ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


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7.

Grundlinien zu einer Gedankenperspektive.

Moritz, Karl Philipp

Wir sehen gerade durch, und die Gegenstände reihen und ordnen sich von selber.

Wir sehen das Entferntere nicht unmittelbar, sondern durch das Nähere.

Das Entferntere scheint uns nur klein, in Vergleichung mit dem Nähern — oder, in so fern wir es uns, wie auf der Fläche eines Gemäldes, eben so nahe wie das Nähere denken; oder es mit dem Nähern gleichsam in eine Reihe stellen.

Daher kommt es, daß die Ferne zusammendrängt.

Die Gegenstände nähern sich in der Entfernung immer mehr der bloßen Idee von den Gegenständen; das Gesicht nähert sich immer mehr der Einbildungskraft, je weiter der Gesichtskreis wird.

Daher sind wir im Stande, uns die Gegend wie ein Gemälde, und das Gemälde wie die Gegend zu denken.

Wir wandeln die Allee hinunter; das Zusammengedrängte erweitert sich, wie wir uns nach und nach ihm nähern; die Wirklichkeit tritt wieder in ihre Rechte.

[82]

Wo das Auge durch nichts gehindert wird, da sehen wir Wölbung und Fläche. —

Das Höchste, was uns erscheinen kann, ist die Wölbung — über diese kann uns nichts erscheinen; denn die Wölbung ist über allem. —

(Die Fortsetzung folgt.)

Moritz.