ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Herausgegeben von: Karl Philipp Moritz, Karl Friedrich Pockels und Salomon Maimon
Digitale Edition herausgegeben von Sheila Dickson und Christof Wingertszahn


Startseite > Bandnavigation > Band: I, Stück: 1 (1783) >  

IX.

Sprache in psychologischer Rücksicht.

Moritz, Karl Philipp

Daß es nützlich sey, die Sprache auch in dieser Rücksicht zu studieren, bedarf wohl keines Beweises, da sie selbst ein Abdruck der menschlichen Seele ist, von welcher sie uns in ihren Fugen und geheimen Verbindungen ein getreues Gemälde darstellt.

Das Studium der Sprache zu diesem Zweck ist seit einigen Jahren eine meiner vorzüglichsten Beschäftigungen gewesen, und ich habe in meinen kleinen Schriften, die deutsche Sprache betreffend, [93]schon Verschiednes davon geäußert, worinn man aber diese Absicht nicht bemerkt zu haben scheinet.

Ich glaube daher, daß dieses der schicklichste Ort sey, wo ich jene Bemerkungen weiter ausführen, und das Urtheil der Wahrheitsfreunde darüber erwarten kann. Für jetzt will ich also zur Probe von den Resultaten meines Nachdenkens über die Sprache einiges herausheben.

Mir scheinen die unpersönlichen Zeitwörter in jeder Sprache vorzüglich zu psychologischen Bemerkungen Stoff zu geben; weil sie die erste Empfindung ausdrücken, nach welcher jemand irgend etwas nicht für eine freie Handlung, die von ihm abhängt, sondern für etwas von dem Willen des Menschen unabhängiges hält.

Nun aber liegt wohl in dem ersten Ausdruck der Empfindung zuweilen mehr Philosophie, als in dem feinsten und kältesten Räsonnement des gebildeten Philosophen. In diesem Betracht muß uns die Sprache heilig, und insbesondre die einzelnen Wörter derselben, in Ansehung ihrer Entstehung, und ihres innern Gehalts, höchst wichtig seyn.

Einige Philosophen scheinen freilich zu viel und nicht das Rechte, andre aber auch wieder zu wenig in der Sprache zu suchen; im Grunde ist sie doch das einzige, woran wir uns halten können, [94]um in das innre Wesen unsrer eignen Begriffe, und eben dadurch in die Kenntniß unsrer Seele tiefer einzudringen.

Doch ich wende mich wieder zu meinem Gegenstande und betrachte die unpersönlichen Zeitwörter erstlich überhaupt, in sofern sie entweder Verändrungen außer uns in der Natur, oder Empfindungen und Verändrungen in uns selber bezeichnen, die nicht von unsrer Willkühr abzuhängen scheinen.

Ihren Nahmen haben sie natürlicher Weise daher erhalten, weil man sich unter denselben eine bloße Verändrung, ohne eine handelnde Person denkt, wodurch diese Verändrung hervorgebracht wird: ja man scheinet nicht einmal dabei auf eine nächste Ursach Rücksicht zu nehmen.

Denn wenn ich z.B. sage, es donnert, so stelle ich mir unter dem es doch eigentlich nichts weiter, als den Donner selber vor, und es donnert heißt daher nichts mehr, als das Donnern geschiehet, oder es ereignet sich eine Verändrung in der Natur, die ich donnern nenne. Da ich mir also das Donnern nicht als eine Handlung denke, so stelle ich mir auch kein handelndes Wesen vor, von dem es ausgeht, sondern es geschiehet, nach meiner Vorstellung, gleichsam vermöge seiner eignen Natur; und in und durch sich selber, weil [95]ich mir keine erste Ursach, oder keinen ersten Anstoß irgend eines freien und handelnden Wesens bei dieser Naturverändrung denke.

Ich höre wohl, daß es donnert, aber wer oder was das Donnern aus eigner Kraft hervorbringt, weiß ich nicht: denn bis auf die erste wirkende Ursach desselben kann ich nicht zurückgehn, und die Gewitterwolken, als die nähere Ursach, kann ich mir unmöglich als handelnde Wesen denken, drum sage ich nie, im eigentlichen Verstande: der Himmel donnert oder die Wolken donnern, sondern, es donnert.

Woher mag es aber kommen, daß es der unpersönlichen Zeitwörter in der Sprache verhältnißmäßig nur so wenige giebt, da wir uns doch bei so vielen tausend Verändrungen und Erscheinungen in uns und um uns her keiner handelnden Person bewußt sind, welche dieselben hervorbringt? Man sollte denken, daß die meisten Zeitwörter eigentlich unpersönliche seyn müßten: allein weil bei uns jede Vorstellung äußerer Gegenstände erst durch die Vorstellung von uns selber oder von unserm Ich gleichsam durchgehn muß; und wir daher als lebende und denkende Wesen der leblosen Natur so gern unser Bild eindrücken; so ist es kein Wunder, wenn wir uns dasjenige, was eigentlich bloße Veränderungen und Erscheinungen sind, als Handlun-[96]gen, und die nächste in die Augen fallende Ursach dieser Verändrungen, als handelnde Wesen denken, und also z.B. sagen: die Bäume tragen Früchte, anstatt die Früchte entstehen auf den Bäumen, oder es fruchtet auf den Bäumen.

Nur im höchsten Nothfalle bedient sich die Sprache der unpersönlichen Zeitwörter, wenn uns nehmlich z.B. selbst die nächste Ursach einer Verändrung oder Erscheinung in der Natur nicht einmal bekannt ist, wie bei den Erscheinungen, die man Geistern zuschreibt, wo man z.B. sagt: es wandelt, es geht um, u.s.w. und auf die Weise durch das unpersönliche es das unbekannte etwas bezeichnet, welches vor uns in Dunkelheit gehüllt ist.

So sagen wir auch, es ist helle, es ist dunkel, es ist kalt, es ist warm, u.s.w. und befestigen unsre Vorstellungen von helle, dunkel, kalt, und warm an dem unpersönlichen es, weil wir sonst nichts haben, woran wir sie befestigen könnten. Als man die Kälte zuerst empfand, war vermuthlich nur ein einzelner Laut, wie z.B. kalt, dasjenige, womit man sie zuerst bezeichnete. Da man aber nachher von der Kälte reden wollte, so machte das Bedürfniß die Wirklichkeit der Kälte anzuzeigen, daß man das Wort ist hinzufügte. Weil man nun die Kälte selbst nicht sah und nicht [97]hörte, sondern nur empfand, so betrachtete man sie als eine Eigenschaft, welche man irgend einem andern Wesen zuschreiben müsse, und da man ein solches nicht fand, so setzte man an die Stelle desselben das unpersönliche es, worunter man sich aber auch im Grunde weiter nichts, als die Kälte selber dachte.

Was nun von den unpersönlichen Zeitwörtern gilt, welche eine Veränderung oder Erscheinung außer uns in der Natur anzeigen, das gilt zum Theil auch von denen, welche Verändrungen und Erscheinungen in uns selber, entweder im Körper oder in der Seele, die nicht von unserm Willen abhängig sind, bezeichnen, und diese verdienen freilich in psychologischer Rücksicht, die meiste Aufmerksamkeit. — Wie fein ist z.B. die Grenzlinie zwischen den Ausdrücken es scheinet mir, es däucht mir, es kömmt mir so vor, u.s.w. und dem Ausdruck ich glaube, wo der Wille unsrer vorher schwankenden Meinung gleichsam noch den Ausschlag giebt, so, daß glauben etwas gewissermaßen von unsrer Willkühr abhängiges, scheinen, däuchten, und vorkommen aber etwas von ihr unabhängiges zu seyn scheint. —

So sagen wir auch nicht ohne Grund es schläfert mich, aber nicht es schläft mich, sondern ich schlafe, und betrachten das Schlafen als etwas,[98]das von uns abhängt, das Schläfern hingegen, als etwas, wovon wir abhängen: denn wenn wir gleich nicht wider Willen schlafen werden, so kann es uns doch wider Willen schläfern. Auch können wir wohl sagen, ich will schlafen, aber niemals, ich will schläfern.

Wenn wir aber nun sagen, es frieret mich, es hungert mich, es dürstet mich, es schläfert mich u.s.w., so denken wir uns unter dem es eigentlich weiter nichts, als das Frieren, Hungern, Dürsten, und Schläfern selber. Allein dieses scheinet nicht bei den unpersönlichen Zeitwörtern einzutreffen, welche von uns unabhängige Verändrungen in unsrer Seele anzeigen: wir sagen z.B. es freuet mich, es wundert mich, es gereuet mich, es schmerzt mich, es verdrießt mich, und wir denken uns unter dem es nicht nur das freuen, wundern, gereuen, u.s.w. selber, sondern dasjenige, was uns freuet, wundert oder gereuet. Daher können wir auch das es bei diesen Wörtern nicht füglich weglassen: wir können wohl sagen, mich hungert, mich dürstet, aber was würde es heißen, wenn ich sagen wollte, mich freuet, mich wundert, ohne noch etwas hinzuzusetzen, was mich freuete oder wunderte.

Wenn ich also sage, es freuet mich, daß mein Freund wieder gesund ist, so ist der ganze [99]Gedanke von der Wiederherstellung meines Freundes in dem es zusammengedrängt. Nun scheinet es zwar, als ob dieser Gedanke meine Empfindung des Freuens hervorbrächte, und das es also nicht ganz unpersönlich wäre; allein er bringt sie nicht eigentlich hervor, und ist nicht sowohl die Ursach als vielmehr nur der Stoff zu derselben. Denn der Gedanke an irgend eine Sache, die mit unsern Wünschen übereinstimmt, und unsre Empfindung der Freude sind eins, sie ist mit ihm zugleich in der Seele da, und der Gedanke selber scheint gleichsam mit ihr zusammen zu schmelzen.

In dem Ausdruck es freuet mich, denke ich mir unter dem es eine Gedankenreihe, welche erst in meine Seele kömmt, unter mich das ganze System der Gedanken, welche schon in meiner Seele sind, und unter freuet nichts als das Verhältniß zwischen beiden, wodurch in dem letztern Zusammenhang und Harmonie auf eine dunkle und plötzliche Art befördert, oder hergestellt wird.

Um aber freuen in ein persönliches Zeitwort zu verwandeln, müßte man die Silbe er hinzusetzen. Erfreuen kann mich wohl eine Person, aber nicht freuen: denn freuen zeigt die Empfindung der Freude selber, erfreuen aber zugleich ihre Hervorbringung an. Dasjenige, was einer Person begegnet, oder was sie thut, kann uns also wohl [100]freuen, das heißt, es kann mit unserer Empfindung der Freude eins werden, weil es in uns aus einer Reihe von Gedanken besteht, die unsrer Freude Nahrung geben, oder der Stoff, nicht aber die Ursach, derselben sind.

Sollte uns die Person an und für sich selber freuen, so müßte sich auch der Gedanke an sie gleichsam in unsre Freude verwandeln können, wie denn dieses der Gedanke an ihre Handlungen wirklich thut; allein wir bemerken hier einen Widerstand. Dieß kömmt vielleicht daher, weil zu der Freude eine Reihe von Vorstellungen gehört, und die Person, an und für sich selber, uns nur eine einzige Vorstellung gewähren kann. Und weil wir überdem auch die handelnde Kraft von der Person nicht absondern können, so kann sich der Gedanke an dieselbe auch niemals in unsre Freude so verweben, daß er ganz in Empfindung überginge, und daß wir uns die Person nicht zugleich auch als die hervorbringende Ursach unsrer Freude denken sollten.

Ob wir aber gleich einen Widerstand finden, wenn wir sagen wollten, du freuest mich, ich freue dich, so finden wir doch keinen Widerstand zu sagen, ich freue mich über dich. Dieses heißt soviel, als, die Person, über welche ich mich freue, bringt eine Reihe von Gedanken in mir hervor, und das Verhältniß dieser Gedanken gegen [101]den Zusammenhang derer, die ich schon habe, ist es, was ich Freude nenne. Nun setze ich aber mich selber, oder mein eignes Ich an die Stelle der Gedanken, welche durch eine andre Person in mir hervorgebracht sind, und sage, ich freue mich u.s.w. Ich freue dich aber kann ich deswegen nicht sagen, weil ich mein Ich wohl an die Stelle meiner eignen Gedanken und Empfindungen, nicht aber eines andern, setzen kann; um einen andern zu freuen, müßte ich mich in die Gedanken und Empfindungen desselben gleichsam verwandeln können.

Eben so ist es mit schämen, welches eigentlich auch ein unpersönliches Zeitwort seyn sollte, weil es eine bloße dunkle Empfindung ohne Rücksicht auf die Entstehung oder Hervorbringung derselben anzeigt, wie es denn bei den Lateinern auch unpersönlich ist. Allein wir setzen ebenfalls unser Ich an die Stelle der Gedanken, deren Verhältniß gegen andre Gedanken, eben dasjenige ist, was wir Scham nennen, und scheinen nun das Schämen, als etwas von uns abhängiges zu betrachten.

Ich schäme mich über mich selber, hieße daher so viel als: ich selber bin die Ursach einer Reihe von Vorstellungen, die in mir entstehn, und deren Verhältniß gegen andre, die schon da sind, dasjenige ist, was ich Scham nenne; an die Stelle dieser Vorstellungen aber setze ich mich selber, [102]gleichsam als ob dieselben gegenwärtig mein ganzes Ich ausmachten. — So wenig wie wir nun einen andern freuen, das heißt, uns in seine Empfindung der Freude verwandeln können, eben so wenig können wir auch jemanden, wie uns selber schämen, oder so unmittelbar, wie die Scham selber auf ihn wirken. Alles, was wir thun können, ist, daß wir ihn beschämen, oder solche Gedanken in seiner Seele hervorbringen, deren Verhältniß mit denen, die schon darinn sind, Scham heißt. Wenn wir mehr thun wollen, so müssen wir uns ganz in ihn hineindenken, daher rührt vermuthlich der bedeutungsvolle Ausdruck, sich in der Seele eines andern schämen.

Daß wir unser Ich an die Stelle unsrer jedesmaligen lebhafteren Gedankenreihe setzen, scheinet auch sehr deutlich in folgenden gewöhnlichen Ausdrücken zu liegen: ich freuete mich schon in meinen Gedanken darauf, ich wunderte mich in meinen Gedanken darüber, u.s.w. — wundern ist aber ebenfalls ein Verhältniß einer Reihe von Vorstellungen, die erst in meine Seele kömmt, zu dem ganzen Zusammenhang derer, die schon darinn sind, wie in folgender Darstellung von dem Ausdruck, es wundert mich, daß ich einen Wagen rasseln höre.

[103]
es wundert mich
Eine Reihe von Vorstellungen, die erst in meine Seele kömmt, daß etwas wirklich geschehen sey oder geschiehet, daß ich z.B. jetzt einen Wagen rasseln höre. Das Verhältnis zwischen dem, was unter es und mich begriffen ist, wodurch in dem letztern durch das erstre die Vorstellung von der Unmöglichkeit des Rasselns eines Wagens, ohngeachtet ihres schwachen Zurückstrebens, gänzlich aufgehoben, und in dem Zusammenhange aller meiner übrigen Vorstellungen eine augenblickliche nicht gewaltsame Verändrung hervorgebracht wird. Der Zusammenhang aller übrigen Vorstellungen, die schon in meiner Seele sind, worinn auch die befindlich ist, das jenes, was geschiehet, nicht geschehen könnte oder würde, und daß es z.B. unmöglich sey, gerade zu dieser Zeit oder an diesem Orte einen Wagen rasseln zu hören.

Wenn ich also sage, es gereuet mich, so denke ich mir unter dem es eine Reihe von Vorstellungen, welche durch die Erinnerung an eine Handlung in mir erzeugt werden, die für mich von schädlichen Folgen ist, und die ich nach meiner Meinung füglich hätte unterlassen können, weil ich mir aller dunkeln Bewegungsgründe zu derselben nicht mehr bewußt bin: unter mich denke ich mir den Zusammenhang aller der Vorstellungen, die schon in meiner Seele sind, und unter gereuet, das Verhältniß zwischen dem es und mich, wovon das letztre ein unwillkührliches Bestreben hat, das erstre aufzuheben, wenn es möglich wäre.— Gereuen ist aber ganz außerordentlich auf mich selber einge-[104]schränkt, denn nicht einmal die Handlung eines andern kann mich gereuen, da sie mich doch freuen und wundern kann: wir müßten uns nothwendig in eines andern Ich verwandeln können, wenn uns eine seiner Handlungen gereuen sollte.

Daß wir aber bei den unpersönlichen Zeitwörtern den Zusammenhang aller unsrer Vorstellungen unter mich begreifen, ist sehr natürlich, weil dieser Zusammenhang eben unser persönliches Bewußtseyn, oder dasjenige, was wir unser Ich nennen, ausmacht. — Bei den körperlichen Empfindungen aber scheinet dieses mich eine dunkle Vorstellung von dem ganzen Zusammenhange unsres Körpers zu enthalten, welcher auf mannichfaltige Weise zerstört, getrennt, und wieder hergestellt werden kann; und so wie Verwundrung, Freude, u.s.w. bloß verschiedne Verhältnisse der Gedanken gegeneinander sind, so ist auch zu vermuthen, daß alle körperliche Empfindungen, als Hitze, Frost, Hunger, Durst, u.s.w. ebenfalls nichts, als die verschiednen Verhältnisse der körperlichen Theile gegeneinander sind, welche sich auf mannichfaltige Weise einander aufzuheben, zu zerstören, und wiederherzustellen suchen.

Da nun hungern, dursten, frieren, u.s.w. nicht sowohl Resultate von Gedanken, als vielmehr von gewissen Verändrungen in meinem Kör-[105]per sind, deren nächste Ursach, oder das Verhältniß, wodurch sie bewürkt werden, ausser der Sphäre meines Bewußtseyns liegt, so kann ich mir, wenn ich z.B. sage, es hungert mich, unter dem es nichts weiter, als die Empfindung des Hungerns selber denken, und kann es folglich auch ganz weglassen, und sagen, mich hungert, ohne daß mein Gedanke von seiner Vollständigkeit etwas verliert. Freilich würde die nächste Ursach der körperlichen Empfindungen, die wir uns allenfalls unter dem es denken könnten, sich auch mit ihnen in eins verweben, und wir würden dadurch nur eine genauere Kenntniß von der wahren Beschaffenheit dieser körperlichen Empfindungen erhalten, ohne auf eine würkende Ursach zu stossen, welche sie hervorbringt.

Aus allen diesem erhellet, daß die unpersönlichen Zeitwörter das bezeichnen, was sowohl in unsrem Körper, als in den innersten Tiefen unsrer Seele vorgehet, und wovon wir uns nur dunkle Begriffe machen können; und daß wir durch das unpersönliche es dasjenige anzudeuten suchen, was außer der Sphäre unsrer Begriffe liegt, und wofür die Sprache keinen Nahmen hat. Eine Vergleichung der unpersönlichen Zeitwörter mehrerer Sprachen würde daher gewiß in dieser Rücksicht eine nützliche Beschäftigung seyn.

[106]

Um aber noch einmal die feine Grenzlinie zu bemerken, welche durch die unpersönlichen Zeitwörter zwischen den willkührlichen und unwillkührlichen Verändrungen in der Seele gezogen wird, wollen wir die Ausdrücke ich denke, und es dünkt mich neben einander stellen. Dünken ist etwas, das sich in uns selber und aus dem vorhergehenden Zustande unsrer Seele entwickelt. Es bezeichnet eine dunkle Erinnerung, oder ein dunkles unwillkührliches Urtheil, dessen wir uns selber noch nicht recht bewußt sind, indem wir z.B. sagen, mich dünkt, Sie haben recht, oder mich dünkt, ich habe Sie irgendwo gesehen. Wir fällen hier nicht eigentlich das Urtheil, sondern es ist beinahe, als ob es sich selber fällte, und wir uns leidend dabei verhielten. Wenn ich sage, ich denke, so ist es, als ob mein Gedanke von mir selber oder von meiner Willenskraft bestimmt wird, sage ich aber, mich dünkt, so ist es, als ob ich von meinem Gedanken bestimmt werde.

M.

Tabelle von den deutschen Präpositionen. Zu Pag. 106.
  sich nähernd. berührend. verlaßend.
Dem Kopfe (den Kopf) einer Person, oder der (die) Spitze eines Dinges. über
Als dem Orte.
Ueber seinem Kopfe hing ein Schwerdt.
Als dem Ziele.
Ueber mich stürze der Himmel ein!
auf.
Als den Ort.
Auf seiner Scheitel ruhte die Last einer Krone.
Als das Ziel.
Auf sein Haupt fiel der Schlag.
Nach der Berührung.
über – weg.
Ueber dem Berge zog sich die Wolke weg.
Nach der Annäherung.
von.
Von seinem Haupte wurde der Lorbeerkranz gerissen.
Der (die) Seite einer Person oder eines Dinges. bei.
Als dem Orte.
Bei mir stand mein Freund.
neben.
Als dem Ziele.
neben mich stellte sich mein Bruder.
an.
Als den Ort.
An seiner Hüfte glänzte sein Schwerdt.
Als das Ziel.
Der Pfeil flog an den Schild.
Nach der Berührung
von ab
von seinem Schilde prallte der Pfeil ab.
Nach der Annäherung.
von.
Sein Freund ging von ihm.
Dem Fuße (den Fuß) einer Person, oder dem niedrigsten Theile (Theil) eines Dinges. unter.
Als dem Orte.
Unter dem Himmel schwebt das Gevögel.
Als dem Ziele.
Unter den schattigten Baum lagern sich die Thiere.
unter.
Als den Ort.
Unter meinen Füßen wankte der Boden.
Als das Ziel.
Unter meine Füße trat ich den Wurm.
Nach der Berührung.
von ab.
Von den Füßen schüttle ich den Staub ab.
Nach der Annäherung.
unter weg
Unter der Falle lief die Maus weg.
Dem Gesichte (das Gesicht) einer Person, oder dem Theile (den Theil) eines Dinges, welcher unserm Gesichteam meisten zugekehrt seyn soll. vor.
Als dem Orte.
Vor dem Richter stand die Tafel.
Als dem Ziele.
Vor die Tafel trat der Missethäter.
vor.
Als den Ort.
Vor dem Gesichte trug er eine Maske.
Als das Ziel.
Vor das Gesicht hing sie einen Schleier
Nach der Berührung.
vor weg
Vor dem Gesichte nahm sie den Schleier weg.
Nach der Annäherung.
Vor dem Tische trat er weg
Dem (den) Rücken einer Person, oder dem Theile (den Theil) eines Dinges, welcher von unserm Gesichte am meisten entfernt seyn soll. hinter.
Als dem Orte.
Hinter mir stand der Mörder.
Als dem Ziele.
Hinter die Wand hatte er sich versteckt.
hinter.
Als den Ort.
Hinter dem Buche stand der Titel.
Als das Ziel
Hinter den Nachen schlugen die Wellen.
Nach der Berührung.
hinter weg
Hinter dem Wagen war der Koffer weg.
Nach der Annäherung.
Hinter mir ging mein Begleiter weg.
Den (die) Seiten zweier Personen oder Dinge zugleich. zwischen.
Als dem Orte.
Zwischen beiden stand das Opfer.
Als dem Ziele.
Zwischen sie trat sein Retter.
zwischen.
Als den Ort.
Zwischen den Klauen trug der Adler die Beute.
Als das Ziel.
Zwischen die Zähne nahm der Krieger sein Schwerdt.
Nach der Berührung.
zwischen weg.
Zwischen den Klauen fiel dem Adler die Beute weg.
Nach der Annäherung.
zwischen hervor.
Zwischen seinen Feinden trat er hervor.
Allen (alle) Horizontalseiten einer Person oder eines Dinges. um.
Nur als dem Ziele.
um den Saturnus ist ein Ring.
um.
Nur als das Ziel.
um seine Stirne windet sich ein Kranz.
Nach der Berührung.
um weg.
Um die Stirne ist der Kranz weg.
Nach der Annäherung.
Um den Saturnus ist der Ring weg
Allen (alle) möglichen Seiten einer Person oder eines Dinges. um.
Nur als dem Ziele.
um die ganze Erde wölbt sich der Himmel.
um.
Nur als das Ziel.
um das ganze Brodt zieht sich die Rinde.
Nach der Berührung.
um weg.
Um das ganze Brodt fiel die Rinde weg.
Nach der Annäherung.
um weg.
Um ihn zog sich das Dunkel weg.
Allen (alle) Seiten eines Dinges, das sich wiederum von allen Seiten dem nähernden nähert, den berührenden berührt, und den verlaßenden verläßt, oder:
allen (alle) Seiten der Umgebung.
in
Als dem Orte.
In dem Tempel steht der Altar.
Als dem Ziele.
In den Tempel brachte er sein Opfer.
in.
Als den Ort.
In
dem Meere schwimmt der Fisch.
Als das Ziel.
In das Meer taucht sich der Schwimmer.
aus.
Nach der Berührung.
Aus dem Meere stieg Aphrodite.
Nach der Annäherung.
Aus dem Tempel trat der König.
allmälig der (die) Umgebung eines Dinges und dieselbe zugleich verlassend. durch.
Nur als dem Ziele.
Ich gehe durch die Thüre.
durch.
Nur als das Ziel.
Ich steche durch das Papier.
Anm. Die Verlaßung liegt bei durch schon mit in der Annäherung und Berührung.
Einem Dinge überhaupt, ohne zu bestimmen, ob die Annäherung auf Spitze, Seite, Fuß oder Umgebung desselben gerichtet ist. gegen.
Nur als dem Ziele.
Ich seegle gegen den Wind.
Ich marschiere gegen den Feind.
nach.
Nur als dem Zweck.
Ich gehe nach Hause.
Ich reise nach Spanien.
zu.
Nur als dem Zweck.
Ich komme zu dir.
Ich gehe zu Bette.
Anm. Um die Berührung im Allgemeinen anzuzeigen, giebt es keine eigne Präposition. Anm. Um die Verlaßung im allgemeinen anzuzeigen, giebt es ebenfalls keine eigne Präposition: denn weg kann nicht für sich allein vor einem Worte stehen.