ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


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13.

Sprache in psychologischer Rücksicht.

Moritz, Karl Philipp

Die Idee des Fallens wird in unserer Sprache durch alle die verwandten Begriffe, die sich daran knüpfen, mit einer bewundernswürdigen Einfachheit durchgeführt.—

Der dem Fallen so nah verwandte Begriff des Fehlens wird auch beinahe mit eben dem Laute bezeichnet, nur daß der Ausdruck weniger schnell, und durch das dehnende h gehemmter ist. —

Was im Gewande zusammen fällt, heißt Falte — Dem Fall ist gleichsam seine Grenze vorgeschrieben — Ein Ganzes faltet sich — es fällt zusammen gleichsam mit dem Vorbehalt, sich wiederum auszudehnen, sobald es will. — Das hemmende t am Ende giebt erst dem Worte sein Gepräge — der negative Begriff des Fallens wird positiv.

So schießt der Falk auf seinen Raub. — Der Begriff des Fallens verbindet sich mit der Idee von Kraft, die ihn beseelet; das k am Ende hemmt den Fall, und setzt ihn in die Macht des aus der Luft herabschießenden Räubers, der davon seinen Nahmen führt.

Man denkt sich das, was liegt, als wie gefallen; die flache Ebne heißt das Feld. — Das d [105]am Ende hemmt nur schwach den Fall. Doch ist diese Hemmung sehr bezeichnend, man nennt nehmlich das ein Feld, was in einer Einfassung, in einer gewissen Begrenzung vor dem Blick sich senkt, und flach scheint, es mag nun auf einer Anhöhe oder in der Ebne liegen.

Was aber emporstehend und dennoch schwer fallend sich niedersenkt, heißt Fels — Das Feld liegt da — der Fels aber steht und steigt empor. — Das s am Ende hebt gleichsam den Fall, und dieser einzige Laut erweckt eine Menge Nebenbegriffe, welche unvermerkt an die bezeichnete Sache erinnern.