierüber leicht errathen. —

Plato behauptet die Materie ist von dem sie regierenden Geiste unzertrennlich, und folglich gleich ihm ewig. Sie ist der Stoff woraus er alles nach Belieben hervorbringt. Dieser Meinung ist auch der V. zugethan.

Wir können uns die Würkungsart dieser höchsten Intelligenz nicht anders als eine Konstruktion a priori denken, d.h. so daß nicht blos, wie in einer Konstruktion a posteriori, die Form a priori in einer empyrischen Materie dargestellt, [72]sondern selbst schon in einer Materie a priori vorgestellt wird. Doch sind die Wege Gottes von den unsrigen verschieden. —

»Wenn man die Materie von der Form absondern will, um sie besonders zu betrachten; so pflegt man von einer Vergleichung mit den Werken der Kunst auszugehen. Auf diese Weise sehen wir die Pythagoräer, die Platoniker, und die Peripatetiker verfahren. Das erste beste Handwerk kann hier zum Beispiel dienen. So liegt den Arbeiten des Tischlers, das Holz; den Arbeiten des Schmiedes das Eisen zum Grunde. Jeder bringt aus einem und immer nur demselben, aber seiner Kunst besonders geneigten Stoffe, eine Mannigfaltigkeit verschiedener Dinge hervor, deren Gestalt, Art, Beschaffenheit und Gebrauch zwar nicht aus der Natur und dem Eigenthümlichen des Stoffes hergeleitet werden kann; aber welche doch auch schlechterdings nicht durch die Kunst allein und bloß für sich bestehen könnten. Eben so verhält es sich in Absicht der Natur; doch mit dem wichtigen Unterschiede, daß die Kunst eine schon gebildete und mannigfaltige Materie, deren bloße Oberfläche sie verändert, aus den Händen der Natur empfängt. Die Natur würket aus dem Mittelpunkte gleichsam ihres Gegenstandes, einer durchaus formlosen Materie; und dieser subjektive Gegenstand ist nur ein einziger und einfacher, dem sie alle seine Verschie-[73]denheiten und Bestimmungen durch die Form erst geben muß.

Aber dürfen wir eine solche formlose Materie annehmen, wenn wir sie nirgend finden, und kein Mittel haben, uns von ihrer Realität zu überzeugen? — Wir dürfen es keinesweges. Fehlt es uns aber darum an einem Mittel die Farben wahrzunehmen, weil wir nicht das Ohr dazu gebrauchen können? Freilich, um das von dem Subjekt der Kunst so ganz verschiedene Subjekt der Natur wahrzunehmen, bedarf es eines andern, als des äusserlichen Sinnes: es wird nur durch das Auge der Vernunft erblickt, dem es aber nicht entgehen kann.

Wie sich die Form der Kunst zu der Materie der Kunst verhält; so verhält sich, unter der gehörigen Einschränkung, auch die Form der Natur zu der Materie der Natur. Welche unzählige Menge von Verwandlungen sehen wir nicht die Kunst mit einer einzigen Materie vornehmen! Hier liegt der gefällte rohe Stamm; dort stehet ein ausgeschmückter, mit dem kostbarsten Geräthe angefüllter Pallast. Aehnliche Verwandlungen zeigt uns die Natur. Was erst Saamen war, wird Gras, hierauf Aehre, alsdann Brodt — Nahrungssaft — Blut — thierischer Saamen — ein Embrio — ein Mensch — ein Leichnam; dann wieder Erde, Stein, oder andere Masse, und so fort. Hier erkennen wir also Etwas, welches sich in alle diese [74]Dinge verwandelt, und an sich immer eins und dasselbe bleibt. Es kann also weder Körper seyn, noch zu dem gehören, was wir Eigenschaften, Beschaffenheiten oder Qualitäten nennen; denn diese sind veränderlich und gehen von einer natürlichen Form in die andere über: es kann folglich auch nicht körperlich und sinnlich dargethan werden.

Da nun aber, diesem zufolge, alle natürliche Formen aus der Materie hervorgehen, und in dieselbe zurückkehren; so scheint wirklich nichts beständig, ewig, und des Namens eines Prinzips würdig zu seyn, als allein die Materie. Die Formen können ohne die Materie, die sie aus ihrem Schooße hervorgehen läßt, und wieder darin aufnimmt, nicht bestehen; dahingegen die Materie immer dieselbige, und immer eben fruchtbar bleibt. Darum sind nicht wenige, nachdem sie dem Grunde der natürlichen Formen lange nachgedacht hatten, zuletzt auf den Gedanken gerathen, es wären diese Formen bloße Zufälligkeiten, Beschaffenheiten und Umstände der Materie. Der Materie allein müsse folglich Realität, Vollkommenheit und wirkliches Vermögen zugeschrieben werden; keinesweges aber solchen Dingen, welche deutlich zu erkennen geben, daß sie weder Substanz, noch Natur; sondern nur Dinge der Substanz und der Natur sind. Dieser Lehre, welche die Materie zu einem nothwendigen, ewigen und göttlichen Prinzip macht, war auch [75]der Peripatetische Maure Avikab zugethan, der sie den Gott nennt, in welchem alle Dinge sind.«

Die Materie muß nothwendig als Subjekt und die Form als Prädikat betrachtet werden, weil die Form blos in der Materie, diese hingegen auch ohne die Form vorstellbar ist. So wie z.B. in einem Dreieck Raum als Subjekt, und die drei Linien worin es eingeschlossen ist, als Prädikat, aber nicht umgekehrt betrachtet werden muß, weil Raum auch an sich ohne Bestimmung der drei Linien, diese aber nicht ohne Raum vorstellbar sind.

»Wirklich muß man in diesen Irrthum gerathen, wenn man nur eine zufällige Form, eine Form der zweiten Gattung, und nicht jene nothwendige, ewige und erste, welche aller Formen Form und Quelle ist, erkennt, die wir mit den Pythagoräern das Leben und die Seele der Welt genannt haben.

Aber diese erste allgemeine Form, und jene erste allgemeine Materie: wie sind sie vereinigt, unzertrennlich; verschieden — und dennoch nur Ein Wesen? Dieses Räthsel müssen wir nun aufzulösen suchen.

Das Prinzip, welches Materie heißt, kann auf zweierlei Weise betrachtet werden. Einmal, als Potenz; hernach, als Subjekt. Wenn wir sie als Potenz betrachten, fallen alle mögliche Wesen auf eine gewisse Weise unter ihren Begriff; und die Pythagoräer, Platoniker, Stoiker und andere haben sie aus dieser Ursache nicht weniger zu den [76]übersinnlichen, als zu den sinnlichen Dingen gerechnet. Wir sehen die Materie nicht ganz so an, wie diese Weltweisen, sondern machen uns von ihr, als Potenz, einen höheren und mehr entwickelten Begriff.«

Hier ist der Ort wo ich mich über die sonst schwankende Begriffe von Materie und Form und ihr Verhältniß sowohl zu einander, als zum Erkenntnißvermögen umständlich erklären muß.

Dem Sprachgebrauche zufolge ist Materie das mehreren Objekten Gemeinschaftliche, welches in einem jeden auf eine besondere Art bestimmt wird. Form aber die besondere Bestimmung eines jeden, wodurch es ein besonderes von dem Uebrigen verschiedenes Objekt ist. Dieses Gemeinschaftliche wird aber entweder analytisch oder synthetisch gefunden. Im ersten Fall werden die Objekte in ihren wesentlichen Merkmalen zerlegt, aus diesen werden diejenigen Merkmale, worin sie von einander verschieden sind, abgesondert, und blos das allen Gemeinschaftliche (das sich alsdann von selbst ergiebt) beibehalten. So verfährt man wenn man z.B. den allen Körpern gemeinschaftlichen Begriff von Körper überhaupt herausbringen will, indem man von den Merkmalen besonderer Körper abstrahirt, und blos das allen Gemeinschaftliche, Ausdehnung und Solidität beibehält.

Im zweiten Falle hingegen nimmt man den umgekehrten Weg. Man fängt von dem an sich denk-[77]baren an, und macht es durch verschiedene, ihm gleich mögliche Bestimmungen, zu ein mehreren Objekten Gemeinschaftliches. Man nimmt z.B. den Begriff von Raum, der schon an sich objektive Realität hat, und bestimmt ihn auf verschiedene Arten zu verschiedene Objekte (z.B. als Dreieck Zirkel u.d.g.) Das diesen Objekten Gemeinschaftliche, nehmlich der Raum ist hier nicht von denselben abstrahirt, sondern es wird vielmehr denselben vorausgesetzt, ohne welches sie nicht gedacht werden können. Im ersten Falle ist Materie und Form (in Ansehung unserer Erkenntniß) blos zufälligerweise verknüpft. Aus dem Begriff der Ausdehnung und Solidität werden wir nie die synthetische Möglichkeit des Goldes z.B. oder der besondern Bestimmung dieses allen Körpern Gemeinschaftliches durch gelbe Farbe u.d.g. herausbringen können. Wir erkennen dieselbe blos empyrisch. Im zweiten Falle hingegen hat die Verknüpfung von Materie und Form einen Grund a priori, nehmlich die unmögliche Denkbarkeit der Form an sich ausser ihrer Verknüpfung mit der Materie, so daß sie nicht als Subjekt sondern blos als Prädikat der Materie gedacht werden kann.

Das was auf den synthetischen Weg gefunden wird, kann auch auf den analytischen Weg gefunden werden; aber nicht immer auch umgekehrt. Man kann z.B. die Vorstellung des Raumes auch dadurch erhalten, daß man von allen möglichen ma-[78]thematischen Figuren, das wodurch sie sich von einander unterscheiden abstrahirt, und das ihnen Gemeinschaftliche beibehält. Dahingegen können wir nicht das allen Körpern Gemeinschaftliche so bestimmen, daß wir auf den synthetischen Weg daraus alle Körper darstellen könnten. —

Doch obschon wir dieses nicht können, so müssen wir es doch in Beziehung auf ein höheres Erkenntnißvermögen als das unsrige ist, voraussetzen, weil sonst die von uns erkannte regelmäßige Verknüpfung der allgemeinen Merkmale von Körper überhaupt (Ausdehnung und Solidität) mit dem spezifischen (gelbe Farbe) im Golde unerklärbar wäre.

Dieses synthetische Gemeinschaftliche ist also von dem von uns gefundenen analytischen Gemeinschaftlichen (das blos eine Folge von Jenem seyn kann) ganz verschieden. Jenes ist Prinzip (Entstehungsgrund) des Eigentümlichen. Dieses hingegen blos Subjekt; oder Jenes ist das reelle, dieses aber das blos logische Subjekt des Eigenthümlichen. Daß der Tisch viereckigt ist, ist blos zufällig. Tisch und Viereck stehen nicht in einem reellen, sondern in einem blos logischen Verhältniß von Subjekt und Prädikat. Daß aber Raum in vier Linien eingeschlossen werden kann, ist wesentlich, weil Raum auch an sich, vier Linien hingegen ohne Raum nicht denkbar sind. Raum und vier Linien stehen nicht in einem blos logischen, sondern auch in einem reellen Verhältniß von Subjekt und [79]Prädikat. Da aber der Raum, obschon er das Viereck möglich macht, dennoch dasselbe nicht hervorbringt, so ist Raum blos das materielle Prinzip des Vierecks, das Erkenntnißvermögen selbst aber das würkende Prinzip desselben. Diese beide sind aber nothwendig verknüpft und können nicht ohne einander statt finden. Das Erkenntnißvermögen kann seine Formen nur in eine von ihm unzertrennliche Materie a priori darstellen. So weit glaube ich ist es zur Erläuterung der tiefsinnigen aber äusserst dunklen Gedanken des V. hinreichend.

»Gewöhnlich theilt man die Potenz, oder das Vermögen, in ein aktives und ein passives ein. Ich lasse den aktiven Modum bei Seite, um bei dem passiven zu bemerken, daß man, um ihn nach der Wahrheit zu betrachten, ihn rein und absolut betrachten müsse.

Nun ist es unmöglich, irgend einer Sache Daseyn beizumessen, welcher das Vermögen da zu seyn gebräche. Letzteres bezieht sich aber so ausdrücklich auf den aktiven Modum; daß hieraus sogleich erhellet, wie der eine ohne den andern nicht seyn kann, sondern beide sich einander gegenseitig voraussetzen. Wenn also von jeher ein Vermögen zu würken, hervorzubringen, zu erschaffen da war, so mußte auch von jeher ein Vermögen bewürkt, hervorgebracht, und erschaffen zu werden da seyn. Der Begriff der Materie, als eines passiven Wesens, auf diese Weise gefaßt, läßt sich mit dem Be-[80]griffe des höchsten übernatürlichen Prinzips, ohne Bedenken vereinigen, und nicht allein alle Philosophen, sondern auch alle Gottesgelehrte müssen ihre Stimme dazu geben. Die vollkommene Möglichkeit des Daseyns der Dinge, kann vor ihrem wirklichen Daseyn nicht vorhergehen, und eben so wenig nach demselben überbleiben.«

Die vollkommene Möglichkeit ist nicht blos der Mangel eines Widerspruchs die logische conditio sine qua non, sondern der synthetische Grund eines Objekts, das immer ein Daseyn voraussetzt.

»Wenn es eine vollkommene Möglichkeit wirklich zu seyn, ohne wirkliches Daseyn gäbe, so erschaften die Dinge sich selbst, und wären da, ehe sie da wären. Das erste und vollkommenste Prinzip fasset alles Daseyn in sich; kann alles seyn, und ist alles. Wenn es nicht Alles seyn könnte, so wär' es auch nicht alles. Thätige Kraft und Potenz, Möglichkeit und Würklichkeit, sind in ihm also ein unzertrennliches und unzertrennbares Eins. Nicht so die andern Dinge, welche seyn und nicht seyn, so oder anders bestimmt werden können. Jeder Mensch ist in jedem Augenblicke, was er in diesem Augenblicke seyn kann; aber nicht alles, was er überhaupt und der Substanz nach seyn kann. Was alles ist, was es seyn kann, ist nur ein Einziges, welches in seinem Daseyn alles andere Daseyn begreift. Die übrigen Dinge sind nur was sie sind, und jedesmal seyn können, einzeln, besonders, in [81]einer gewissen Ordnung und Folge. Also ist ein jedes Vermögen eine Handlung, welche im Prinzip eingewickelt, ungetrennt, die einfache Handlung des Prinzips selbst ist, welche in den Dingen entwickelt, zerstreut und vervielfältiget erscheint.«

Wenn der Begriff eines Dinges so gefaßt wird, daß man den Grund seiner Synthesis einsieht, so hat man die vollkommene Möglichkeit oder die objektive Realität desselben. Diese Möglichkeit läßt der Wirklichkeit nichts mehr übrig, weil alles andere Hinzugedachte zu dieser Synthesis nicht gehört. Siehet man hingegen den Grund der Synthesis nicht ein, und verbindet man blos deswegen mehrere Merkmale zu einem Objekt, weil sie sich analytisch nicht widersprechen, so ist die dadurch vorgestellte Möglichkeit des Objekts nicht vollkommen, weil man auf diese Art noch immer mehrere Merkmale, die die Erfahrung als mit den Vorigen wirklich verknüpft darbietet, hinzufügen muß. Also blos der Mangel einer solchen synthetischen Erkenntniß trennt die Wirklichkeit von der Möglichkeit eines Dinges, welche Trennung in Ansehung eines unendlichen Erkenntnißvermögens nicht statt finden kann. —

Ein Zirkel z.B. ist durch eine Konstruktion a priori vollkommen möglich, d.h. dieser Begriff hat schon vor aller Erfahrung objektive Realität. Was fehlt also noch zu seiner Wirklichkeit? Etwa daß er nicht mit Dinte aufs Papier gezeichnet ist. [82]Aber die schwarze Farbe der Dinte gehört nicht mit zum Begriff des Zirkels, und kann mit demselben in keiner reellen Synthesis gebraucht werden. Sie stehen blos in einem logischen nicht aber in einem reellen Verhältniß von Subjekt und Prädikat, weil sie beide ohne einander vorstellbar sind. Der Zirkel ist also durch seine Möglichkeit schon wirklich. Denke ich mir hingegen das Gold. Z.B., so, u.s.w.

»Das Universum, die unerzeugte Natur, ist ebenfalls alles was sie seyn kann in der That und auf Einmal; weil sie alle Materie nebst der ewigen unveränderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, überhaupt ihrer Aeusserlichkeit, ist sie schon nicht mehr was sie ist und seyn kann; sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem thätige Kraft und Potenz, Möglichkeit und Wirklichkeit Eins und dasselbe sind. Da kein Theil des expliciten Weltalls alles ist, was er seyn kann; wie sollte das aus lauter solchen Theilen bestehende Ganze die Vollkommenheit einer Natur ausdrücken, welche alles ist, was sie seyn kann, und nichts seyn kann, was sie nicht ist?

Unserm Verstande ist es unmöglich, jenes durchaus und schlechterdings thätige Vermögen, welches zugleich das schlechterdings und durchaus leidende Vermögen ist, zu fassen; wir begreifen weder wie [83]Etwas alles seyn kann, noch wie es alles ist; denn unsere ganze Erkenntniß ist nur eine Erkenntniß der Aehnlichkeit und des Verhältnisses, welche bei dem Unermeßlichen, Unvergleichbaren, schlechterdings Einzigen auf keine Weise kann angewandt werden. Wir haben kein Auge weder für die Höhe dieses Lichts, noch für die Tiefe dieses Abgrunds; worüber die heiligen Bücher, indem sie beide äusserste Enden zusammenfassen mit Erhabenheit sagen: Tenebrae non obscurabuntur a te. Nox sicut Dies illuminabitur. Sicut tenebrae ejus, ita et lumen ejus.«

Dieses mag als ein Beispiel zur Erläuterung meiner Gedanken von der höheren Schwärmerei hinreichend seyn. Hier siehet man, wie die produktive (dichterische) Einbildungskraft, alle andere Erkenntnißkräfte zur Würksamkeit über die Grenzen ihres Vermögens anspornt. Die Natureinheit die der Verstand erkennt, schaft sie zur höchsten Natureinheit, die sie nachher in der höchsten Einheit der Prinzipien idealisirt. Das Erkenntnißvermögen erhebt sich beständig über sich selbst, und fällt wiederum in seinen vorigen Zustand zurück. Daher die Verworrenheit im Vortrage der Gedanken, und das Bildliche im Ausdrucke. Daher das Bestreben die Gedanken auf verschiedene Arten darzustellen, und die Vermängung des Dichterischen mit dem Philosophischen.

[84]

Der grobe Schwärmer verräth einen Mangel des Erkenntnißvermögens, nicht die Idee von der höchsten Vollkommenheit des Gegenstandes an sich, sondern die dunkel wahrgenommene Beziehung desselben auf den Zustand seiner Empfindung spornet ihn zu Untersuchungen über denselben an. Der kalte, schulgerechte Philosoph verräth zwar keinen Mangel des sich auf bestimmte Objekte beziehenden Erkenntnißvermögens, aber doch einen Mangel an Genie. Der Schwärmer von der höheren Art ist ein Genie. Er findet in der schulgerechten Erkenntniß des Philosophen Spuren einer höheren Erkenntniß. Diese bestrebt er sich, ob zwar auf eine unvollkommene Art, darzustellen. Da nun diese Spuren viel tiefer im Erkenntnißvermögen liegen als jede bestimmte Erkenntniß, so ist es kein Wunder, wenn er zuweilen diese jenen aufopfert, und nach Leitung des Genies auf unbekannte Wege herumwandelt.

S. Maimon.

Erläuterungen:

a: Vorlage: Jacobi 1789, S. 261-287.

[85]

3.

Fragmente aus dem Tagebuche Weilers.

— — — l

am 26. Mai.

Sie liebt mich gewiß, gewiß! Warum sollte auch mir ein Geschöpf in der Welt Liebe lügen? — Aber was ist das, daß ich doch nicht so recht in dieser Ueberzeugung ruhig bin? Was will ich von ihr? Freilich hat sie einen Geist zur Intrigue der mir — sonst sehr willkommen gewesen wäre — und jetzt! — Warum kann man nicht immer derselbe seyn? Und wie könnte sie, auf der andern Seite mir das seyn, was sie ist, ohne diesen Geist? Würde sie es denn wagen mich Nächte durch in ihrem Schlafzimmer zu haben, wo ihre beiden kleinen Geschwister schlafen, indessen wir am Tisch sitzen und lesen und küssen? — Aber das sollte sie nur mir seyn? — Ha Teufel! da sitzts. Ich liebe sie unaussprechlich, und wenn es möglich ist, daß ich noch einst zu einer ruhigen bürgerlichen Glückseligkeit gelange, so muß Sie mein Weib seyn. Ja! und mein Weib eben muß auch fähig seyn, so wie ich, der Konvenienz und aller Zucht und Sitte einen Seitenstoß zu geben um der Liebe willen. Aber gleichwohl — bin ich nicht toll? — nur mir, nur mir!

Jetzt überfällt mich der Gedanke, daß Sie mir vielleicht nicht beschieden wäre, mit einer Angst, [86]wovor ich mich nicht zu retten weiß. Neulich trieb mirs Thränen in die Augen, ich mußte niederfallen. Gieb mir Sie, du Unbegreiflicher, sagt' ich, vor dem allein mein Geist sich beugt! Gieb mir Sie endlich endlich nur, nach allen ausgeprüften Quaalen, Sie! — Ich gelobte bis dahin nie nach dem letzten Genuß der Liebe zu streben. Du kennst mich, sagt' ich, mehr Tugend hab' ich nicht, wenn vor dir Entbehrung Tugend ist, mehr hab' ich nicht, als um Sie allen Freuden des Lebens abzusagen, um sie mich auf dies Endlich meines Lebens aufzusparen, zu schmachten und zu kämpfen.

Kann ich mit Gott anders reden als ich denke und empfinde, wenn ich nicht rasen, wenn ich die Würkung des Gebets — Vertrauen und neuen Muth an mir erfahren will? Soll ich dem Allwissenden mehr versprechen als ich zu halten weiß? — Und doch kömmt dies Wesen: reine Tugend, immer wieder hervor. Ich will schwören, daß ich nicht weiß, was das ist: reine Tugend, und doch ist mirs immer als müßt' ich ein ewiger harmvoller Zweifler bleiben, ohne sie, als wolle man mir nicht eher, auch nur Gehör, geben, bis ich mit ihr bekannt in ihrem Namen bitten könnte. Wunderbares Chaos in mir! Welches Schöpfer-Wort wird all das ordnen? — Ich müßte auch Ludwinen wegdenken können, und denn doch glücklich zu seyn begehren können! — Ach Mensch! das, worauf du so stolz bist, was dich so zum Ty-[87]rannen der Dinge macht, — Deine Menschheit, giebt dir hienieden nur das Recht, auf eine ganz eigene Art unglücklich zu seyn. Du bist keine für sich bestehende Gattung, nur ein zweideutiger, in ewigem räthselhaften Streit befangener Uebergang, der bald auf diese bald auf jene Seite von unbekannten Kräften, wie von einem bösen Zauberer, getrieben, steter Unruhe, steter Zweifel, flüchtiger, eilender Raub ist. Ahndung, ähnlich göttlicher Vernunft, hebt dich bald hinan zu deiner Vollendung, bald stürzest du dich wieder hinab in deine thierische Masse, die wie ein giftiger Zusatz, sprudelt und gährt, und alles, was gut und edel ist in Dir, verzehrt.

Ja meine Forderungen an Sie sind seltsam! Sie soll frei denken, verbuhlt seyn, kokett, und doch — treu, mir treu, all das nur mir! Ach ich fürchte Sie erfüllt meine erste Forderung ganz, und — sagt meine kalte richtige Vernunft, — und folglich die letzte gar nicht, und daß Sie das so kalt und richtig sagen darf, macht mich rasend.

Gestern als wir, uns wechselseitig umschlungen, da saßen, und ich ihr im Yorick vorlas, und einmal im Affekt ein wenig lauter ward als gewöhnlich, erwachte Ihr jüngerer Bruder, und richtete sich in die Höhe. Ohne sich zu bedenken warf Sie ganz gelassen einen Mantel um mich, und blieb ruhig wie zuvor. Er wird mich doch nicht erkannt haben? sagt' ich, als er wieder eingeschlafen war. O nein, [88]antwortete Sie, er hält Dich für die Anne, die zuweilen noch spät dasitzt und neht. Neulich erzählt' er zwar bei Tisch, es wäre ein Dieb in der Stube gewesen, und hätte die Ludwine wollen todt machen, und da meint' er Dich, Du Küßdieb, man lachte aber über seine Träume, und nun mag er erzählen, was er will, sag' ich: er hat geträumt.

Aber wenn Deine Mutter denn doch einmal aufmerksam würde?

Meinst Du Sie höre die Kinder an? Mit Ihr darf keins ohne besondere Erlaubniß sprechen.

Aber, gesetzt nun, Sie belauschte uns einmal, Himmel! überraschte uns?

Hm! Vorm Ueberraschen sind wir sicher, die Thür ist verriegelt, und kömmt Sie herein — nun so wirst Du Dir ja wohl ein Viertelstündchen einen unbequemen Aufenthalt gefallen lassen? für das übrige sorg' ich denn. —

Ich saß da, und sah lange gerade vor mich hinaus, bis Sie mich erinnerte, weiter zu lesen. Himmel! wenn Sie all das um meinetwillen wäre, mit alle dem Mein, nur mein! Ich zittere die Worte auszusprechen: wer darf das erwarten? Und doch — Ach Himmel hilf mir!

am 3. Junius.

Ich lebe und denke und bin nur in ihr, aber glücklich ist darum meine Existenz immer nicht. O [89]diese Variete, dies Gefühl, diese Schwärmerei, und dann diese entzückende Koketterie, die Sie mir so begehrenswerth macht, ist mir eine Quelle ewiger Unruhe.

Gestern schlugs 12 Uhr als ich bei Ihr war. Nun laß uns einmal, sagte Sie, von heute bis morgen küssen! Und so hieng ich, bis alle Schläge geschehen waren, in einem Kuß an ihr. Ach! die Begierde wollte mir die Kehle zuschnüren, und noch treibt die Idee, von heute bis morgen Sie küssen, Sie genießen, das Blut wie Feuer durch meine Adern. O Mädchen! Mädchen!

am 4. Junius.

Ich konnte diese Nacht nicht schlafen, es ward mir so heiß, so ungeduldig im Bett, ich stand also, es mochte etwa 2 Uhr seyn, auf und gieng in das Bad, und kühlte mich ab, und schwamm mich müde in dem Fluß, darauf erstieg ich den Elsberg, und legte mich da unter einen duftenden Nußbaum, der Länge lang ins Gras, wo ich bald süß einschlief. Es dämmerte kaum ein wenig, als ich mich hinlegte, und als ich erwachte, mit dem herrlichen Wohlseyn das einem das Flußbad und die Bergluft giebt — Gott! — wer das sagen könnte! Eben gieng die Sonne auf. Jeder Ausdruck ist da Stümper Pinselei. Aus mir riefs laut: Lobt den Herrn! und so sang ich das ganze hohe Lied nach der herr-[90]lichen Rollischen Melodie. Ich hätte nur noch Löwen und aller Thiere frolockend Gebrüll da um mich haben mögen, und so im vollen Chor hinauf jubeln: Lobt den Herrn! — So war Adams erstes Erwachen! — O Vater! warum dürfen wir nicht immer so an dem Busen der Natur liegen, und deine Herrlichkeit einschlürfen, und im Genuß unsrer Menschheit glücklich seyn? — — Es war eine selige, selige Stunde meines Lebens. Ich fühlte, daß mein Herz noch des Glücks der Unschuld fähig sey. Thoren, die wir sind, sagt' ich, keiner ist, der nicht in seinem Herzen die Tugend ehren müsse, auch in seiner schmerzendsten Stunde, keiner der nicht fühlt: Das ist Tugend und dies Laster, so gut wie das Schöne und das Häßliche, und doch thun wir als sey Sie uns wildfremd, weil unsere Vernunft ihr Wesen nicht begreift, so wenig, wie das Gesetz der Schönheit, verhärten uns gegen Sie, als sey Sie unsere Feindin, und setzen Ihr elende Chikanen des Verstandes entgegen, indessen Sie ganz allein auf unser Herz Ansprüche macht. Nein! Nein dieses Gefühl, das sich jetzt so selig über mich ergießt, will ich heilig bewahren, und wenn meine berauschte Sinne mir es rauben wollen, dann will ich diese Stunde meiner Seele zurückrufen, und hier die Wahrheit wieder finden. — Gott! und wenn Sie mich liebt, dann soll Sie auf diesem Wege zur stillen kindlichen Glückseligkeit meine Gefährtin seyn. Ich will zu Ihr sprechen [91]mit dem Ausdruck all meiner Liebe, jener Liebe, die jetzt, wo all das geschwunden ist, was mich so oft in einem Wirbel von Sinnengelüste umtrieb, noch jenen Stempel der Gottheit, jene allrührende Schönheit, die Schwester der Tugend, in ihr erkannt, und nach inniger Vereinigung, dem ewigen Trieb der Geister gegen einander, strebt. Ich will den Adel ihrer Seele wecken, jene Einfalt und Hoheit, die Ihr so eigen ist, zum moralischen Gefühl in ihr erhöhen. Ich will Ihre Knie umfassen und Sie bitten, der Engel meines Lebens zu seyn, mit mir, Hand in Hand, den heitern Unschuldsweg zu wandeln, mit Ihr vereint mich bestreben, gut zu seyn. Mit Ihr? Welch' eine Seligkeit! Und welch süßer Lohn wartet unser, wenn wir ausgedauert haben in fester Treue. Gott! Laß mir diese Seligkeit, laß mich Sie verringen! —

Heute werd' ich wieder bei Ihr seyn, o wie klopft mein Herz, Ihr all das mitzutheilen! Ludwine! — O sieh! Es ist kein Falsch in mir! Um meiner Liebe willen, Ludwine, die für Dich alles leiden alles dulden, alles unternehmen will, die gern für Dich starb, wenn Du Ihr nur noch in der letzten Zuckung des Todes lächeltest, Ludwine, o sey mir gut! Sey mir treu! —

[92]

am ***

Heute kann Sie mich nicht sehen, schreibt Sie — o das ist entsetzlich hart! Warum nun gerade heute nicht? Es ist doch rasend! Und morgen auch nicht; denn Ihre Mutter wird morgen eben so wenig in ihrem frisch angestrichenen Zimmer schlafen. — Ich möchte zerspringen und kann mich nicht mittheilen. Schreiben? Ach was sind todte Buchstaben! und überhaupt hass' ich die Briefe, sie verriethen mich schon einmal schändlich.

Nein es ist unbegreiflich! Just heute kann Sie mich nicht sehen! Was tritt da für ein Damm zwischen uns? — Aber ich will ausharren, warlich ich will!

am 13. Junius.

Ich bin unterdessen wieder beim Hofrath Engel gewesen, er war allein, und freute sich, daß ich kam. Ich sagte ihm, daß ich entschlossen sey, meine mathematischen und kameralistischen Wissenschaften fortzusetzen, und überhaupt einen Plan meines Lebens gemacht habe, der vielleicht seinen Beifall erhalten würde. Nur, sagt' ich, wissen Sie, wo mir es fehlt. Ich habe wenig oder gar kein Geld von Haus zu erwarten, wüßten Sie für diesen Umstand ein Auskunftsmittel, so wär' es möglich, daß ich noch einst ein glücklicher Bürger werden könnte. Er sprang voller Freude auf und [93]küßte mich, und seine Augen waren feucht, sagte, daß er oft an mich gedacht, daß es ihn oft bekümmert habe, daß meine Talente so in Unmuth hinsterben sollten, und heute besonders sey ich ihm nicht aus dem Sinn gekommen.

Er that darauf Vorschläge, wie er mich wieder mit meinen Verwandten aussöhnen wolle, die ich aber alle verwarf. Nein, es ist mir nicht möglich von diesen Menschen Wohlthaten anzunehmen! Er schien das zu begreifen — Wissen Sie was? sagt er, wollen Sie übersetzen, so will ich Ihnen einen Verleger schaffen, und ich steh' Ihnen für eine ziemliche Einnahme. Er erzählte mir dann, daß er von einem Leipziger Buchhändler Auftrag erhalten habe, einige Italienische Werke zu übersetzen, der ihm für den Bogen zwei Thaler geboten habe. Er könne diese Arbeit wegen seiner andern Geschäfte nicht wohl übernehmen, und da ich ohne dies der Italienischen Sprache noch mächtiger sey, als er selbst, so wisse er mir gar keinen bessern Vorschlag zu thun.

Ich sagte mit Freuden Ja! und er freute sich fast kindisch, daß er mir helfen konnte.

Guter Gott! Nun bin ich ja wieder ganz ganz glücklich! Welch ein süßer Friede in meiner Brust! — Nun will ich arbeiten und nichts mehr hören und sehen und wissen als meine Arbeit und meine Wissenschaften, und — meine Erholung, meine Freude ist Sie dann, und nur Sie. Was [94]bedarf ich jetzt noch! Ich bin überschwenglich glücklich. Oft wenn ich so vor mir hinsehe, so treten mir Thränen in die Augen, ohne daß ich sagen kann warum? und meine Hände falten sich unwillkührlich. — In meinem kleinen netten Stübchen mit meinen Büchern allein, von niemand getrennt noch gestört, verdien' ich mir mit Seelenruhe ehrlich mein Brod, und sammle mir Kenntnisse, die mich einst, — guter Gott! — die mich einst würdig machen, um ihre Hand zu werben; und Abends, wenn ich mich müde geschrieben und gelesen habe, wenn nun mein Herz auch Nahrung heischt, dann schleich' ich zu Ihr, zu meiner meiner Ludwine, die mir einen Himmel in die Brust küßt, und schlafe dann ruhig in sanfter seliger Fantasie ein, bis mich ein neuer glücklicher Tag weckt. — Ach Gott! Laß mir das alles! Laß mich nicht wieder sinken mein Vater!

O ich muß hinaus ins Freie! Hier erstickt mich das Gefühl meiner Seligkeit.

am 22. Junius.

Ja! es ist mir ganz wohl. Ich fühle daß ich lebe, alle meine Kräfte sind in Thätigkeit, und gewähren mir Freude an mir selbst und inniges Wohlseyn. Auch — sonderbar! — seit gestern fängt mir meine Vergangenheit wieder an lieb zu werden. W*** und G*** — Orte wo ich [95]freilich ruhig nie war, aber doch manchen Freudenrausch, so wie manche herbe Stunde verlebte, stellten sich bisher meiner Fantasie immer nur im Nebel dar, ich konnte sie mir nicht anders als im Winter denken. Jetzt erscheinen Sie mir wieder im lieblichen sanften Lichte. Ich denke gern an alle die einzelnen Plätze zurück wo ich war, und, einerlei, ob ich damals eben glücklich war oder nicht, in meiner Rückerinnerung ist nun alles lieb und schön, alles wehmüthig — wohlthuendes Denkmal. Wie wahr! was irgendwo*) 1 steht: Den Liebenden ist alles besser wie zuvor, Sie sehen alles in den besten Jahreszeiten, alles im Junius.

am 18. Julius.

Ha! Nun war ich ja bei Ihr! Warum sagt' ich dann nichts von all den schönen Sachen, die ich mir ausgedacht hatte? — O gestehe dies nur, armseliger Tropf, weil sie ein dünnes weißes Neglige anhatte, Du alle Ihre Reize warm und lebendig mit deinen Armen umfangen fühltest, Du nichts mehr sahst als diese regen quellenden Schenkel, um die ein dünnes Röckchen schmeichelnd floß, als diesen Busen der sich öfnete, um zwischen den [96]weißen Hügeln, die eine Schwindeltiefe von Wollust errathen zu lassen, weil Ihr Kuß, Ihr himmelwärts hinsterbendes Auge Dich an das letzte Entseelen der Wonne erinnerte, weil Du schon Plane machtest die jenes Gespräch würden zerstört haben, weil Du befürchtetest Dich bei dem muthwilligen schäkernden liebefordernden Mädchen lächerlich zu machen. — Ja das wars, Elender! Freilich schickte Sie Dich diesmal bald fort, aber waren Deine Vorsätze nicht schon rein geschwunden? Würdest Du das Wort — Tugend haben vor Ihr aussprechen können? O warlich nicht! Ein Antrag ganz anderer Art brannte aus Deinen Augen, dehnte Deinen Arm so begehrlich um ihre runden Hüften herum. Schien Sie nicht eben deswegen Dich wegzuschicken, weil Sie etwas Entehrendes in Deinen langen schwebenden Seufzern ahndete! O Himmel! — Aber was ist Sie auch für ein Mädchen? Ihren Reiz und ihre Koketterie beschreibt kein Ausdruck. Das ist mehr als ich tragen kann.

Und doch wollt' ich immer noch anfangen, doch glaub' ich immer noch, daß ich Sie blos zu früh verlassen mußte. Ich hätte doch einen Eingang machen müssen, und der wollte sich immer gar nicht finden.

Ach ich bin schon wieder viel schlechter, viel unruhiger und wilder geworden! —

[97]

Das Nächstemal? — Ja! und wenn Sie nun das Nächstemal wieder so wäre? würd' ichs dann wagen können Ihr so Etwas zu sagen, was nothwendig einen Tadel eben Ihres augenblicklichen Betragens enthalten muß, das doch so lieb ist? — was Sie beleidigen würde, mich von ihr entfernen — verstecken! Himmel wie könnt' ich das ertragen!

Und doch — ja, noch einmal will ichs versuchen, will ein fester unerschütterlicher Mann seyn. Aber vorher muß ich mich erst besser auf alle denkbare Fälle vorbereiten, und, vor allen Dingen Sie schlechterdings nicht vorher umarmen und küssen. Dazu ist meine Tugend noch zu neu und weich. An wen Sie wohl schreiben wollte? so in der Nacht! Ich hätte fragen sollen, und, in der That schien Sie blos meine Frage zu erwarten, aber, der Teufel weiß, ich war so von mir, so verblüft! Sie sagte, dies sey allemal Ihr Brieftag; also eine ordentliche Korrespondenz? — Neue Unruhen! Wenn Sie nun noch immer an den schrieb, dessen Briefe der Herr von B** in Händen gehabt hat! — Ach daß ich mir nicht treu blieb, ihr nicht sagte was ich wollte! Jetzt wär' ich — — wenigstens im Reinen. Nun sitz' ich da und schlage mich mit tausend Grillen herum. Ach Mädchen, warum bist Du nun gerade so, um zu entzücken und zu quälen? —

[98]

am 30. Julius.

Verlobt! Nein! Nein! Nein! Das ist eine infame Lüge. Sie kann nicht verlobt seyn, das ist so ein gewöhnliches Altweibergewäsch. Sie kann ihn ja wohl gekannt, auch wohl geliebt haben, aber seine Verlobte? — Nein, das wird sie nicht seyn, das kann sie nicht seyn! Nein, Teufel, Nein! — Wie könnte sie mich so heiß küssen, sich mir so hingeben? Was hätte sie mit mir vor? Und doch — sagt' er nicht auch, ihre Mutter wisse darum, und sie wechselten noch immer Briefe? Wenn es nicht wahr ist, so helfe Dir Gott, Schwätzer!

Es ist um rasend zu werden, blos um mich zu unterhalten, weil er sieht, daß mich sein Besuch und seine tausend und eine Stadtneuigkeiten immer mehr erschlaffen, daß ich vor Gähnen mich nicht mehr zu lassen weiß, fängt er vom Rath und der Räthin und von Ihr ein trostloses Geschwätz an, und würde mich toll geplaudert haben, wenn ich nicht mit Gewalt abgebrochen hätte.

Ist man nicht ein Sklav, daß man sich solche unerträgliche Besuche muß gefallen lassen? Einen Dieb der mir mein Geld stielt, darf ich, nach Befinden auf der That umbringen, und wenns solch' einem Distelkopfe einfällt, mir alles, was mir für den Augenblick schätzbar ist, meine Zeit und meine [99]gute Laune zu rauben, so muß ich dabey sitzen und still halten! Die Leute müssen sehr verlegen seyn wie sie ihre Zeit unterbringen wollen. Ich wüßte nicht, wie mirs einfallen könnte, einen Menschen, den ich einmal am dritten Orte gesehn hätte, nun gleich zu besuchen. Aber kömmst Du mir nur wieder in den Wurf, ich will Dir das Besuchen wohl abgewöhnen, verdammter Schwätzer, der mich um all meinen Frieden geschwätzt hat! — Wissen muß ich was an der Sache ist, es gehe dann wie es will! Und — Nein! so entsetzlich lügen wird sie nicht, wenn ich sie frage. Was könnte sie davon haben? Nein sie wird nicht so entsetzlich lügen.

am 5. August.

Alles ist aus — und ich bin verloren! Gute Nacht auf ewig aller Friede meiner Seele! O eine Legion Teufel wohnen wieder in meiner Brust! Nein, es ist unmöglich, ich kann dies Leben nicht ertragen! Nur in dem Gedanken liegt mir noch Beruhigung, daß ich es abschütteln kann und will. Was soll ich hier? Ich bin ein Fremdling den alles anfeindet — hämisch — teuflisch! — Nicht die Menschen — o! da handelt am Ende ein jeder nach seiner Konvenienz, was können Sie dazu daß ich just überzählig bin, nirgends hin passe? — [100]Hm! Man erzählt von einem Kaiser, der ein majestätisches Vergnügen daran fand, arme Leute auszuhungern, die er dann mit einemmale an eine, mit köstlichen Gerichten besetzte Tafel führen ließ. Reizende Gerüche von allerley Speisen dufteten in ihre Nasen, ihre Eßlust stieg aufs höchste, sie fielen heißhungrig über die Speisen her, und fanden sie — künstlich von Gyps gebildet. Der kaiserliche Teufel lachte, und fand den Spas allerliebst, und die Bettler fielen ohnmächtig zu Boden, und das Lustspiel war aus. — O ihr Leute! hattet ihr denn nicht mehr Tugend, als das Leben aus lauter Appetit zu verlieren? Arme Schufte! Es war ja nur zum Spas.

Wer nur mitlachen könnte! Ich denke mir so eine Laune als möglich. Wenn ich noch einen wüßte mit dem das Schicksal auch so, wie die Katze mit der Maus gespielt hätte, ich wollte mich und ihn todt lachen!

O Ihr mach' ich ja keine Vorwürfe: was weiß sie davon, was in mir vorgeht? sie lebt ihren Grundsätzen treu, — Grundsätze die ich ja schon so lange bei einem weiblichen Wesen gesucht habe, und jetzt — machen sie mich sinnlos. —

Ich stand wie einer, neben dem der Blitz eingeschlagen hat — lange war ich keiner Silbe fähig — endlich kam das Bange: Du hast einen Verlobten, und mich liebtest Du nicht? zitternd hervor. — O ja, sagte sie, ich liebe dich, und [101]jeden braven Burschen der hier — Sie zeugte aufs Herz, wohl beschaffen ist, der mit mir schwärmen, und lachen und empfinden kann.

Und Dein Verlobter? — Ich muß ausgesehen haben wie ein Esel, als ich dies sagte, denn sie konnte ein Lächeln, das mir ungefähr das sagte, nicht unterdrücken.

Mein Verlobter, versichr' ich dich, hat kein Aederchen von Eifersucht. Zum Beispiel, ich hab' ihm dich sehr empfohlen, und ich wünsche, daß ihr euch kennet und gute Freunde werden möget. Er ist lauter leichtes gutes Blut, das keine böse Laune zuläßt. Denn, Lieber, es ist eine pure Laune, ein verderblicher Eigensinn, die Eifersucht.

Also von Treue weißt du gar gar nichts? fragt' ich fast boshaft wie ein Kind.

Pfui, du mußt mich nicht so ausfragen! Mit einem Worte: Ich versprach ihm, nie mich einem andern zu verloben, und das will ich ihm treu halten. Dagegen macht' ich Verbannung aller Eifersucht zur Bedingung unsers Bundes. Sollt' es ihm einfallen böse Launen zu bekommen, so sind wir geschieden — Was starrst du so? —

O Mädchen! Du hast vielleicht recht, aber ich bin schrecklich elend!

[102]

Ihr seyd wunderliche Geschöpfe, ihr Männer, daß es euch so um unsere Freiheit zu thun ist. Sey kein Thor! Wenn es dich beruhigen kann, so wisse, daß — ich dich vielleicht noch mehr liebe als ihn, daß ich vielleicht nie heyrathen würde, wenn — Erlaß mir doch eine Beichte, und komm her und küß mich!

Sie strich mir die Haare von der Stirn, und lächelte mir ins Gesicht. — Ich küßte Sie, aber ich zitterte, wie einer, den das Fieber schüttelt. Leb wohl, sagt' ich, Deine Lebensweisheit hat ihre schwere Sätze, laß mir Zeit dich erst zu begreifen. Leb wohl! —

Komm bald wieder, sagte sie, und sey froh und heiter, und laß die Grillen fahren, und du bist mein lieber Adolf.

Ach, wie sie doch so gar nichts ahndet, was in mir vorgeht! Es wär ja sonst nicht möglich, daß sie so seyn könnte. Ja! und wenn ich sie anbetete, sie wie eine Gottheit um Erbarmen anflehte, und sie wär' auch des Erbarmens fähig, — was half mir all das? treu könnte sie doch nicht seyn. Treue ist eine Eigenschaft des Herzens, des Karakters, wie kann ich von ihr verlangen, was sie nun einmal nicht hat? Und dann, würd' ich Ausdruck für meinen Schmerz haben? Würd' ich sie überzeugen, daß ich ohne sie nicht leben könne? — Ach! ich fühls, meine Bestimmung ist — Opfer. Ich bin eng umschränkt, nur noch [103]ein Weg, ein finstrer, unbekannter Weg! — Ich gehe! —

am 17. August.

Nein, für den wahrhaft Unglücklichen giebts keinen Trost! Oder wollt ihr mich mit eurem: Es ist nun einmal nicht anders! trösten? Das ist dem müden Waller hienieden, was dem Ohnmächtigen ein Glas Wasser ins Gesicht gegossen. Er schreckt auf, und — lebt nun freilich fort, weil er muß. Muß! — Das ist ein unerträgliches empörendes Wort. Muß! Wenn ich nun auch müßte, müßte dieses mein quaalvolles Ich mit hinüberschleppen, durch alle Ewigkeit immer nur Ich seyn unzerstörbar — dieser meiner Existenz schlechterdings nicht entfliehen könnte? — Höllische Angst! Wer schloß mich in diesen fürchterlichen Zirkel? —

Sey es wie es will, ich will versuchen durchzubrechen. Und — wenn es nur dies wäre, nur diese eine tapfere Entschließung, und ich trat dann mit einemmale heraus aus meinem Kerker, in blumige Fluren einer bessern Welt! — Fänd meine Marie und meine Mutter meiner harrend, lächelnd, daß ich nun die kleine Angst dieses Lebens überstanden hätte? — Ja ich komme, ich komme!

[104]

am 29. August.

O ich rasender Thor! wie mir bey ihr auch nur die tolle Idee von Liebe und Treue, und Gott weiß, was noch vor schäfermäßige Dinge? in den Kopf kommen konnte! Ich begreife mich nicht. War sie nicht von allem Anfang ein verbuhltes begehrendes Mädchen? und ich seufze mich bald zum Heimchen. — Komm' ich heut Nacht spät nach Hause, und wie ich so ungefähr zehen Schritte vom Hause bin, hör' ich von innen an der Hausthüre arbeiten. Ich kehrte ins Dunkle; die Thür geht leise auf, und heraus tritt Einer in einem weißen Mantel, den ich sogleich vor jenen Schwätzer, den verdammten Siebold erkenne, und schlüpft geschwind hinüber in eine andere Gasse, indem sie ihm nachruft: Gute Nacht, lieber Junge! — Lieber Junge! wie unerträglich vertraulich!

Im ersten Gewirre meiner Empfindungen wollt' ich ihm nach, und ihm das Mahl gesegnen, die Betrachtung aber, daß ich denn doch immer die Rolle eines unglücklichen Nebenbuhlers spielen würde. Mein Gesicht! — Sein Spott würde mich zermalmt haben — kurz ich blieb, und hielt mich still, bis alles wieder ruhig war. Als ich in mein Zimmer kam, fand ich den Horaz auf meinem Tische aufgeschlagen, worinnen ich heute geblättert hatte, und mein Blick fiel gerade auf die Ode: Quis multa gratilis te puer in rosa u.s.w. Ich [105] las Sie durch und hub laut an zu lachen. — Ich ein Mondesritter! Ha! ha! ha! und gerade bey ihr. Wie lächerlich muß ich ihr oft gewesen seyn mit meinem Getändel! welche närrische Metamorphose ist mit mir vorgegangen! Sitze da Nächte lang bey einem glühenden nach Genuß schmachtenden Mädchen, die mich zum schönsten Siege einladet, — ein Seladon

— der seiner Phillis zu Füßen

die Schäferstunde verseufzt —

und härme mich um sie wenn ich allein bin, indessen der gracilis puer im weißen Mantel seine Zeit sehr gut bey ihr zubringt. Ich bin jetzt wieder ganz ruhig, — wenigstens hab' ich wieder einen gewissen erreichbaren Zweck, drüber hinaus mags dann gehen — wie es kann und will. Ja, meine aurea Pyrrha,

verzeih', ich liebte Dich

ich war ein wenig toll!

Künftig sollst du sicher keine Langeweile mehr bey mir haben. Ha! ich kann nicht genug über mich lachen. Ein Mädchen, ein frisches, süßes herrliches Wonnemädchen, daß mir all seine Schätze beut, und ich wäre vorübergegangen! — — Nein! das könnt' ich mir nie vergeben.

[106]

am 1. Septbr.

Der Teufel hat sein Spiel mit mir! O — ich möchte mir ins Gesicht schlagen! Verläßt mich denn alle meine Frechheit gerade bei ihr? Ein einziges halblautes Pfui! von ihr entmannt mich. Aber wie zum Henker kam sie auch diesmal gerade auf diese melancholische Schwärmerei, wo nun gar kein Uebergang zu machen war? Glaubt sie mit mir sey weiter nichts anzufangen? — Oder täuschte mich die Nacht, und sie war es nicht die dem Siebold das: »lieber Junge« nachrief? Oder — oder — oder soll ich denn schlechterdings rasend werden? — Ha! und heute kann sie mich nicht sprechen, und morgen verreist sie mit ihrer Mutter. — Teufel! das geht wunderlich her! Aber — jetzt will ich, es koste was es wolle! Ha! ich bin nun ganz wieder was ich war!

Diese Reise kömmt freilich verdammt quer in den Weg, — gerade jetzt! Man kann nicht mehr zum Narren gehabt werden. Welche jämmerliche Rolle werd' ich unterdessen spielen! — Ha! genießen muß ich sie, es koste was es wolle. Mein Vorsatz ist unerschütterlich! Wenn nur die verfluchte Reise nicht wäre!

am 2. Septbr.

Da rollte der Wagen hin, und — fort ist sie, und mir — ists ganz weich ums Herz. Es [107]ist eine eigene Sache um die Trennung. Sie macht uns weicher und empfindlicher, und das, was von uns sich trennt, heiliger, werther, und so ist die Trennung freilich der größte Schmerz, — vielleicht der einzige in der Natur.

Als ich sie und ihre Mutter an den Wagen begleitete, da drehte sie sich noch einmal um und sagte: Adieu, lieber Herr Weiler, leben Sie unterdessen recht wohl! Auf das recht legt sie denn allemal so einen ganz besondern Akzent, auch wenn sie sagt: schlaf recht wohl, — es liegt in ihrem Ausdruck so eine gewisse biedere Herzlichkeit, die ihr Lebewohl! und ihre Gute Nacht! über die konventionelle Abschiedsformel erhebt, — daß es ist, als hätte sie einem etwas aus ihren Herzen gegeben, einen Segen worauf man hafften könne.

Nun hab' ich weder Ruh noch Rast, und möcht' ihr nach. Mir ist als wenn da nur Leben und Freude seyn könne, wo sie weilt.

Ach es ist doch ein herrliches trefliches Mädchen! Warum? warum? — Ach das ist mir das sicherste Pfand, daß ich keine Glückseligkeit hienieden schmecken soll. Ich wollte ja der Ihrige seyn, unter welcher Bedingung es wäre. Alles wäre mir ja recht, wenn sie nur mein Weib werden wollte, sie möchte ja so frei leben, wie es ihr beliebte. Sie hat Glückseligkeit für viele, und ich wäre ja doch in ihrem Arm immer der seligste Schwelger. Dem Perikles war Aspasia immer [108]das liebenswürdigste Weib unter der Sonne, ungeachtet jeder wackere Grieche ein Recht auf seine Schwägerschaft hatte.*) 2 Auch Sie würde nur Männer lieben, deren Herz und Kopf ihnen Anspruch auf den ächten Genuß der Schönheit erlaubt. Sie sollten warlich meine Freunde seyn! Wir wollten eine Schule der feinen Wollust bilden. Liebe sollte unser Geschäft auf Erden seyn. Musik und Dichtkunst und alle Künste sollten uns ihre Freuden zollen, schöne zufällige Mädchen wollten wir unsre Geheimnisse lehren. Sie sollten unsre Nächte mit feiern, und guter Wein und frohe Laune erhüben unsre Mahle zu Götterfesten. Ihr, unserer Priesterin, brächten wir alle Opfer, und keine Eifersucht wäre da möglich, und wenn ich unsere kleine Georgierinnen genug geküßt hätte, dann eilt' ich mit zwiefachem Verlangen in Ihre Arme, und sie wäre mir immer aufs neue reizend. Ach! —

am 5. Septbr.

Es ist mir alles so leer, da trieb' ich mich denn auf Spaziergängen, Kaffeehäusern, und, der Himmel weiß, wo all herum, und finde nirgends was ich suche, — Trost — Nahrung für mein ödes Herz. Auch die Bücher ekeln mir an.

[109]

Von Ihr wird indessen doch mehr gesprochen als ich glaubte. Ich weiß nun nicht, ob man mirs gerade will anzuhören geben, aber die medisance weiß allerlei Geschichtgen von ihr. Schon als sie noch Kind war, spielte sie Romanzen, hielt Rendezvous mit kleinen Buben, und hatte mit einigen von ihnen und ihren Gespielinnen einen Orden gestiftet, den aber nachher die Eltern zerstörten. Daß sie mit dem Helmuth versprochen ist, weiß jedermann, und auch daß sie jetzt noch andere Liebschaften unterhält. Der Siebold wird vorzüglich genannt, von mir scheint man nichts zu muthmaßen, aber den Siebold hat man sogar einmal Nachts wollen zum Fenster einsteigen sehen. —

Helmuth soll ein angenehmer junger reicher Mann seyn, der eine glänzende Laufbahn vor sich hat, und zum Sterben in sie verliebt ist: Die andern Mädchen in der Stadt sind ihr feind, und überhaupt haben die tugendsamen steifen Matronen in ihrem heiligen Eifer das Verdammungsurtel über sie gesprochen, so daß sie von der Seite ziemlich isolirt lebt.

All das facht nun meine Begierden immer mehr an. Ich wollte sie würde von allen verlassen, angefeindet, verfolgt, bei Gott! in meinen Armen sollt' ihr kein Leids geschehen.

Gestern gegen Abend war ich im Rathskeller, und saß in einer Ecke allein, und dampfte Taback in die Luft hin, da trat ihr Bruder herein und [110]stellte sich ans Billard und sah dem Spiele zu. Ich saß so, daß ich ohne aufzufallen ihm lange in das Gesicht sehen konnte. Er hat in der That etwas Aehnliches mit ihr, besonders in seinem Lächeln. Wenn sie so lächelt, so heißt das: »Lieben Leute, moralisirt und predigt und sagt so viele vernünftige Sachen, als ihr wollt, ich habe gar nichts dagegen, und glaube von Herzen, daß ihr Recht habt, und wenn ihr mich auf den Scheiterhaufen vernünfteln wollt. Ich kann nun einmal nur fühlen, und mein Gefühl ist Wonne, und das ist alles was ich weiß. Verzeiht darum meiner Verlegenheit, denn in der That ich gehöre gar nicht hieher unter Euch.«

O mit diesem Lächeln hat sie mich zum Ewigverschwornen ihrer Partie gelächelt, und wenns gegen die ganze Welt gält. Er sieht, mit seiner Erlaubniß, nebenbei freilich ein wenig dumm aus, wenn er so lächelt, wie er denn überhaupt ein geistloser Klumpen Fleisch ist.

am 6. Septbr.

Bald kann ichs länger nicht aushalten. Wie? wenn ich Ihr nachreiste! Feldheim soll nur acht Stunden von hier liegen. Aber wenn mich Ihre Mutter sähe, oder man erführ' es, — Sie würd' es auf alle Fälle nicht gerne sehen.

[111]

Ach liebe süße Ludwine! Komm doch bald zurück! Ich bin nichts als heißes Sehnen nach Dir, alle Eifersucht ist dahin. Komm, o komm und zaubere mich in deinem Schooße zum seligen Gotte! Eil' in meine Arme, Lida, daß ich fest an deine Lippe mich sauge, Brust an Brust zum Freudentaumel erwärme. Eile, meine Lida, heute liebe, denn morgen scheidet von heute dunkle Nacht, harre nicht des schönen Tages, nicht der blumigern Gefilde; denn ach der armen Sterblichen Wünsche liegen zu weit für des müden Wallers zitternden Fuß! Heute, heute laß an deinem Busen all des Lebens Kummer, all des Todes Schrecken mich verträumen.

am 7. Septbr.

Der arme wahnsinnige Christel, der so gern Fische ißt, — ach Fische! Fische ess' ich erstaunlich gern, pflegt er zu sagen, und wenn er es sagt so ists als säh ihm die Eßlust zum Munde heraus. — Wenn man den stillen Wahnsinn mahlen wollte, so müßte man ihn mahlen. Mit seinen großen schönen schwarzen Augen, zwischen denen schräg bis auf die Nase, die ein wenig gebogen, forn ganz spitz zu läuft, sich eine sonderbare tiefe Falte gebildet hat, — seinen gelbbraunen dürren Backen, seinem hellbraunen Haar, das ihm ähnlichte wie Flachs gerade den Nacken herunter hängt, und das [112]er immer, als machts ihm zu heiß am Kopf glatt hinter die Ohren streicht. Sein Blick, seine zerstörte lächelnde Miene, die immer nur seinen innern Zustand mahlt, eigentlich nie etwas außer ihm betrift, oder zu irgend einer Sache spricht, seine dürre halbreife Gestalt, die wie ein C zu forn etwas übergebogen ist, seine Kleidung — er trägt auf dem Kopf eine Kappe, die von forn kaum die Haare bedeckt, die Ohren nicht berührt, und hinten bis in den Nacken herunter geht, sein Hals ist blos, weil er nur ein Hemde anhat, statt dessen, und aller übrigen Kleidung trägt er eine graue Jacke, die oben bis an die Gurgel fest zugeknöpft ist, und ihn bis zur Hälfte der Schenkel rund herum bedeckt, und Beinkleider von eben der Farbe, die bis auf die Knöchel herabreichen, ohne Schuh und Strümpfe; sein Stock, ein dicker Prügel, der fast so lang ist, wie er selbst, und auch so gekrümmt, wie zwei Freunde, wo einer des andern Eigenthümlichkeiten nach und nach annimmt; eine kleine Tasche von Baumbast, die ihm an einem Strick über der Achsel auf dem Rücken hängt, und worinnen er ein wenig Brod und andere Dinge, die er sich in der Stadt erbettelt, verwahrt: — alles dies macht ihn zu einer seltsamen interessanten Figur. Mich hatt' er schon oft interessirt, wenn ich ihn so in seinem stillen Wesen über die Straße hingehen sah. Er heischt denn nie Etwas, sondern die Leute, die ihn alle kennen, und alle Mitleiden mit ihm [113]haben, rufen ihn meistens zu sich, und geben ihm oft so reichlich, daß er zuweilen wieder an andere Bettler austheilt, wie man sagt. Seine fixe Idee ist: Fische, wovon er am liebsten spricht, und die er roh und gesotten, wie er dazu kömmt, mit der größten Gier verschlingt. — Gestern, als ich an dem Flusse hingieng, stand er bis an den Hals im Wasser. »Christel, ruft' ich, was treibst Du?« — Ach, rief er, ganz beklommen aus enger Brust: Fische! Fische! — Komm heraus, armer Junge, sagt' ich, Deine Fische sind schon gefangen, Du sollst sie essen. Er kam sogleich heraus mit seiner triefenden Jacke, denn er hatte sich nicht erst entkleidet, doch lag sein krummer Stock und seine Tasche am Ufer, — und gieng mit mir fort nach einer Mühle zu, die zugleich ein Wirthshaus ist, indem er noch einigemal sein: Fische! Fische ess' ich erstaunlich gern, wiederholte. Unterwegens trafen wir einen Mann an, der am Ufer saß und eine Angel im Wasser hielt. Der arme Christel blieb stehen, und sah mich an, dann den Mann mit der Angel, dann ließ er seinen Blick von der Hand, womit dieser die Ruthe hielt, bis zu ihrer Spitze hinauf, und von da am Faden herunter, bis auf den kleinen Wirbel wo der Faden in das Wasser tauchte, und so wieder zurück auf des Mannes Hand laufen. — Indem zog dieser schnell heraus, und ein schöner Karpfen zappelte am Faden. Der arme Christel sah mich an, und [114]dann den Fisch, und dann den Mann, und schien etwas beginnen zu wollen, indem ihm auf einmal die Thränen in die Augen schossen, die er sich mit der flachen Hand wegwischte, und immer dazu lächelte.

Mich hat nie etwas so gerührt als diese Thränen. Armer Junge! — Freilich sind Fische zunächst im Wasser, ein fröliches Gewimmel! Aber ihnen am nächsten, mitten unter ihnen, wo Deine heiße Gier Dich hintreibt, wirst Du eher ertrinken als einen fangen. Tröste Dich darüber, guter Christel, mit tausenden, denen es auch nicht besser geht. Es ist der Lauf der Dinge so. Die Leidenschaft, die brennende Begierde, die schlechterdings nichts lindern kann, die nichts hören und wissen mag als Befriedigung — wird nie befriedigt. Warum? — Zur Strafe, weil die Leidenschaft leidenschaftlich ist, weil sie von keinen Künsten weiß, weil sie nur ihr Verlangen fühlt, und nicht Muse hat die Eigenschaften der Dinge die sie begehrt, auszumessen, und die Art, wie ihnen beizukommen ist, zu finden. Werde erst kälter! das heißt, habe erst keine Begierde mehr, und mache Dir wohlbedächtig eine Angel, und lerne Stunden lang ruhig am Ufer sitzen und abwarten. Erst dann wirst Du Fische bekommen, wenn Du sie entbehren kannst! Lerne die reizenden Dinge, die Dich umgeben, verschmähen, verlange erst nach Gütern, die fern liegen, die Du nicht siehst, oft nicht kennst, [115]dann fallen Dir diese wie von ungefähr zu. Gelüstet Dir nach einem Dorfe Deines Nachbars, so nimm ihm sein ganzes Land weg, das Dorf allein wirst Du nie erhalten. Willst Du ein schönes Weib haben, so strebe nach Reichthum und Rang, und das schöne Weib würde sich Dir anbieten. Willst Du zeitlich glücklich seyn, so trachte nach den Gütern der Ewigkeit, so wird Dir das andere alles zufallen. Man erfand Porzellan als man Gold machen wollte — Genug, geh niemals den geraden Weg auf das einzelne begehrte Gut los, er ist immer der Falsche.

Warlich der Zug aus Christels Wahnsinn, ist eine ganze Geschichte meines Lebens. — Ach! was soll ich thun, um Sie zu erhalten? Kann ich, kann ich Sie minder begehren? Kann ich noch etwas anders wünschenswerth finden, als Liebe? — Ha! grausame, grausame Ordnung der Dinge!

am 8. Septbr.

Allein seyn! Das ist was der Mensch nicht ertragen kann. Erste einfältige Paradieses Weisheit: Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey! — Woher wißt ihr es besser, elende kranke Spleen Männerchen, und wollt alles vereinzeln! Dürft ihr der Natur ins Angesicht widersprechen mit eurem: Der Mensch muß sich selbst genug seyn? O [116]man darf nur einen von Euch gesehen haben, ihr neidischen grämlichen Geschöpfe! die ihr freilich nichts habt, was ihr geben könnt, das einem andern die Freude seines Daseyns rege machte, und darum weist man Euch wie prahlhafte Bettler vor allen Thüren ab, wo ihr mit eurem armseligen Stolze anklopft. Und nun habt ihr, um euch zu rächen, ein System des Menschenhasses, der Verschwörung wider Gottes Natur aufgeführt, und habt die ganze Welt vergiftet.

Ich weiß es, und fühl' es tief, daß Sie lügen. Allein seyn, heißt ewig nur sein Gesicht bis zum Ekel im Spiegel sehen. Ich weiß nicht, welch ein wunderbarer Schauder mich ergreift, wenn ich mir zwei sich ganz gleiche Dinge vorstelle, so wie einen Menschen und sein Bild im Spiegel. Ich habe darüber nur verworrene Gedanken. Vielleicht so: Die Tugend, sagten die Alten, oder wie sie wohl eigentlich wollten verstanden seyn, das Vollkommene liegt in der Mitte, oder: Wo Du etwas Schönes Gutes oder Wahres entdeckst, da ist nothwendig jede Abweichung hinüber und herüber, das Gegentheil davon. Nun wird alles, was schön und erfreulich ist, durch das Aehnliche hervorgebracht, wo wir auf eine Aehnlichkeit stoßen, da öfnet sich unser Herz und unser ganzes Wesen durchbebt ein angenehmes Gefühl. Selbst die Erinnerung an überstandene Leiden, an Schmerz ist süß, weil sie uns eine, jenen Leiden ähnliche [117]Empfindung zu führt. Mahler und Dichter lernten der Natur dies Kunststück ab, und gaben ihren Werken dadurch Anmuth und Zauber.

Also das Aehnliche ist eine Vollkommenheit die in der Mitte steht. Auf jener Seite liegt das Unähnliche, die Heterogene Zusammensetzung, das Horazianische Ungeheuer mit dem Menschenkopf an einem Pferdehalse u.s.w. und auf dieser, das sich Gleiche und das Einzelne. Oder wenn man so will: Einheit in Mannigfaltigkeit ist das Mittel, und seine Abweichung ist, auf der einen Seite nackte Einheit, und auf der andern Seite, Mannigfaltigkeit, ohne Einheit. Denn es ist hier einerlei, ob ich sage: das Aehnliche oder das Mannigfaltige in Einem, weil dies blos durch den Bezug der Aehnlichkeit, sie liege nun worinnen sie will, die alle Theile auf das Eine, und folglich auch unter einander bekommen, hervorgebracht wird.

Beide Abweichungen gebiert die Natur nimmer, beide vermögen keine Freude, keine angenehme Empfindung zu gewähren. Horaz sagt, nachdem er sein Unding aufgestellt hat: »Spectatum admissi risum teneatis amici?« — und er hat vielleicht in allen Fällen der Heterogenen Zusammensetzung Recht: ihr Anblick erregt Spott, eine Empfindung die endlich eine unangenehme Leere hinterläßt; aber das sich Gleiche, das Einzelne, das ist ein gräßliches Gespenst, wovon unser Ge-[118]fühl, möcht' ich sagen, ängstlich die Augen wegwendet.

Ich kann freilich nur von meiner Empfindung reden, allein mich deucht, die Marter die ein einzelner (abstrakter) Begriff jedem Ungeübten macht, die Leere, die er in jeglicher Empfindung zurückläßt, unterstützte meine Meinung, vom Einzelnen, das wir freilich außerdem nirgends so ganz antreffen, so wenig wie das ganz Gleiche: wer indessen jemals einige Stunden weit, in einer schnurgeraden Allee reiste, der wird einen kleinen Vorschmack auch hiervon haben. Ich kann mich nicht erinnern, jemals mehr Geistesmarter ausgestanden zu haben, als, da ich einsmals von Karlsruhe nach Rastadt gieng, zwischen zwei Linien von Bäumen eine so schnur gerade als die andere dahin, und nun den vergoldeten Jupiter ewig und ewig vor den Augen! — Vater der Götter und König der Menschen, ruft' ich in meiner damaligen jovialischen Laune, nie hast Du einen Sterblichen so gequält als mich! Aber Dein Volk hätte Dich auch nicht an das Ende einer Meilen langen schnur geraden Allee hingesetzt, wo Du, aus Langeweile, den Menschen das Leben sauer machst.

Die Natur, die allein durch dies Aehnliche so schön wird, macht uns nicht allein für diese Schönheit empfänglich, sie gab auch jedem Wesen den Trieb zu seinem Aehnlichen, und dadurch gewinnt sie ihren Reiz — Leben und Bewegung. Feuer [119]flammt in die Höhe, und was irrdisch ist, fühlt einen Zug, sich mit allem seinem Aehnlichen in dem Mittelpunkte seiner Allmutter der Erde zu sammeln. Ströme zerreißen Welttheile, um sich mit dem Meere zu vereinigen — Allein seyn ist eine Dissonanz in der Natur, die sie nicht lange erträgt, sie läßt sie bald mit einem starken volltönenden Griffe. Und der Mensch — diese Welt im Kleinen, auf den alles Bezug hat, der allem Bezug giebt, der Fähigkeit und Bedürfniß zu jeglichem Genuß, Berührungspunkte für jedes Wesen hat, dem seine Ahndungen Ansprüche zur Seligkeit geben, ist nur ein unmuthiges trübes Geschöpf, giebt, überdrüßig, alles hin was er ist, wenn dieser quälende Trieb zu seinem Aehnlichen nicht befriediget wird. — Ach seine Quaal muß ja wohl größer seyn als irgend eines andern Geschöpfs, da er so vieler Wonne fähig ist. Herz und Sinne und Vernunft — Leib und Seele, alles hat seinen süßen Genuß, wo einer den andern zum höchsten Entzücken erhöht.

Dieser Trieb, diese Wonne des Menschen ist die Liebe. Sie ist Vereinigung mit seinen Aehnlichen, Mittheilen und Empfangen, Entzücken im Genuß doppelter Treflichkeit.

Ha! welch ein Himmel ist die Liebe! Der ist ein Seliger, der darinnen wohnt, der ein Verdammter, der keinen Platz darin bekommt! Guter Hölty! Wohl! wohl!

[120]

Mich haben sie heraus gestoßen, und nun schleich ich im Nebellande allein, trüb und freudenleer. Ach Ludwine! Ich zittere vor Deiner Zurückkunft, und schmachte ihr entgegen. — Noch hoff' ich Thor, was schlechterdings nicht mehr zu hoffen ist. Sie Mein? — und ist Sie nicht schon wirklich für mich verloren? — Noch krümmt sich mein Herz wie ein gequälter Wurm zu glauben, was Du selbst — ach selbst! — mir sagtest, hofft noch immer einen Ausweg, ach! wird noch sehnend Dir zu klopfen, wenn Du es nun vernichten wirst.

am 10. Septbr.

Ich gieng zum Thor hinaus und so weiter und immer weiter Berg auf Berg ab, und als ich mich einmal umsehe bin ich in dem Birkenwald, durch den der Weg nach Salbach geht. Wie mich das ergriff!

Seitdem: daß ich hier mich so überschwenglich glücklich fühlte in ihren Arm — guter Gott! welche Stürme in meiner Seele! Wie so ganz anders ist es mit mir geworden!

Warum muß ich nun so ohne Rettung an meinen Wunden verbluten? Warum darf sie nicht mein seyn?

Ich weilte lange hier, und schwelgte in der Wehmuth der Rückerinnerung. Mir dünkte ich [121]hätte alle Plätzgen noch gewußt, wo sie dies und das gesagt, gethan hätte.

Wie gewiß glaubt' ich, damals am Ziele aller meiner Leiden zu seyn, ach! und nun, wie hofnungslos und elend!

Nein, ich erkenn' es, meine Bestimmung in dieser Welt ist, nicht, Glückseligkeit, mein Loos ist — Schmerz und Kampf und Tod. Ich soll fort: darum werd' ich so gereitzt, so mit Hofnungen getäuscht, und dann mit einemmale zurückgestoßen in mein Elend, und gehöhnt. O Mädchen! — Nein es ist nicht möglich, ich kann ohne dich nicht leben! —

Ich gieng vollends nach Salbach. Je näher ich dem Orte kam, je länger schlug mir mein Herz. Es ist eine eigene Sache um die Rückerinnerung! Wär' ich mit dem süßen Bewußtseyn ihrer Liebe hieher gekommen, so wär' ich eingegangen, wie ein Sohn in seines Vaters Haus, wo er lange weg war, und nun weiß, daß er mit Freude und Jubel empfangen wird. Jetzt war mirs, als wär ich von einem lieben Orte abgereist, wo ich schon mit tiefem Schmerz auf ewig Abschied genommen hätte, und müßte nun wieder auf wenige Minuten zurück, um noch etwas zu bestellen, oder mitzunehmen, was ich vergessen hatte. All die Lieben, die ich verließ, find ich noch trauernd über mein Scheiden. Sie sehen mich zurückkommen, aber ihr Blick erheitert sich nicht, sie wissen, daß ich hier nicht [122]reden darf, daß ich nur komme um ihren und meinen Schmerz zu erneuern. Sie schweigen, und reichen mir stumm noch einmal die Hände, und ich zerfließe nun in lang verhaltenen Thränen, und stürze jammernd hinweg von ihnen.

So war meine Empfindung, als ich nun alle die Plätzgen wieder betrat, die mich einst so glücklich gesehen hatten, die, ihr geheiliget, ein ewiges Recht auf mein Andenken haben. Ach! du gehörst ja nun nicht mehr hieher, hier hat man dir nichts mehr zu sagen. Ihre Freuden und ihren Kummer darfst du fortan nicht mehr theilen, die Trennung ist geschehen, du bist nun ein Fremdling geworden, dem von alle dem nichts übrig bleibt, als Sehnsucht und Trauer. Du bist abgerissen von ihnen, und, wenn sie dir auch noch eine Thräne nachweinen, so wirst du verwelken, und sie werden fortblühn, und ihr wohlgefällig duften.

Ach Gott! fast hätt' ich geweint, als ich mich nun so allein hier wieder fand. All das nun zertreten, vernichtet — Ludwine, wird dir das nie auch nur einen Seufzer kosten?

Die Leute, frohe heitere Geschöpfe, die sich wenig um meine trübe Laune bekümmerten, schienen meiner zu spotten. Ich wähnte sie wüssten alles, jeder ihrer Blicke schien mir zu sagen: Thor! Wie konntest du nach einer solchen Glückseligkeit streben, du, den die Natur und das Schicksal zum Elend auszeichneten. — Ich eilte hinweg von ihnen zu [123]den Ruinen. Hier ward mirs wieder einheimisch.

Diese Massen, die täglich zerstört werden, und doch der Vernichtung trotzen, die ihr wahres Leben, ihre Harmonie verloren haben, und nun, ohne ihre eigenthümliche Seele, nur noch in dem allverbindenden Geiste der unsterblichen Natur leben, waren meiner Empfindung näher verwandt. Ja! auch ich will in ein anderes Leben hinüber, in eine weitere Sphäre, will die Bänder dieser unglücklichen Zusammensetzung lösen.

Ich wünsche keinem meine Erkenntniß, und möge keiner begehren die Wahrheit nackend zu sehen! Jeder taumle in seinem frölichen Wahne dahin; nur Täuschung ist Glück! Gleich einem Schwächling, der einem reizenden Mädchen die Hülle zu entreißen strebt, die ihre Schönheit seinem üppigen Auge verbirgt, und wenn es ihm nun gelungen ist — bebt, und ein beschämendes Zeugniß seiner Schwäche ablegt, so hat der Mensch keine Ruhe so treibts ihn immer, einen glücklichen Wahn nach den andern zu verlassen, der Wahrheit immer näher zu kommen, bis er endlich, von allem was tröstlich ist hienieden, verlassen, ein Raub der Verzweiflung wird. — Mein innrer Sinn erkennt es anschaulich: Nichts ist ewig und selbstständig, alles, alles muß sich endlich dem ewigen Gesetz der Zerstörung unterwerfen. Noch haben alle Jahrtausende der Welt keinen Zweck hervorgebracht, auf [124]keinen hingeleitet. So wie der einzelne Mensch, und hinterließ er noch so viele Spuren seines Daseyns, vergeht und seine Thaten nach und nach mißverstanden werden, jeder sein Werk immer wieder von forn anfängt, so sinken Nationen hin, und ihre Tempel werden zerstört, ihre Heiligthümer geraubt, geschändet, ihre Schönheiten getrennt, ihre Weisheit nicht verstanden, und ihr Geist verfliegt und theilt sich keiner andern mit, keine vermag den Bau der vorigen fortzuführen.

Es giebt einen Grad von Kultur, diesen mag der einzelne Mensch, so wie ein ganzes Volk erreichen, aber drüber hinaus liegt beider unvermeidliches Elend. Wie oft soll euch dies die Geschichte der Menschheit noch lehren? —

Und doch! in welche liebliche Träume wiegt euch nicht die Rückerinnerung! Welche süßere Hofnung habt ihr als die Hofnung künftigen Andenkens? Was soll euch dieser unsterbliche Funke, diese Anlage zur Ewigkeit, wenn doch alles so eitel ist, ihr doch immer nur bis auf dasselbe Fleckgen kommt? —

O Natur! Ich eil' aus diesem Leben hinweg, das mir nicht einmal den Wahn der Täuschung gewährt. Nimm mich auf in deinen ewigen Kreislauf, gieb mich den Elementen zurück, und muß ich ja wieder eine Zusammensetzung erhalten, so möge es nur diese unglücküche Menschenform nicht seyn, der dein Spott nur Wünsche und bange Zweifel zum Vorzug gab.

[125]

Ha Wünsche! — Noch schwebt meine Fantasie um das reizende Bild ihrer Liebe, noch flistert mir eine Stimme zu: Wie schön war dein Leben, wenn Ludwine dein würde! Ach! wenn sie meinen Kampf sähe, würde sie wohl ihren frohen Leichtsinn behalten? Wird ihr mein Andenken nicht einst eine Thräne in das Auge locken? — Ha! ist meine ganze Hofnung noch eine Thräne? Die auch verrinnen wird im öden Sand, wie mein ganzes nichtiges Leben?

Wenn ich nun von ihr werde Abschied nehmen: Leb wohl Ludwine, ich verreise Morgen! und sie dann in ihrer frölichen gutmüthigen Art: Adieu Lieber, komm bald wieder, und sei indessen recht froh und wohl, und mir auf die lange Reise wohl schäkernd ein Band von ihrem Busen mitgiebt, um ihrer dabei zu gedenken, — wenn sie mir dann den letzten Kuß küßt — Himmel! Wie will ich das ertragen! O Ludwine, wie will ich's ertragen? Warum mußt du mir erst meinen vorigen mürrischen Sinn genommen haben, in dem ich so hingegangen wäre wie ein Schlaftrunkener? Warum mußt du erst all mein Gefühl so aufgereitzt, alle meine Sinne so empfindlich gemacht haben, daß ich nun so zwischen Leben und Tod mich quälen muß.

Während ich so da lag im hohen Ridgras das flüsternd um die Steine wehte, hatt' ich so gar nichts außer mir bemerkt, daß ich erst, als ich auf einmal einen Stern über mir erblickte, die Nacht [126]um mich gewahr ward. Ich stieg dann hinauf in die Fenster, und übersah die Gegend noch einmal, die in sanftem Mondsschimmer abwechselnd mit schwarzen Waldschatten, vor mir lag. Wie schön, wie rührend ist die Natur, und doch ohne die Fantasie der Liebe, ohne ein zweites Herz, das es mit empfände, wie fremd ist dies alles dem Menschen! O warlich, Liebe, du bist ihm nothwendig, nur du legst in ein jedes Ding Sinn und Bedeutung, ohne sie ist ihm die Natur nur ein allverschlingendes Grab.

Ich nahm stummen Abschied von den Ruinen, die ich jede einzeln noch einmal eingieng, und kehrte dann zurück in das Haus.

Die Leute, die jetzt in der Erde bis in die späte Nacht arbeiten, saßen eben um eine große dampfende Schüssel herum, und ließen sichs wacker schmecken. Mich schienen sie für ein seltsames Stück von Menschen zu halten, daß ich da bis in die Nacht allein im Walde gewesen wäre. Um dies zu zerstreuen, zwang' ich mich zu einem geselligen Tone, und da ich ohne dies hungerte, weil ich den Mittagstisch versäumt hatte, so bat ich mich zu Gaste. Kaum hatten sie den letzten Bissen im Munde, so sank eins da, das andere dort im Schlaf.

[127]

Sie essen und trinken und schlafen ein! das ist ungefähr der Hauptinhalt von jedem menschlichen Leben, die zwischen Szenen füllen Angst und Mühe und Thorheit aus.

Ich ließ mir in das Zimmer wo ich Ludwinen zum erstenmale an mein Herz drückte, eine Streu machen, ließ mir Schreibzeug geben, und schrieb dies:

Gute Nacht, Ludwine, denkst du meiner wohl jetzt in dieser stillen Stunde? Sehnst du dich wohl, ach! nur ein wenig nach mir? Ach Ludwine, wenn es möglich wäre! — Gute Nacht! Noch sey es nicht die lange Nacht.

(Die Fortsetzung im nächsten Stücke.)

Fußnoten:

1: *) Lebensl. in aufst. Linie 1. Th. 236. 6. Anm. d. Herausg.

2: *) Das ist nicht erwiesen. A. d. H.

[<128>]

Inhalt.

Seite
Zur höhern Erfahrungsseelenkunde.
1. Fortsetzung der Revision der Erfahrungsseelenkunde. Von S. Maimon. 1
2. Aphorismen über Zeugung. Von H. Grohmann. 8
3. Ueber die Schwärmerei. Von S. Maimon. 43
4. Fragmente aus dem Tagebuche Weilers. 85

Druckfehler.

Seite 44. Zeile 26. Seine Einbildungskraft u.s.w. muß heißen: Sinne u.s.w. ibid der Gegenstand. Dieser aber, muß heißen: Der Gegenstand dieser aber.

Seite 45. Zeile 16. produktiren l. produktiven.

Seite 47. Zeile 23. komperatio l. komperativ.

[<129>]

<Verlagsankündigungen.>

— — Auch unter dem Titel: Falks Reisen in Ruβland, im Auszuge, 1ster Band. Gr. 8. 1 Rthlr. 8 Gr.

Spalding, (G. L.) Commentarius in primam partem Libelli de Xenophane, Zenone & Gorgia; praemissis Vindiciis Philosophorum Megaricorum. Gr. 8. (Mit dem griechischen Texte.) 8 Gr.

Spittlers, (L. T.) Entwurf der Geschichte der vornehmsten Europäischen Staaten. 1ster Band. Gr. 8.

Teller, (D. W. A.) Sammlung einiger Gebete, zum Gebrauch bey öffentlichen Gottesdiensten. 8. 3 Gr.


Ueberhaupt sind beym Verleger dieses Magazins folgende Bücher von Hr. D. Bahrdt herausgekommen:

Bahrdt, (D. C. F.) Offenherziges Glaubensbekenntniβ. Gr. 8. 779. 2 Gr.

— — Kurze Erklärung über Semlers Antwort auf das Bahrdtsche Glaubensbekenntniβ. 8. 780. 1 Gr.

— — Die kleine Bibel. 1ster und 2ter Band; enthaltend 1. Die Geschichte von Erschaffung der Welt bis auf die Zerstörung Jerusalems durch die Römer. 2. Glaubens- und Sittenlehren aus den Schriften des alten Bundes. Gr. 8. 780. 2 Rthlr.

— — Das neue Testament, oder die neuesten Belehrungen Gottes durch Jesum; 3te mit dem Commentar gemehrte Auflage. 2 Theile. Gr. 8 783. 2 Rthlr. 12 Gr.

— — Briefe über die Bibel im Volkston; eine Wochenschrift. 6 Quartale 782-783. 8. 2 Rthlr. 6 Gr.

[<130>]

— — Ausführung des Plans und Zwecks Jesu in Briefen, als eine Fortsetzung der Briefe über die Bibel. 12 Theile. 8. 784-792. 6 Rthlr.

— — Zamor, oder der Mann aus dem Monde, kein bloβer Roman. 8. 1 Rthlr. 6 Gr.

— — Abgedrungene Replik auf die Erklärung der theolog. Fakultät zu Halle. 8. 758. 4 Gr.

— — Ueber das theolog. Studium auf Universität. 8. 785. 8 Gr.

— — Analytische Erklärung aller Briefe der Apostel Jesu, ein Magazin für Prediger, und für alle, die in der heiligen Schrift feste und beruhigende Ueberzeugung suchen. 3 Bände. Gr. 8. 787-789. 6 Rthlr. 8 Gr.