ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


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4.

Schreiben des Herrn Obereit an Herrn S. Maimon*) 1.

Obereit, Jakob Hermann

Mein Herr!

Gegrüßet seyn Sie im ewigen Frieden! Ein alter Schweitzer kommt von der Südseite, der brave Pole von der Ostseite Europens, können sie zusam-[87]men Südost machen, so kanns durch eine Nordwestpassage in eine neue Welt des Verstandes, der Vernunft, des Gemeinsinnes der Menschheit gehen, die alte im Frieden hinter sich, plus ultra in infinitum! So bewillkommt der alte seinen neuen kritischen Kommentator, der den alten besser sowohl verstanden, als getadelt, und mit neuen Problemen oder Speculationsräthseln so beehrt hat, als vorher sonst kein Recensente seine kleinen Schriftphänomene. Der Schweizer ist ein alter [88]Freund von zwei andern, deren der eine den zu simpeln Spinoza als einen ehrlichen großen Aprioristen, ohne sein System anzunehmen, zuerst muthig vertheidigt hat, der andre die Kabbala Bereschith von Ensoph und Adam Kadmon als das vollständigste, deutlichste, unzertrennte Ordnungsganze oder Lichtsystem von allen Emanationslehren des Orients hervorzuziehen mit grundklarer Behauptung das Herz hatte, wie der Schweizer selbst einen Gamaliel als philosophischen Juden und Mendelssohns Freund zum Schiedrichter in Wunderbetrachtungen zwischen Lavater und seinen Gegnern, zwischen Extremen, machte Anno 1780 in Gamaliels Spatziergängen. a So vielfach sympathetische Geistesverwandschaft ging schon vor unserm unversehenen Zusammentreffen im Seelenmagazin voraus. Wenn das nun a priori Harmonia præstabilita wäre! Laßt uns versuchen, wie weit? Ihr Wörterbuch, die einzige Schrift, so hier von Ihnen antreffen konnte, kam mir beim ersten Anblick auch unverständlich, zu fremd transcendental vor, und größern Männern, als meine Kleinigkeit ist, all Ihre Schreiben längst supertranscendental, Ihr Wörterbuch aber endlich herzhaft zur Hand genommen, zeigte mir unversehens eine Menge Berührungspunkte und Analogien in infinitum von meiner Denkart. Doch kann ich kein Hebräisch, und bin kein Mathematiker, wie Spinoza.

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Nun aber alles in Zahl, Maaß und Gewicht geordnet ist, so ist es hauptsächlich um praktischen Zwecks willen, damit der Mensch lerne, Gleichgewicht, Ebenmaaß und gebührende Zahl des Termini a quo, perquem, adquem in allem intuitiv, intellectual, und moralsinnlich zu beobachten, und so läßt sich alles Mathematische nach praktischem Princip beurtheilen. Resp. ad pag. 114. not. ult. IX. B. 2. St. Magazin. Absolute Convenienz, Gegentheil alles Widerspruchs, ist sensual, das Wohl; intellectual, Wahrheit; moral praktisch, Recht und gut schlechthin, also Eine Convenienz, ganz für die ganze Menschheit, in der praktischen concentrirt, und was ist Mathematik, als intuitiv-intellectuale Convenienz zur praktischen? Was ist alle gehörige Spekulation selbst als Ideal-Convenienz zur realen? Höchst recht (nach Kant) ist also das Primat der praktischen Vernunft über alle. Mit dem praktischen Formalprincip Kants stimmt das höchste materiale Gesetz der Sittlichkeit, vervollkommne alle Dinge in infinitum, um der Vollkommenheit selbst willen, rein und lauter überein, und unser ganzer beobachtbarer Wesenstrieb, Herzenstrieb, ist Trieb zu lauter Vollkommenheit, zu absoluter Convenienz in allem und über alles. Der Grundtrieb ist vor allem Denken und Handeln da, in Existenz a priori. So kann das Herz den Kopf lehren von Kindheit an. Wer lehrt das Kind, schö-[90]nes und gutes verlangen? Himmel und Erde in Schönheit bewundern? Bewußtwerden alles gegenwärtigen, harmonischen und unabsehlichen Daseyns in Himmel und Erde? Welches Bewußtwerden das Originalprinzip des Gemeinsinns aller Menschheit, des Senscommun und seines Bonsens universel ist, lange vor dem wissenschaftlichen Elementarprincip des vorstellenden Bewußtseyns. Präsentation in der That geht vor aller Repräsentation, Darstellung selbst vor aller Vorstellung, ohne Daseyn zuerst ist keine Vorstellbarkeit, ohne Daseyn voraus ist keine Möglichkeit der Erfahrung, auf welche Möglichheit) nicht auf Erfahrung selbst, Kants ganze Kritik gebaut und berechnet ist, wie Reinhold zeigt im Fundament des philosophischen Wissens. b Also giebts nothwendig noch ein Daseyn a priori vor aller Möglichkeit der Erfahrung, wie vor aller scientifischen Vorstellbarkeit, und vor allem simpeln Bewußtwerden des Gemeinsinns.*) 2 Denket alles Daseyn voraus weg, so bleibt durchaus nichts übrig weder anzu- [91] schauen und zu fühlen, noch zu denken, noch zu bezielen, oder zu wollen und zu behandeln, und hiermit habt ihr den allergrößten Salto mortale ins absolute Nichts gemacht, kein größerer ist möglich. Und doch ist er uns möglich in der Urtheilsform der absoluten Negation durchaus.

Diese absolut negative Urtheilsform findet sich auch ganz natürlich in unserm einschlafenden Bewußtseyn beim Verschwinden alles Daseyns, wie hingegen beim Erwachen das Originalprinzip des Gemeinsinns wieder kommt, und was giebts nun während dem Schlaf? Existenz a priori vor aller möglichen Erfahrung und Vernunftkritik!

Durch die bei wachendem Sinn angestellte Form der absoluten Negation, die mir das absolute Nichts übrig läßt oder setzt, meine Nordwestpassage zum Alt-Orient, finde ich grade gegenüber im Verstande die Form der absoluten Position per se, und durch diese finde ich das dem absoluten Nichts an sich selbst grad entgegenstehende All von, durch, für sich selbst absolut, und hiemit allein allgenugsam, den absoluten Grund per se alles positiven Denkens, Anschauens, Bezielens, der alles Anschaubare, Denkbare, Bezielbare positiv möglich macht, hiemit finde ich in absolut positiver Grundfeste, Wesensvollkommenheit an sich, und allgenugsame Freiheit zu aller positiven Möglichkeit, demnach keinen absoluten Fatalismus a priori [92]wie Spinoza, vielmehr absolut allbedingende Freiheit zur Gesetzgebung und Regulation alles positiv möglichen in Quantität, Qualität, Relation, Modalität dem ewigen höchsten Einheitsgesetz der Allvollkommenheit zu entsprechen, in Grund, Muster, Mittel und Zweck, in Gleichgewicht und Ebenmaaß aller dreien.*) 3

Absolute Negation alles positiven Denkens giebt auch absolute Negation alles positiven Anschauens und Bezielens; absolute Position im Gegentheil importirt die Form absoluter Anschaulichkeit und Bezielbarkeit. Was ist nun zuerst absolut anschaulich? Was gar keine Größe hat, ist absolut unanschaulich. Also grad im Gegentheil absolut anschaulich vor allem ist absolute Größe, Unendlichkeit, Unermeßlichkeit, Ewigkeit. Absolute Größe ist Universalgrund per se, für die ganze Mathematik oder Größenlehre. Die Form der absoluten Größe, und aller andern, ist entweder intensiv, oder extensiv, oder protensiv, oder alles dreies. Intensive giebt Gewicht, extensive Maaß, protensive Dauer von beiden, und Aequation von allen [93]dreien Gleichgewicht, Ebenmaaß, und gleichen Bestand in Grundfeste, hiemit vollkommne gründliche Schönheit, ewig fest anschaulich.

Das sind Sinnlichkeitsformen der absoluten objektiven Größe in uns, denn sie ist uns ja nicht subjektiv eigen, vor allem Raum und Zeitlauf. Die absolut objective Größe, Schönheit, denkbare Allvollkommenheit ist auch absolut bezielbar zu vollkommnem, festem Beruhen und Vergnügen darin durch reine Beobachtung, Befolgung derselben, also selbständig höchstes Recht, Licht und Gut, oder Leben, Licht und Geist in Grund, Mittel und Zweck.

Das ist nun Original-Gemeinsinnsform, nicht mehr kantisch-kritische, noch aus bloßer elementarischer Vorstellungsform der Spontaneität und Receptivität bestehende, obwohl nach beyden erst durch den äußersten Salto mortale gefundne. Denn die Gemeinsinnsphilosophie*) 4 giebt natürlich dem Menschen, wie allen Dingen, nach allgemeiner Beobachtung, Activität, Receptivität und Reactivität, und je mehr diese drei in Gleichgewicht, Ebenmaaß und Bestand sind, desto besser, schöner, fester, vollkommner, dem höchsten Urbild gemäßer, ähnlicher, gleichförmiger in infinitum.

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Zur Beobachtung und Bezielung unendlicher Schönheit und Vollkommenheit giebt die allbedingende absohlte Freiheit uns auch die subjektiven Formen endlosen Raums und Zeitlaufs, denn Freiheit macht Raum und Zeit endlos zu ihrem absoluten Zweck; die beiden Formen allein aber geben ein unabsehlich leeres Chaos ohne die Form des Ebenmaaßes von beiden, und ein finstres Chaos an sich, ohne die Form, die an und durch sich selbst anschaulich ist und macht, alles verklärt, das ist die Form der Klarheit a priori, ohne welche gar kein Anschauen möglich, wenn auch alles voll Gegenstände und Augenfähigkeit wäre. Die Formen aber von Klarheit, Ebenmaaß, Raum und Zeit zusammen geben zeitliche Sinnenschönheit überall, wo sie entsprechende Darstellung finden.

Diese Schönheitsform der Sinnen ist die Quelle des Ideals aller Schönheitskünstler. Solcherweise und solchermaaßen supplirt a priori die originale Gemeinsinnsphilosophie des allgemeinen Harmoniesinnes, was an dem Kantischen Maaßstab und elementarischen Vorstellungsfundament desselben noch mangelt, oder Mangel verrathen mag, und so coincidirt der Gemeinsinn mit Kant und Reinhold und Leibnitz etc., und läßt doch Kant und alle ganz im Frieden stehen, jeden für sich, profitirt von allen, und geht nach allen weiter ins Unendliche im Friedens- und Allbenutzensweg durch Allbeobachten zum Ganzen.

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Nach evidenter Ueberzeugung, daß es dreierlei natürlich nothwendige und wesentlich positiv-mögliche Philosophie giebt, nehmlich kritische oder Richtwissenschaft, Elementar- scientifische, oder Vorstellungswissenschaft, und originale des Sens-Commun oder Darstellungskunde, Daseynsbewußtseyn, das in der Natur selbst das Erste ist, nach Anerkennung dieser Dreierlei in Reinholds Conferenz den 15ten August gabs dreierlei philos. Departements, das kritische blieb für Kant und Compagnie, das elementarische für Reinhold und Compagnie, das original-commune der Menschheit für den Schäfer Orients etc.

Den Gemeinsinnsweg im allgemeinen Frieden gefunden zu haben, ist mir unendlich lieb. Das ist Gemeingutsphilosophie, wo ich eben sowohl von Herzen, als vom Kopf anfangen kann, für beide gut, ja für Zeit und Ewigkeit gleich gut, so recht für meine alten Tage, alles in Einem All, Eins in allem wiederum frei, nicht fatal, so die Einfalts-Weisheit der Patriarchen wieder in kurzem Formalinbegrif ein wenig zu finden, einen Formalschlüssel des ganzen alten Orients, ewigen Lichts.

Ihre älteste edle Hirtennation, mein Freund von Orient! so edel zuerst in ihrer patriarchalischen Simplicität, als weiland die alte schweizerische Hirten und Jägernation, hat sie nicht mehr Interesse von edelster Art, als alle andre, im Originalgrund [96]des besten menschlichen Gemeinsinns von rein harmonischem Sinn, Verstand und Willen die originale orientalische Simplicitätsphilosophie wieder herzustellen, die der ganzen h. Schrift zum Grund liegt? Denn von lauter Hebräern ist auch das N. T. her, ein mehr geistiger und allgemeiner Patriarchismus, der auf die ganze Erde sich verbreiten konnte. Die edelste und göttliche Humanität kommt also von lauter Hebräern ursprünglich, ihr Geistessegen überfloß in alle Welt, und nun bei der Revolution des Geistes aller Völker zum äußersten Ziel und Grund, den sie nur erreichen können, auch zur ersten Einfalt der Menschennatur, wo sie solche finden können, soll der edle und geistige Hebräer allein zurückbleiben? oder doch nur von fremdem Geistesgut, von occidentalischen und nordischen Geistesfrüchten sich nähren, bilden und groß werden? Immerhin, auch das ist gut, und brauchbar in der Fremdlingschaft, sich in alles dienliche Fremde fügen zu können, unendliche Biegsamkeit, allen alles auf gute Art in rechtem Sinn werden zu mögen, ist selbst allgemeinnützige Nachahmung des Schöpfers oder Allvaters, aber Biegsamkeit, Füglichkeit, ist bloß Mittel: so unendlich biegsam und füglich man zu unschuldigen, brauchbaren, rechtmäßigen Mittelformen seyn kann, so fest muß man in ewigem Grund und Zweck seyn, darzu muß alles recht und gut Mögliche dienen, aber Grund und Zweck muß herrschen, Gesetz und Regel gebend re-[97]gieren. Nach neutraler, doch universal moralisch natürlicher Durchwanderung aller Philosophie und Weltbekanntschaft von Jugend auf, von den niedrigsten bis zu den höchsten Ständen, kenne ich doch aber nun, obgleich von Natur nordisch gesinnt und zu nordischer Form gestimmt, demohngeachtet frei bei aller Heiterkeit und Ruhe des durchsehenden Alters keinen bessern vollkommnern Grund und Zweck, als den ersten orientalischen von Henoch, Abraham und ihres Gleichen, und sollens Gelehrte und Weise eigentlich seyn, keinen weisern als Daniels, seiner chaldäisch gelehrten erhabnen Geistesgenossen und ihres Gleichen in folgenden Zeiten, wovon eben die Kabbala Bereschith ihren Ursprung hat, daher auch in Grund- und Hauptideen damit Zoroasters erhabnes Lichtsystem in Zendavesta einstimmt.

Mag auch die Kabbala zuerst nur durch imaginative und intellectuelle Abstraction aus der Propheten Schriften abstrahirt seyn, so sind, wenn man nur auf das Wesentliche sieht, die ersten zehn Sephiroth in den original objectiven Grundformen des menschlichen Gemüths wieder zu finden, nur von erstem absolutem Grund aus genetisch und mehr natürlich systematisch auszudrücken, dann aber klar mehr allbegreifend, als Kants Formen, Kategorien, Schemata. Der Hebräer kann an einheimischen Geistesschätzen, wenn er sie kennt und pene-[98]trirt und in ewigen Naturformen ausdrückt, der reichste, der erhabenste, der fruchtbringendste von allen zum allgemeinen Besten der Menschheit seyn.

Und zu diesem Zweck den edlen Hebräern zu dienen, würde mir die größte Freude seyn, da ich damit dem größten und besten Grund und Zweck und seinen edelgesinntesten Theilnehmern in aller Menschheit diente. Kants Kritik allesamt und Reinholds Elementarphilosophie der Vorstellungsformen kann bloß den Gelehrten und Selbstdenkern dienen, deren immer wenige sind und seyn können; Beobachter aber von Sachgrund, Mittel und Zweck müssen alle Menschen im Gewissen des rechten Gemeinsinns seyn, hiemit ist Originalgemeinsinnsphilosophie von allgemeinster Nutzbarkeit, Rechtmäßigkeit und Nothwendigkeit, wenn gleich ihre erste wieder aufgehende Grundentwickelung zuerst nur wenigen Einsehenden allgemein brauchbar, doch zum höchsten Grund und Zweck sogleich höchst dienlich ins unendliche fort seyn kann. Allein, da man zur original natürlichen Illustrirung der metaphysischen oder objektiv grundförmigen Kabbala mehr als eine, noch manche Cameram obscuram des Gemüths und ihres ewigen Grundes durchdringen muß, obwohl durch meinen äußersten Salto mortale die größte Finsterniß schon durchdrungen und passirt ist, daß der Morgenstern aufgehen kann, so ist wohl zu erachten, daß die Illustrationsarbeit für Kab-[99]bala nicht gering seyn mag zum Allgrundlicht, das mit allen Originaltheosophen und Sokraten einstimmt.

Genug, daß Gott über alles in allem ist! Der Gott Abrahams, Isaacs und Jacobs, der Fremdlinge auf Erden, die zum Himmel pilgern, durch Tiefen, Höhen, Längen, Engen, Breiten, alle von aller Circumferenz zu Einem Centro und Tempel des ewigen Salems der höchsten Dreikraft und siebenfachen Geistesform des unermeßlichen Ensoph Jehovah-Jahevoh! Dem empfehle Sie mit allen Ihren edeln Freunden, und mich unter die Bilanz des ewigen Orients, verbleibend

Mein Herr, und Freund von Orient,

Jena, den — ult. Oct.

1791.

Ihr ergebenster

Obereit.

Philos. Dr.

Fußnoten:

1: *) Man ist zu sehr geneigt, eine jede Denkungsart, die sich nicht durch Klarheit, Bestimmtheit und Richtigkeit des Ausdrucks zu erkennen giebt, für Schwärmerei auszugeben. Dieses hat auch in den mehresten Fällen seine Richtigkeit. Es kann aber auch Fälle geben, wo die Erhabenheit des Gegenstandes eine solche Fülle der Gedanken verursacht, die allen Ausdruck hinter sich läßt. Hier entsteht eben dieselbe Erscheinung; der von der Größe seines Gegenstandes durchdrungene Geist findet keinen dieser Größe angemessenen Ausdruck, er versucht dieses auf verschiedene Arten, ist aber mit keiner derselben völlig zufrieden. Dieses wird gemeinhin (da man bloß auf die Erscheinung an sich, nicht aber auf ihre Entstehungsart Rücksicht nimmt) auch Schwärmerei genannt. Aber welcher himmelweite Unterschied ist nicht zwischen diesen beiden Arten?
Daß Herrn Obereits Aufsätze zu dieser zweiten Art gehören, muß jeder Wahrheitsfreund eingestehn. Genaue Bekanntschaft mit allen philosophischen Systemen, richtige Beurtheilung derselben, und unpartheiische Bemerkung ihrer Mängel leuchtet überall hervor. Aber noch über diesem eine tiefe, über allen Ausdruck erhabene Einsicht in die Möglichkeit ihrer Vereinigung, der herzlichste Wunsch, diesen Vereinigungspunkt (sowohl zur Erweiterung unsrer Erkenntniß, als zu unsrer moralischen und physischen Vervollkommnung) ausfindig zu machen, und eine edle Einfalt im Vortrage, die ihres gleichen kaum hat.
Dergleichen Aufsätze verdienen daher als psychologische Erscheinungen allerdings einen Platz in diesem Magazin. Sie sind aber psychologische Erscheinungen von einer höheren Art, und unterscheiden sich von den andern Erscheinungen von Schwärmerei u.s.w. dadurch, daß anstatt daß diese uns die demüthigende Vorstellung von der Ebbe der menschlichen Natur, jene hingegen die zu unsrer beständigen Fahrt zur Vervollkommnung günstige Fluth zu Gesicht bringen. —

2: *) Daseyn ist hier im Fundament des Gemeinsinns weder bloß logisch, noch eine Kategorie der Modalität, kein Prädikament, wie Kant selbst lehrt in seinem Einzig möglichen Beweißgrund des Daseyns Gottes, dem Daseyn kommt Quantität, Qualität, Relation, Modalität zu, so ists vor allen ein Darstellen eines Subjekts mit allen Prädikaten.

3: *) Siehe den zuerst rohen, formlosen Ersten Salto mortale: Die verzweifelte Metaphysik, 1787. Berlin, bei Decker. c Und Ejusd. NB. Aufklärungsversuch der Optik des ewigen Naturlichts zur tiefsten Grundkritik, Berlin bei Decker und Sohn, 1788. d 164. J. u. J. B.

4: *) Zum positiven Fundament des Gemeinsinns siehe des ersten Realisten Fr. Heinr. Jakobi: D. H. oder Idealismus und Realismus, Breslau 1787. e