ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


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2.

Psychologische Bemerkungen über Träume und Nachtwandler.

Pockels, Carl Friedrich

Daß die menschliche Seele während des Schlafs, bei verschlossenen Sinnen, ganz in sich selbst gekehrt, unabhängig (wenigstens meistentheils) von äußern Sensationen oft mit einer Lebhaftigkeit und Deutlichkeit ihrer Vorstellungen und einer Schnelligkeit der Empfindungen, die ihr kaum im Wachen eigen war, fortdenkt, oft viel mehr neue Ideen in diesem sonderbaren Zustande mit der grösten Leichtigkeit ohne merkliche Anstrengung als im Wachen erfindet, ist ein zu bemerkenswerthes Phänomen, als daß es nicht immer wieder die Aufmerksamkeit des Psychologen von neuem beschäftigen sollte. Alle jene lächerliche Einbildungen von einer geheimen Bedeutsamkeit der Träume, und einer durch dieselbe geschehenen (wie man es gar nennt göttlichen) Inspiration abgerechnet, wovon sich nicht leicht ein vernünftiger Seelennaturforscher überzeugen darf und soll, bietet der Traum als bloßes Naturphänomen betrachtet ein ganz eigenes noch lange nicht genug bearbeitetes Feld psychologischen Forschens dar, und verdient durchaus nicht so obenhin, wie in den meisten Seelenlehren abgehandelt zu werden. Ich will einen Theil meiner Gedancken über das Merkwürdigste, was jenes [77] Phänomen auszeichnet, hier nur gleichsam abgebrochen den Lesern dieses Magazins mittheilen, indem ich mir vorbehalte, über die Natur des Traums, sonderlich da, wo die Seele bisweilen ihrer natürlichen Denkordnung und Denkform zuwider zu handeln scheint, im folgenden etwas Ausführlicheres zu liefern.

Die so oft aufgeworfene Frag: ob die menschliche Seele durch eine gewisse Veranlassung, oder ohne Veranlassung zu träumen anfange; ob erst ein äußerer materieller Eindruck, oder doch wenigstens ein gewisser erster aus ihr selbst hervorleuchtender Begrif dazu gehöre, um sie während des Schlafs in Bewegung zu setzen; oder ob das Träumen nur eine Continuation des Denkens während des Wachens sey, davon wir beim Einschlafen das deutliche Bewußtseyn verlöhren, bis es im Traum wieder auf einmal wie eine halb verlöschte Flamme hervorbräche? — will ich hier nicht weitläuftig untersuchen; ich denke man kann alle Fälle annehmen, oder auch nicht annehmen, ohne daß die psychologische Darstellung des Traums dadurch etwas gewinnt, oder verliehrt. Da wir aus eigener Erfahrung wissen, daß wir bisweilen mitten im Wachen zu denken aufhören, es mögen Gegenstände des Nachdenkens vorhanden oder nicht vorhanden seyn, und daß sehr oft die Seele neue Ideen gleichsam aus dem Nichts nach jenen Intervallen wieder [78]hervorruft, oder durchs Gedächtniß herbei führt, indem sie nehmlich ihre Denkkraft wieder in Bewegung sezt, oder besser, indem diese Kraft als Seele selbst betrachtet, sich wieder zu äußern anfängt; so kann auch dies gerade der Fall im Traume seyn, ohne daß man nöthig hat, immer eine äußere dunckel empfundene Sensation zu seinem Entstehen vorauszusetzen, oder eine ununterbrochene Reihe von würklichen Vorstellungen anzunehmen, die gleichsam Wachen und Träumen mit einander verbinden müßten. Ich sehe auch überhaupt nicht ein, warum man auf eine solche Succession unsrer Vorstellungen zur Erklärung des Traums dringen wollte, da ihr Daseyn, wenn wir auch die innere Möglichkeit einer geistigen Substanz gern ins Denken sezen würden, noch nicht erwiesen ist, und die Erfahrung mehr als die bloß hypothetische Voraussetzung des Cartesius entscheiden muß.

a) Unter allen, was mir bey Beobachtung des Traumes am merkwürdigsten geschienen hat, und wozu in diesem Magazin schon mehrmals besondere Winke gegeben worden sind, ist mir vornehmlich dies aufgefallen, — daß die Seele, ob ihr gleich auch im Traume ihre Denkkraft beiwohnt, und sich nach den Gesetzen derselben so gut wie im Wachen richten muß, bey Bildern und Vorstellungen während des Traums gleichgültig bleibt, die sie während des Wa- [79] chens mit größtem Erstaunen empfinden würde. Ich muß mich hierüber etwas deutlicher erklären.

Auch während des Wachens durchkreuzen unsere Seele sonderbare Begriffe, Hirngespenste, contrastirende Empfindungen, heterogene, an sich unmögliche Prämissen und Conclusionen in großer Menge, und wir bleiben auch gleichgültig dabei, weil wir sie nehmlich nicht für Realitäten, nicht für Begriffe würklicher Objecte, sondern für bloße Spielwerke der Einbildungskraft halten, und mithin bey gesundem Verstande sehr gut wissen, in welche Classe von Vorstellungen wir ein solches Schattenspiel hinzustellen haben. Ganz anders verhält sichs im Traume. Hier denken wir uns gemeiniglich alle jene ganz ungewöhnlichen neuen Bilder als Realitäten, als Objecte würklicher Erfahrung, weil wir doch, indem wir träumen, würklich zu wachen glauben, und zweifeln nicht daran, daß sie als würkliche Dinge so und nicht anders beschaffen seyn können, ob wir gleich sobald wir erwachen eine ganz andre Meinung und Ueberzeugung davon haben. Das unmöglichst widersinnigste Phänomen kommt uns natürlich vor, paßt sich genau in die Welt, die wir uns beim Traume vorstellen; die Unmöglichkeit erscheint uns in der Reihe des Möglichen; Dinge, die durchaus nicht weder ihrer innern Natur nach, noch in Rüksicht ihrer äußeren [80]Verhältnisse zusammengehören können, scheinen uns eine absolute Verbindung zu haben, die Grundbegriffe von Raum und Zeit bestimmen nicht immer im Traum die Consequenz der Begebenheiten und Begriffe, und die Verhältnisse zwischen Subject und Prädicat verschwinden oft so sehr vor unsern Augen, daß wir uns nicht sollten in eine ganz neue Welt versezt zu sehen glauben, ohne daß es uns nur einmal einfallen sollte, daß dies nicht alles würkliche Realitäten wären, — und doch richten wir uns bei allen diesen Sonderbarkeiten unsere Vorstellungen, die oft eben so sonderbare Sensation erregen, immer noch nach gewissen wesentlichen Denkgesetzen, und glauben würklich nicht zu träumen. Ist dieß bisweilen der Fall, daß wir im Traum wissen, daß wir träumen; so geschieht es doch eigentlich nicht, weil wir durch die Ungereimtheit unsrer Hirngespenste darauf gebracht würden; sondern weil wir uns wahrscheinlich aus dem Wachen erinnern, daß wir eine Idee vom Traum überhaupt haben.

Wie soll man sich aber nun obiges Phänomen erklären, daß die Seele gleichsam ihrer Natur zuwider widersprechende Dinge, Subjecte sowohl als Facta, die nicht existiren können, für Realitäten hält, und bei der Schöpfung solcher widersinniger Dinge, die sie aus sich selbst hervorbringt, eben so wenig als über die natürlichsten Gegenstän-[81]de in Erstaunen geräth. Die Gewalt und der Eigensinn der Einbildungskraft, die man gemeiniglich gleich zu Hülfe ruft, so bald man etwas Ungewöhnliches in unserer Vorstellungskraft erklären soll, erklärt die Sache wohl nicht, wenigstens nicht ganz, ob sie gleich immer die Materialien zu jenen nicht würklich vorhandenen Objecten und Begebenheiten im Traum sammeln muß.

Da obiges Phänomen einmahl aus der Erfahrung des Traums erwiesen ist; so kann man wohl, da uns ohnehin mehrere Ausschweifungen dieser Art im Wachen selbst darinn bestärken, annehmen, daß die Seele während des Traums nicht in jedem Moment die Kraft behält, über die Causalverbindung der Begriffe nachzudenken, und ein jedes Prädicat in seine rechte Stelle zu setzen, ferner daß sie aus einer offenbaren im Traume erfolgten Schwäche oder Unthätigkeit der Erinnerungskraft Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges mit einander vermischt, und unrichtige ja wohl gar unmögliche Folgen von Begebenheiten als würklich denkt, und vor sich vorüber gehen sieht. Ueberdem ist ihr im Traum bei der urplözlichen Schnelligkeit ihrer Bilder wohl oft nur darum zu thun, um ein neues Object zu haben, das sich in die eilige Folge ihrer Sensationen paßt — etwas, das sie sich als existirend denkt, und dessen Vorstellung sie mit dem würklichen Dinge alsdenn verwechselt, weil [82] sie sich nicht besinnen kann, daß es nur ein Bild, nur eine Vorstellung ist. Daß sie aber über ihre eigenen Geburten der Einbildungskraft, über ihre sonderbaren Umtauschungen von Begriffen und Gefühlen so wenig erstaunt, rührt wohl daher, weil sie theils zu schnell über den Creis ihrer Vorstellungen hinwegeilt; theils weil das Erstaunen selbst ein Affect ist, welcher am seltensten im Traume überhaupt entsteht, und nur bei ganz wachendem Sinne seine Kraft äußert; theils auch, und was die Sache am besten erklären würde, weil wir doch wohl immer einen dunklen Begriff vom Traume haben, indem wir träumen, und diesen Begriff, ohne daß wir es merken, allen unsern Phantasien unterschieben. Vielleicht kann auch die Gewohnheit, schon oft dergleichen widersinnige Dinge von der ersten Kindheit an für Realitäten während des Traums gehalten zu haben etwas dazu beitragen, daß jene Dinge uns endlich nicht mehr auffallen, und daß wir daher desto leichter das Bild für ein würkliches freilich nur geträumtes Object im Schlafe halten.

b) Eben so sonderbar und widersinnig sind nun auch die Sprünge unsrer Vorstellungen während des Traums ohne daß wir sie immer als solche wahrnehmen, sondern gemeiniglich nach einer richtigen Folge gedacht zu haben glauben. Auch hier scheint uns das dringende Bedürfniß, nur wie-[83]der gleich etwas Existirendes zu haben, woran sich die Lebhaftigkeit oder Vorstellungskraft üben kann, gegen alles Erstaunen über jene Sprünge zu sichern. Da überhaupt die Einbildungskraft die Oberherrschaft über die Seele während des Traums führt, und eben deswegen die genauere Aufsicht derselben über die Succession unsrer Begriffe wo nicht gänzlich aufhört, doch wenigstens geschwächt wird, ferner eine große Menge dunkler Vorstellungen, die im Wachen nicht zum Vorschein kommen konnten, denn gerade ins Helle gebracht werden; so ist es natürlich, daß alle Augenblicke die richtige Folge der Gedanken und Empfindungen unterbrochen, und vermöge der Association stets neue oft ganz heterogene Vorstellungen untergeschoben werden müssen. Hieraus ist nun dies Phänomen sehr begreiflich, daß die Seele, indem sie von einer Idee vielleicht auf eine ganz entgegengesezte überspringt, immer gern die erstere zum Causalgrunde der zweiten macht, ob sie gleich nicht immer in solcher Verbindung stehen, folglich auch oft Wirkungen von Ursachen und Ursachen von Wirkungen erdichtet, die in der objectiven Reihe der Dinge gar nicht vorhanden seyn können, und also zufrieden ist, wenn beide Ideen nur bey einander stehen, sie mögen zusammengehören oder nicht; — oder es mag noch ein so großer Zwischenraum zwischen ihrer entfernten Verbindung immer liegen. Daß aber die Seele dergleichen Sprünge nicht leicht bemerkt, [84]kein Erstaunen darüber empfindet, ob sie gleich wieder nicht Bilder, sondern Realitäten, würkliche Objecte vor sich zu haben glaubt, liegt offenbar wieder darin, daß sie sich so leicht im Traume übereilt, und im Strome ihrer Phantasien so schnell hingerissen wird, daß sie über den Zusammenhang ihrer Ideen und ihrer Folgen auf einander nicht aufmerksam nachdenken kann. Wie es aber zugeht, daß die Seele von einer Idee im Traume so leicht und gewöhnlich zu der entgegengesezten übergeht, und selten die Begriffe an ihren eigentlichen Faden anreihet, wie sie es im Wachen thut, davon lassen sich alle Gründe ohnmöglich speciell angeben, indem dies Phänomen von einer Menge verschiedener dunkler Vorstellungen von verborgenen Ideenassociationen, Veränderungen in Organen, und in der Blutbewegnis, vornehmlich von unwillkürlichen Nervenerschütterungen abzuhängen pflegt; — man kann aber doch hiebei gewisse methodische Gesetze bemerken, wie die Seele bei solchen Ueberschritten zu entgegengesetzten Begriffen verfährt, und die ohngefähr die nehmlichen seyn müssen, die wir in dergleichen Fällen im Wachen annehmen, die Seele geht nehmlich am leichtesten zur gerade entgegengesetzten Idee über, weil diese ihr näher zu liegen scheint, als die mit ihr verwandten aber nicht gerade contrastirenden Ideen. Unter den contrastirenden hebt sie wieder die am ersten aus, welche mit dem eben herrschenden Affect der Seele in der nähern [85]Verbindung steht; doch so daß sie auch oft hiebei auf Ideen durch den Affect hingeführt wird, die mit dem Affect selbst contrastiren. Sie schreitet gemeiniglich auf dem Wege der Ideenfolge wieder zurück, von dem sie ausgegangen war, oder sie verläßt auch ganz den Hauptweg, und verliehrt sich auf Nebenwegen, wenn diese ihr eine größere Beschäftigung versprechen, oder wenn sie darauf leichter als auf dem Hauptwege fortschreiten konnte, u.s.w.

c) Die auffallende Gleichgültigkeit im Traum gegen die uns sonst liebsten moralischen Principien und Ueberzeugungen ist eine neue merkwürdige Erscheinung bei Träumenden. Mangel an aller Scham, wilde Affecten, Verachtung religiöser Gegenstände, Blasphemien, und andre abscheuliche Gedanken und Empfindungen, die uns im Wachen nicht beunruhigen, bemerken auch die vortreflichsten Menschen an sich, wenn sie träumen. Ich glaube alles rührt daher, weil die Seele vermöge der fast allein herrschenden Einbildungskraft durch die Vorstellungen sinnlicher verführerischer Bilder so sehr hingerissen wird, daß sie sich die Gründe der Moralität nicht mehr deutlich vorstellen kann, wenigstens sie auf ihre Handlungen zu appliciren vergißt. Ferner auch daher: Im Traum werden uns die Gegenstände der Sinnlichkeit gleichsam wie hergezaubert, die wir vielleicht [86]erst im Wachen lange suchen müssen, und während des Wachens denn auch eher als im Traum über unsere moralischen Verhältnisse reflectiren können. Es bleibt uns im Traum oft kein Moment übrig, einer sich schnell dargebothenen unmoralischen Idee auszuweichen. Die Einbildungskraft wird in einem Augenblick davon berauscht, und in dem nehmlichen Augenblick ist auch die That ausgeführt, indem die Vorstellung der Action eigentlich die Action selbst ausmacht. Ueberhaupt läßt sich alles Unmoralische im Traum, wenn es gegen unsere sonstigen guten Grundsätze läuft, aus der Gewalt des Affects erklären, der im Traume wegen der Lebhaftigkeit des dargestellten Bildes selten eine moralische Gränze haben kann. Irreligiöse Begriffe, die man nicht selten im Traum an sich wahrnimt, können sehr viele Quellen haben. Entweder man hat den Tag über dergleichen schon im Wachen gehabt; oder eine Association von contrastirenden Begriffen führt uns im Traum darauf;*) 1 oder der Affect flößt, um desto ungezwungener zu handeln, der zum Nachdenken erschlaften Seele, Bilder ein, die mit unsern sonstigen religiösen Begriffen streiten; oder — man hat auch vielleicht nie im Wachen, oder selten nach religiösen Principien gehandelt, da denn der Traum nur eine Copie des Wachens ist.

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d) Auch die Erscheinung ist sehr merkwürdig im Traum, daß wir oft ängstlich Ideen aufsuchen, die nahe vor uns liegen, ohne daß wir sie finden können, — nehmlich so nahe, daß es uns nicht die mindeste Anstrengung kosten würde, sie im Wachen zu finden, weil sie in einer nothwendigen Verbindung mit einander stehen. Hier fehlt es offenbar der Seele wieder an der schon vorhin erwähnten deutlichen Erinnerungskraft, und an der Gabe die Causal-Verbindung der Begriffe sich immer deutlich vorzustellen, — an einer gehörigen Gegenwart des Geistes, die sich nicht durch eine entstandene Furcht oder Aengstlichkeit verscheuchen läßt; theils auch an den gehörigen Mittelbegriffen überhaupt, an welche sie nicht die erste und dritte Progression ihrer Vorstellungen anzuknüpfen weiß, das heißt, es fehlt ihr alsdann etwas, wodurch ihre Vorstellungen natürlich an einander hängen müssen. Dieser Zustand ist der Seele allerdings in den meisten Fällen unangenehm, weil sie überhaupt nicht gern die Folge ihrer Ideen, von der sie wenigstens noch einen dunkeln Begriff behält, unvollendet liegen läßt, sie müßte denn durch einen angenehmen Nebenweg ihrer Sensationen dagegen schadlos gehalten werden.

e) Ferner bemerken wir im Traume nicht selten eine Lebhaftigkeit der Erinnerungskraft an Sensationen, die das Gefühl, den Geruch und [88] Geschmack betreffen, mit welcher Lebhaftigkeit wir uns dieser Begriffe im Wachen nicht erinnern können. Es scheint also in der That, als ob die weniger edlen Sinne, der Geruch und Geschmack eine stärkere Erinnerung an dergleichen gehabte Empfindungen im Traume veranlassen können, als im Wachen. Wenn man auf sich Acht giebt; so wird man finden, daß man oft im Traume mit einer solchen Deutlichkeit den Geruch einer Blume, einer Speise wahrnimmt, als ob wir ihn unmittelbar empfänden. Wir mögen es aber machen, wie wir wollen; so werden wir im Wachen uns dergleichen Sensationen immer nur wieder schwach erinnern, wenigstens nie so lebhaft als derjenigen, welche sich auf Formen und Töne, oder auf Gesicht und Gehör beziehen, welche leztere Sinne offenbar eine lebhaftere Erinnerungskraft im Wachen gewähren. Eben weil nun aber diese beiden ersten Sinne im Traume nicht unmittelbar beschäftigt worden; so gewinnen die Sensationen des Geschmacks, Geruchs und Gefühls einer desto größern Lebhaftigkeit; so wie überhaupt alles, was wir im Traume lebhafter denken und empfinden als im Wachen, theils daher rührt, daß sich die Seele, ohne von Eindrücken äusserer Sinne gestört zu werden, mehr auf einen einzigen Punct ihrer Vorstellungen gleichsam zusammenziehen kann; theils daher, daß die Einbildungskraft sich von den Banden des langsamern Nachdenkens über sie befreiet [89]hat, einen größern Wirkungskreis bekommt, und nur die Vorstellungen zu ihrer Geschäftigkeit auswählt, welche ihr entweder das meiste Vergnügen machen, oder ihr als Materialien zu ganz neuen Ideenassociationen dienen müssen.

P.

Die Fortsetzung folgt.

Fußnoten:

1: *) Siehe auch 5. Band dieses Magaz. 2. Stück. S. 96.